Gelsenkirchen. . Magdalena Neuner freut sich auf das Gläschen Wein nach ihrem Abschiedsrennen in der Veltins-Arena. Die 25-Jährige genießt ihr neues Leben. „Jeder Tag ist jetzt anders“, sagt sie und ist froh darüber, dass „ich für die Leute immer noch interessant bin“.
Magdalena Neuner trägt die Haare zum Pferdeschwanz gebunden, sie lächelt, sie ist fröhlich. Es ist am Freitagmittag ihre letzte Pressekonferenz. Zumindest vor einem Biathlon-Rennen. Sogar ein TV-Sender aus Russland ist gekommen. Gegen 18.30 Uhr wird die 25-Jährige am Samstag noch einmal in die Loipe gehen und zum Gewehr greifen, das sie zuletzt bei ihrem Karriere-Ende im März in Chanty-Mansijsk auf dem Rücken hatte und dann ihrer Schwester Anna (17) vererbt hat. „Aber sie hat es extra wieder für mich hergerichtet und alles umgebaut“, sagt Deutschlands dreimalige Sportlerin des Jahres.
Nun bestreitet Magdalena Neuner, die sich selbst als brutales Landei bezeichnet, ihr Abschiedsrennen ausgerechnet in Gelsenkirchen, mitten im Ruhrpott: in der Veltins-Arena. „Das ist doch symbolisch“, sagt sie, „weil es mitten in Deutschland ist.“ So habe sie die Möglichkeit, noch einmal wahnsinnig viele Menschen zu treffen. Und eben auch einige Biathletinnen, deren Namen zwar nicht so klangvoll sind, „zu denen ich aber persönliche Verbindungen habe“, sagt sie.
Wahnsinnig viele Menschen treffen
„Mädels, die mir wichtig sind.“ Und es werden auch einige ehemalige Teamkolleginnen kommen: Kathrin Lang zum Beispiel, die einst Hitzer hieß und zwischen 2008 und 2010 die Freundin des dreifachen Olympiasiegers Michael Greis war, oder Sabrina Buchholz. Magdalena Neuner lacht und sagt: „Sabrina hat auch nicht mehr geschossen, seitdem sie aufgehört hat. Da herrscht dann Gleichberechtigung.“
Klar: Es soll vor allem auch ein Spaß-Rennen werden – zwischen dem Massenstart und der Verfolgung des Hauptrennens bei der elften World-Team-Challenge der Biathleten in Gelsenkirchen. „Ich bin ja nur im Rahmenprogramm. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass gleich losgerast wird wie verrückt“, sagt Magdalena Neuner. Kann die herausragende Langläuferin denn überhaupt noch rasen? „Ich habe den ganzen Sommer trainiert, um das Herz an die neue Situation zu gewöhnen“, erzählt sie. „Ganz unfit bin ich noch nicht.“ Das ist nicht zu übersehen.
Dennoch: Magdalena Neuner hat sich längst an ihr Leben nach dem Hochleistungssport, der auch von viel Verzicht geprägt war, gewöhnt. „Ich habe wahnsinnig viele Erfahrungen gesammelt, und es nicht mehr so eine Hetzerei“, sagt sie und ist froh darüber, dass „ich für die Leute immer noch interessant bin“.
Am 19. Januar bei „Wetten, dass . . ?“
So wird Magdalena Neuner vom 14. bis 17. Januar in ihrer Geburtsstadt Garmisch-Partenkirchen das Gesicht der Spiele bei den Special Olympics sein, den Nationalen Spielen für Menschen mit geistiger Behinderung, ehe sie dann am 19. Januar in Offenburg auf dem „Wetten, dass . .?“-Sofa von Markus Lanz Platz nehmen wird.
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„Ich bin nicht mehr nur das Sport-Gesicht“, sagt Magdalena Neuner und genießt diese anderen Termine. Besonders scheinen ihr Foto-Shootings zu gefallen. „Jeder Tag ist jetzt anders. Das ist das Schöne“, sagt die mit zwölf Weltmeister-Titeln dekorierte ehemalige Biathletin. Comeback ausgeschlossen? „Ausgeschlossen“, sagt sie und freut sich dabei. „Es war kein Ziel mehr da.“
Ein Ziel hat Magdalena Neuner auch für ihr letztes Rennen nicht. „Es ist gut zu wissen, dass ich keine Höchstleistung bringen muss“, sagt sie. „Meine Fitness und meine Treffsicherheit werden sich in Grenzen halten.“ Aber? „Ehrgeizig bin ich trotzdem“, erklärt sie, obwohl es ganz sicher ist, dass sie das Ergebnis ihres letzten Biathlons nicht weiter belasten wird.
Viel wichtiger erscheint ihr das Drumherum, dass sie sich von 50 000 Fans verabschieden kann, dass sich 50 000 Anhänger von ihr verabschieden können – und dass sie einen gemütlichen Abend hat. „Mit einem Gläschen Wein, jetzt kann ich es mir ja leisten“, sagt sie. Aus ihrer Heimat Wallgau kommt ein ganzer Bus nach Gelsenkirchen, der dank der Erdinger-Brauerei noch nicht einmal etwas kostet. Darauf freut sie sich besonders, „weil ich endlich mal alle auf einem Haufen habe, die mir wichtig sind, um mit dem Thema Biathlon abzuschließen“, sagt Magdalena Neuner. „Der Osteopath, der Physiotherapeut.“ Die Liste wird vermutlich schrecklich lang.
Lena gibt es nur in der Biathlon-Welt
Während ihre ehemaligen Kolleginnen und Widersacherin schon wieder mitten im Weltcup-Zirkus auftreten, sitzt Magdalena Neuner auch mal gemütlich zu Hause vor dem Fernseher. Ohne Kribbeln? Ohne Wehmut? „Komischerweise ist es kein komisches Gefühl“, sagt sie. „Es ist schön, dass dieser neuer Lebensabschnitt ganz anders ist.“ Und Teil dieses Lebensabschnittes, indem sie, wie sie erzählt, in puncto Organisation auch mehr Professionalität erlebe, wird es wohl auch sein, dass Lena mehr und mehr verschwinden wird. Lena ist sie ausschließlich in der Biathlon-Welt. „Zu Hause“, sagt sie, „sagen alle Magdalena. Aber solange niemand Magda sagt, ist alles in Ordnung.“
Die letzte Pressekonferenz vor einem Biathlon-Rennen ist für Magdalena Neuner beendet. Es folgt an diesem Freitagmittag noch ein Gespräch in lockerer Runde mit ein paar Journalisten, ehe POCCNR, der russische Online-TV-Sender, zum Interview sowie auch zum Elfmeter-Schießen aus Drei-Meter-Distanz bittet (Magdalena Neuner trifft bei beiden Versuchen), und noch das Schnee-Foto in der Veltins-Arena gemacht werden muss. Wie immer mit einem Lächeln.