Bormio. Am Ende wunderten sich selbst die Sportler. Nie zuvor in der Geschichte des 1967 eingeführten alpinen Ski-Weltcups gab es bei einem Herren-Rennen einen knapperen Ausgang. Den Sieg teilten sich zwei Fahrer, der Vorsprung auf Rang drei betrug 0,01 Sekunden.

Knapper war es nie! Der Österreicher Hannes Reichelt und der Italiener Dominik Paris haben bei der knappsten Männer-Entscheidung in der Geschichte des alpinen Ski-Weltcups für einen Doppelsieg bei der Abfahrt gesorgt. Das Duo lag am Samstag in Bormio in Italien nur eine Hundertstelsekunde vor dem drittplatzierten Norweger Aksel Lund Svindal. Vierter wurde der Österreicher Klaus Kröll, der nur eine weitere Hundertstelsekunde hinter dem Podest platziert war.

Als bester deutscher Skirennfahrer kam Stephan Keppler auf der 3270 langen und anspruchsvollen Stelvio-Piste auf den elften Rang. Keppler erfüllte damit die Hälfte der WM-Norm. Bei dem verrückten Rennen war er zeitgleich mit dem Italiener Peter Fill in die Wertung gekommen. "Das ist der erste Schritt für die Qualifikation. Ich kann zuversichtlich in die Zukunft blicken", sagte Keppler und schaute schon auf zwei weitere Klassiker voraus. "Jetzt können Wengen und Kitzbühel her." Andreas Sander blieb als 32. hinter den Punkterängen und Erwartungen zurück. Von den beiden Bormio-Debütanten kam Anton Lindebner als 48. ins Ziel, Philipp Zepnik schied aus.

Rekordrennen sorgte bei Fans und Sportlern für staunende Gesichter

Bei den Herren gab es nie zuvor eine engere Weltcup-Entscheidung. Lediglich bei den Damen war es schon einmal noch knapper. Beim Super-G in Hafjell/Kvitfjell in Norwegen im Jahr 2006 waren drei Skirennfahrerinnen auf dem ersten Rang platziert. Damals gewannen Michaela Dorfmeister (Österreich), Nadia Styger (Schweiz) und die dort noch unter ihrem Mädchennamen Kildow startende Lindsey Vonn (USA). Auf Rang vier und Kelly Vanderbeek (Kanada) betrug der Abstand nur eine Hundertstelsekunde.

Einen weiteren Dreifachsieg hatte es bei den Damen beim Riesenslalom in Sölden im Jahr 2002 gegeben: Hier hatten sich Nicole Hosp (Österreich), Tina Maze (Slowenien) und Andrine Flemmen (Norwegen) den obersten Platz auf dem Stockerl geteilt.

Nicht nur die Zuschauer staunten, auch die Sportler selbst. Bei seiner Zieleinfahrt, einem Rückstand von 0,01 Sekunden und dem angezeigten dritten Rang vermutete der wegen Erkrankung geschwächt angetretene Svindal gar erst einen Fehler auf der Tafel: denn der Minimal-Rückstand hätte doch zumindest für Rang zwei reichen müssen. "So etwas hab ich noch nie erlebt", wunderte sich Svindal. "Aber ich bin schon zufrieden, ich war heute der Drittschnellste. Ich bin froh, dass es nur eine Hundertstel Rückstand ist - meine Kraft war am Ende." In der Gesamtwertung baute der Super-G-Olympiasieger seinen Vorsprung aus.

Viertplatzierter Kröll fühlt sich wie "der Depp"

Kröll als Vierter konnte es ebenfalls kaum fassen. "Da fühlt man sich ein bisschen wie der Depp vom Tag", sagte der Österreicher. Für Kröll war es auch kein Trost, dass er bei der bis dato knappsten Herren-Entscheidung im Weltcup das Hundertstelglück auf seiner Seite gehabt hatte. Im März gewann er zeitgleich mit dem Schweizer Beat Feuz den Super-G in Kvitfjell/Norwegen. Als Dritter lag der Norweger Kjetil Jansrud immerhin schon 0,03 Sekunden zurück. (dpa)