Schladming/Essen. . Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg zählt heute bei der WM zu den Top-Favoritinnen im Riesenslalom, sagen würde sie es so aber niemals. „Ich sehe mich nicht als Favoritin“, wiegelt sie ab, „aber natürlich wäre es schön, eine Medaille zu gewinnen.“

Der Deutsche Ski-Verband feiert gern. Und weil er das am liebsten mit seinen Sponsoren tut, hat er nicht weit vom WM-Ort Schladming in Haus im Ennstal eine überdimensionale Blockhütte aufbauen lassen. Der deutsche und der österreichische Kaiser, also Franz Beckenbauer und Franz Klammer, machten dort ebenso den Einkehrschwung wie Ralf und Cora Schumacher oder DJ Ötzi. Schon dreimal gab es Grund zum Feiern – und immer war Maria Höfl-Riesch beteiligt: Gold in der Super-Kombination, Silber in der Abfahrt, Bronze mit dem deutschen Team. Ihr Medaillensatz ist zwar komplett, aber im Riesenslalom am Donnerstag (10/13.30 Uhr/ZDF) könnte Höfl-Riesch ein weiteres Mal den Sprung aufs Podium schaffen. Weitaus größere Chancen hat allerdings eine andere Deutsche: Viktoria Rebensburg, die Olympiasiegerin von Vancouver, ist neben der Slowenin Tina Maze die Top-Favoritin auf das Gold.

Höfl-Riesch genießt das Frage-Antwort-Spiel

Als sich vor dem WM-Auftakt im Deutschen Haus die beiden besten deutschen Ski-Fahrerinnen den Fragen der Fernseh-, Radio- und Zeitungsreportern stellten, ließ sich schon an der Körpersprache der Mentalitätsunterschied der beiden Ski-Asse ablesen. Maria Höfl-Riesch ist der Typ, der das Frage-Antwort-Spiel zu genießen scheint: Ein Lächeln an der richtigen Stelle hier, ein kleiner Scherz dort. Viktoria Rebensburg scheut eher das Rampenlicht. Es ist nicht so, dass die 23-Jährige keine Ausstrahlung hat. Als Olympiasiegerin, als Weltcup-Gesamtsiegerin im Riesenslalom der letzten beiden Jahre hat sie auch längst gelernt, hoch professionell mit den Medien umzugehen.

Aber die Zollwachtmeisterin vom Tegernsee liebt nicht die großen Sprüche. Immer wenn es um ihre Titelchancen geht, macht sie in Understatement. Durch die Erfolge der vergangenen Jahre und als Siegerin des Weltcup-Finals 2012 in Schladming ist sie am Donnerstag natürlich ein heißer Tipp auf der eisigen Piste. „Ich sehe mich nicht als Favoritin“, wiegelt sie ab, „aber natürlich wäre es schön, eine Medaille zu gewinnen.“ Doch kaum hat sie diesen Wunsch geäußert, schwächt sie wieder ab. Das wolle schließlich jede Läuferin, sagt sie. Und überhaupt sei die Konkurrenz unheimlich stark. Also konzentriere sie sich auf ihr Skifahren.

Und das beherrscht sie zwischen den Riesenslalom-Toren wie kaum eine andere auf der Welt. „Ich bin eine Bauchfahrerin“, sagt sie, „die meisten Entscheidungen treffe ich instinktiv.“ Vor allen Dingen zu Beginn ihres steilen Aufstiegs im Ski-Zirkus galt Rebensburg als Draufgängerin. Es konnte ihr gar nicht wild genug sein. Männlich und ungestüm sei sie, hieß es.

Aber diese Zeiten sind vorbei. Noch immer liebt Rebensburg aggressive Pisten, doch sie hat gelernt, nicht nur ihrem Instinkt zu vertrauen. In Zusammenarbeit mit ihren Trainern tüftelt sie Tag für Tag an kleinen Verbesserungen, testet Material, feilt beharrlich an der Technik, um im Kampf um die Hundertstelsekunden nur ja nichts zu verschenken. „Ich weiß, dass ich ganz nahe dran bin, dass ich es so umsetzen kann, wie ich es mir vorstelle“, sagt sie, „aber es sind noch Feinheiten, die perfekt zusammenpassen müssen.“

„Ich will mich g’scheit reinhauen“

Zu einer optimalen Vorbereitung auf ihren WM-Höhepunkt hat Viktoria Rebensburg für einige Tage Schladming verlassen. Nach dem ein wenig enttäuschenden achten Platz im Super-G fuhr sie nach Hause zum Tegernsee. Kurzurlaub für Kopf und Körper. Lustig sei es gewesen, gestand sie. Während sich die anderen im Kampf um die Medaillen reingehauen hätten, habe sie ihr Leben zu Hause genossen. Sie hat sich mit Freunden getroffen, im Kino hat sie über Kokowääh 2 gelacht. Doch jetzt ist vorbei mit lustig. Jetzt will sie der Konkurrenz auf der Piste das Fürchten lehren. Auch wenn sie es niemals zugeben würde. Immerhin wagt sie eine kleine Kampfansage: „Ich will angreifen und Gas geben. Ich will mich g’scheit reinhauen.“