Essen. Hans-Michael Holczer wehrt sich. Dass sich in der öffentlichen Wahrnehmung nicht Doping-Sünder Stefan Schumacher, sondern er als ehemaliger Teamchef verteidigen muss, passt dem 59-Jährigen nicht. Ihm Falschaussage zu unterstellen sei “völlig absurd“, teilte er mit.

Hans-Michael Holczer hat sich gegen die Anschuldigungen gewehrt, im Betrugsprozess gegen den Radprofi Stefan Schumacher vor dem Landgericht Stuttgart gelogen zu haben. Es sei "völlig absurd", dass er sich von "skrupellosen Dopingtätern" wie Schumacher und anderen mit Doping in Verbindung stehenden Personen "weitestgehend unhinterfragt" verleugnen lassen müsse, teilte der ehemalige Gerolsteiner-Teamchef auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag mit.

Schumachers Verteidiger Michael Lehner hatte am fünften Verhandlungstag davon gesprochen, Holczer sei "der Falschaussage" überführt und seine Glaubwürdigkeit "zu 100 Prozent" erschüttert. Lehner bezog sich mit dem Kommentar unter anderem auf einen Bericht des WDR vom Montagabend, laut dem Holczer zugegeben haben soll, doch schon vor dem 17. Juli 2008 vom Dopingmittel CERA gehört zu haben - entgegen seiner Aussage als Zeuge vor Gericht.

"Glaubwürdigkeit zu 100 Prozent erschüttert"

Holczers Reaktion: "Ich habe nie behauptet oder eingeräumt, schon vor dem 17.7.2008 von CERA bewusst - und das ist schließlich die Voraussetzung für eine subjektive Wahrnehmung - gehört zu haben", betonte der 59-Jährige in seiner Mitteilung.

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Wie zuvor dem WDR bestätigte er der dpa, dass er in seinem Postfach eine Mail mit dem Begriff "CERA" gefunden habe. Diese habe er "wie unzählige andere E-Mails auch" am 12. Juli 2008 erhalten, sie sei ihm aber bis zur WDR-Anfrage und der eigenen Recherche in seinem Postfach "nicht mehr erinnerlich" gewesen. Er habe den Begriff CERA damals auch nicht wahrgenommen. "CERA als ein Medikament" habe er erstmals durch einen Anruf an jenem 17. Juli wahrgenommen.

Holczer kann sich nach eigenen Angaben nicht mehr daran erinnern, was er mit der ersten Mail fünf Tage zuvor gemacht hat. "Wenn ich die betreffende E-Mail möglicherweise anderen Personen im Team gezeigt hatte, dann aufgrund der grundsätzlichen Thematik dem Teamarzt", schrieb er am Donnerstag. Ob dies aber der Fall gewesen sei, wisse er nicht mehr. "Ich bin mir allerdings sicher, mit Fahrern nicht darüber gesprochen zu haben."

"Ich habe in meinem Team keine Strukturen geschaffen"

In dem Betrugsprozess muss die Frage geklärt werden, ob Schumacher Holczer um Gehalt von mehr als 150 000 Euro betrogen hat. Er habe bei der Tour der France 2008 trotz Nachfrage Doping geleugnet, war aber später positiv getestet und gesperrt worden. Schumacher, der Doping nach jahrelangem Leugnen vor Prozessbeginn in Interviews gestanden hatte, vertritt mit seiner Verteidigung den Standpunkt, Holczer habe von Doping im Team gewusst. Er sei daher nicht betrogen worden.

Holczer verwahrt sich gegen diese Behauptung. "Ich habe in meinem Team keine Strukturen geschaffen, die Doping geduldet, toleriert oder gar einen Anreiz dazu gegeben hätten", teilte er mit. "Jeder der von geduldetem Doping im Team Gerolsteiner spricht, lügt aus egoistischen und/oder revanchistischen Gründen." (dpa)