Marseille. Der britische Radprofi Cavendish hat die fünfte Etappe der Tour de France gewonnen. Für das gebeutelte Quick-Step-Team um Tony Martin war es der ersehnte Befreiungsschlag, während Deutschlands Topsprinter Greipel nur auf Platz vier landete. “Auch wir werden unseren Sieg noch bekommen“, sagte er.

Andre Greipel zog bereits geschlagen von dannen, da fiel Triumphator Mark Cavendish im Zielraum von Marseille seinem erleichterten Edelhelfer Tony Martin in die Arme: "Das haben wir nach den letzten Tage gebraucht, ich freue mich unendlich", sagte der bisher bei der 100. Tour de France so vom Pech verfolgte Martin mit strahlendem Lächeln. Der deutsche Topsprinter Greipel konnte nach dem fulminanten Etappensieg des britischen Rivalen und seinem vierten Platz indes nur trotzig verkünden: "Auch wir werden unseren Sieg noch bekommen."

Marcel Kittel nach Sturz einer der Pechvögel des Tages

Ex-Weltmeister Cavendish hatte sich nach 228,5 Kilometern vor Edvald Boasson Hagen (Norwegen) sowie Peter Sagan (Slowakei) durchgesetzt und dem gebeutelten Quick-Step-Team das ersehnte Erfolgserlebnis gesichert - 24 Stunden nachdem die belgische Equipe mit dem am ersten Renntag schwer gestürzten Martin den Sieg im Mannschaftszeitfahren um nicht einmal eine Sekunde verpasst hatte.

Die Rolle des Pechvogels erwischte am Mittwoch Marcel Kittel. Der Sieger der ersten Etappe stürzte schuldlos 15 Kilometer vor dem Ziel und büßte dadurch alle Chancen ein. "Nach dem Sturz hat die Kette geklemmt, dann war es vorbei. Es hat mich richtig angekotzt", sagte der Argos-Sprinter aus Arnstadt enttäuscht, fokussierte sich aber sofort auf die Ankunft am Donnerstag in Montpellier: "Die Beine waren gut, und das stimmt mich für morgen optimistisch - dann wird alles gut."

Nach Kittels Sturz konnte auch dessen Kollege John Degenkolb nicht in die Bresche springen: "Als Marcel gestürzt ist, wollten wir uns gerade abstimmen. Das ist natürlich bitter. Ich war vorne dabei, wurde aber hin und her geboxt", sagte der Geraer, der Zwölfter wurde. Das Gelbe Trikot verteidigte der Australier Simon Gerrans erfolgreich.

Etappensieger Cavendish sieht sich noch nicht bei 100 Prozent

Auf der Jagd nach einer Ausreißergruppe, die fast 13 Minuten Vorsprung heraus fuhr, hatte es das Feld lange fast zu ruhig angehen lassen, ehe vor allem Greipels Lotto-Team und die Quick-Step-Mannschaft zur Aufholjagd bliesen. "Wir wussten nicht, wo Cavendish heute steht. Deshalb haben wir zunächst den Druck an andere abgegeben", sagte Martin angesichts des Zustands des Briten, der unter den Folgen einer Bronchitis leidet.

Nachdem vor allem Zeitfahr-Weltmeister Martin am letzten Anstieg massiv Tempo gemacht hatte, waren die Ausreißer kurz vor dem Ziel gestellt - und "Cav" im Finale voll da. Auf der Schlussgeraden hatte er wie Sagan das Hinterrad von Greipel gesucht und den Deutschen deutlich überspurtet. Für das Kraftpaket von der Isle of Man war es der 24. Etappensieg bei der Tour, bei jeder der sechs letzten Frankreich-Rundfahrten hat der 28-Jährige mindestens einen Tagessieg geholt.

"Ich habe mich am Morgen wirklich noch nicht gut gefühlt", sagte Cavendish: "Bei 100 Prozent bin ich noch nicht." Die Konkurrenz darf dies getrost als Drohung verstehen.

Vor dem Etappenstart hatte derweil Martin noch mit Unverständnis auf die am Vortag gegen ihn verhängte Geldstrafe wegen eines nicht regelkonform lackierten Rades reagiert. "Ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen. Ich bin ja nicht nur Weltmeister im Einzelzeitfahren, sondern auch im Mannschaftszeitfahren", meinte der 28-Jährige, der umgerechnet gut 1600 Euro zahlen muss, weil sein Rad in den Regenbogenfarben des Weltmeisters lackiert war. Dieses Symbol darf er nach den Regeln aber nur im Einzelzeitfahren verwenden.

Die 6. Etappe führt am Donnerstag nach Montpellier

Sturzpech hatte am Mittwoch neben Kittel auch Routinier Andreas Klöden. Der frühere Tour-Zweite vom Team Radio Shack kam nach rund 150 km zu Fall und musste sich mehrmals vom Rennarzt versorgen lassen, kämpfte sich aber ins Ziel.

Die 6. Etappe führt am Donnerstag über 176,5 km von Aix-en-Provence nach Montpellier und bietet dabei keine größeren Schwierigkeiten. Cavendish, Greipel, Kittel - es könnte der nächste Showdown werden. (sid)