Ruhpolding. . Dank einer überragenden Leistung von Evi Sachenbacher-Stehle haben die deutschen Biathletinnen in Ruhpolding beim Heim-Weltcup noch den zweiten Platz. Die Skijägerin startete eine überragende Aufholjagd von Rang 18.
Das Geschrei, das Evi Sachenbacher-Stehle aus den Wäldern oberhalb von Ruhpolding an die Ohren drang, stiftete reichlich Verwirrung bei der Adressatin. Auf Rang 18 hatte die frühere Langläuferin als zweite Starterin der deutschen Staffel von ihrer diesmal indisponierten Kollegin Franziska Preuß übernommen, sauste dann zwischen ihren gelungenen Schießeinlagen (ein Nachlader) an einer Konkurrentin nach der anderen vorbei – und verlor beim Daueraufenthalt auf der Überholspur den Überblick.
„Die Trainer haben mir ständig Zahlen zugerufen. Danach bin ich mit dem Gefühl gelaufen, Fünfte oder Sechste zu sein. Und plötzlich war ich Erste und dachte: Das kann doch ned sein“, erzählte die schnelle Oberbayerin, die erst den zweiten Winter als Skijägerin erlebt, mit dem DSV-Quartett gestern hinter Russland und vor Norwegen Zweite wurde – und kurz vor den Sotschi-Spielen gerade beachtliche Leistungssprünge hinlegt.
Biathletinnen Dahlmeier und Hildebrand treffsicher
Noch bemerkenswerter machte die Premiere der 33-Jährigen vor ihrem Heimpublikum der Ballast von 52,5 Sekunden Rückstand, den Preuß (19) ihr nach einer Strafrunde im Liegendanschlag mit auf den Weg gab. Ein Zeitpaket, dessen sich die einstige Spezialistin aber fix entledigte. „Wenn es bei der Hürdensprinterin nicht klappt, muss es eben die Langläuferin richten“, meinte Bundestrainer Uwe Müssiggang mit Verweis auf die sportliche Vergangenheit der beiden Skijägerinnen – und Sachenbacher-Stehle fasste kurz zusammen: „A cool‘s Rennen.“
Der zierlichen Frau aus Reit im Winkl reichte eine Extrapatrone, Laura Dahlmeier und Franziska Hildebrand setzen danach sogar alle zehn Schuss direkt ins Ziel. Dahlmeier und Hildebrand haben das gute Gemeinschaftsgefühl als Mitglieder der ebenfalls erfreulichen Staffeln von Hochfilzen (Platz zwei) und Le Grand-Bornand (Rang eins) längst inhaliert – Sachenbacher-Stehle dagegen gewöhnt sich gerade erst daran. Auch deshalb galt der spezielle Dank der deutschen Biathletinnen der Frau mit dem rosa Stirnband, die vor allem wegen ihrer vielversprechenden Auftritte in Oberhof ins DSV-Quartett gerutscht war.
Disput der Nationaltrainer
Sachenbacher-Stehle nahm dabei den Platz von Hildebrand ein – die für die kurzfristig ausgefallene Andrea Henkel (Magenverstimmung) aber kurzfristig wieder zurück ins Staffelteam katapultiert wurde. Dort lief und schoss die 26-jährige Hallenserin so zuverlässig wie gewohnt und musste sich allein der russischen Schlussläuferin Olga Viluchina geschlagen geben.
„Die Leute haben so laut geschrien, das hat mir riesigen Antrieb gegeben“, erzählte Hildebrand vom Genuss des Heimvorteils – den auch Wolfgang Pichler nutzte. Der deutsche Trainer der russischen Biathletinnen stammt aus Ruhpolding – und lief, als er auf dem letzten Anstieg vor dem Ziel seine Elevin Irina Starych anfeuern wollte, DSV-Frau Dahlmeier über den Weg. Die 20-Jährige musste ihren Überholversuch abbrechen – und zur Strafe gab es für Pichler an Ort und Stelle mächtig Stress mit dem deutschen Frauencoach Ricco Groß. Von diesem Geschrei bekam Evi Sachenbacher-Stehle dann allerdings nichts mehr mit.