London. Roger Federer schnappte sich in Wimbledon den 17. Titel bei einem Grand-Slam-Turnier und steht in der Weltrangliste zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder an der Spitze. Mit 287 Wochen an der Spitze wird er im Olymp des Tennis promenieren. Der unterlegene Andy Murray kämpfte mit den Tränen.
Diesmal gewann er auf einen Schlag fast mehr, als er tragen konnte. Mit seinem siebten Sieg in Wimbledon schnappte sich Roger Federer den 17. Titel bei einem Grand-Slam-Turnier, aber den größten Wert hatte eine andere Zahl. In der neuen Weltrangliste, die an diesem Montag erscheint, wird er zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder an der Spitze stehen und damit zu Pete Sampras aufschließen, der mit 286 Wochen als Nummer eins bisher der Spitzenreiter gewesen war. Und da keiner der Besten in dieser Woche spielen wird, wird Federer eine weitere Woche später mit 287 Wochen allein im Olymp des Tennis promenieren.
Federers Zwillingstöchter Charlene und Myla klatschten auf der Balustrade
Vielleicht eine Tat für die Ewigkeit; Federer selbst fand immerhin, dies sei ein magischer Moment. Als er aus den Händen des Herzogs von Kent den Pokal in Empfang nahm, klatschten die jüngsten Fans in geblümten Kleidchen weiter oben auf der grünen Balustrade, Federers Zwillingstöchter Charlene und Myla. Als er vor drei Jahren zuletzt in Wimbledon gewonnen hatte, waren sie noch nicht auf der Welt.
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Sampras war diesmal nicht dabei wie vor drei Jahren, als Federer mit dem sechsten Titel in Wimbledon den 15. bei einem Grand-Slam-Turnier gewonnen und damit ihn in der Grand-Slam-Bilanz überholt hatte. Vor ein paar Tagen hatte der Amerikaner in einem Interview mit der Nachrichten-Agentur AP gescherzt, er habe sich daran gewöhnt, dass sich Federer seine Rekorde breche. „Aber ich habe immer gehofft, dass es jemand wie Roger sein wird. Ich mag ihn sehr, betrachte ihn als Freund, und das macht es ein bisschen leichter.“
Kate brachte Pippa mit
Es war kein normaler Final-Sonntag in Wimbledon, nicht einmal annähernd. Es goss immer wieder wie aus Kannen, Fred Perrys Statue am Eingang tropfte der Regen von der Nase. Eines war zwar klar, selbst im Falle eines Sieges des Schotten Andy Murray würde Perrys Standbild so schnell keine Gesellschaft bekommen. Aber dessen Name als letzter britischer Sieger des Turniers vor 75 Jahren stand auf jeder der unzähligen Vorschau-Seiten der Zeitungen mindestens zehn Mal.
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Königin Elizabeth II. allerdings hatte keine Zeit, ihrem Untertanen Murray beizustehen, die Herzogin von Cambridge, vulgo Kate, erschien dafür und brachte Pippa mit, Britanniens berühmteste Schwester. Premierminister David Cameron saß in der königlichen Loge, ebenso die Beckhams und der bekennende Federer-Fan Rod Laver, und alle staunten ein wenig über den Beginn des Spiels. Denn nicht der Debütant Murray wirkte nervös, sondern Federer, der nicht nur gleich das erste Aufschlagsspiel verlor, sondern selbst nach dem Ausgleich später sichtlich unter Druck stand. Murray hingegen wirkte stabil. Alle waren beeindruckt, nur einer saß auf der Tribüne und verzog keine Miene. Während des ersten Satzes kam Coach Ivan Lendl mit einem Gesichtsausdruck und zwei Sitzpositionen aus, später nahm er dann immerhin die Sonnenbrille ab. In solchen Momenten fällt es immer besonders schwer, sich daran zu erinnern, dass der Mann ein extrem lustiger Zeitgenosse sein kann.
Nach der Regenpause dominiert Federer
Murray gewann den ersten Satz und hatte bald danach vier Breakchancen im zweiten. Am Himmel zogen dicke, dunkelgraue Wolken auf, die Luft für den Schweizer wurde dünn und dünner, doch in der Gefahr fing er sich und gewann den Satz bei einem Breakball seinerseits mit einem schönen Volleystopp.
Mit einer Führung ging er in die Kabine, als es zu Beginn des dritten Satzes wieder zu schütten begann, und damit endete der offene Teil im Finale der Championships 2012. Weil weitere Schauer in der Gegend lungerten wurde das Dach geschlossen, und diesen Vorteil nutzte Federer. Je besser die Bedingungen, desto geringer seine Fehlerquote; wenn kein Lüftchen weht, fällt der Deckel seiner Trickkiste nicht so leicht zu. Am Ende meldete sich wieder das Genie.
Murray versuchte alles, aber er kam nicht mehr an Federer vorbei, der mit einem Break zum 3:2 den roten Teppich zum siebten Titel in Wimbledon ausrollte. Nach Murrays Einzug ins Finale hatte in der Times gestanden: Das Unvorstellbare hat vor unseren Augen stattgefunden. Was wird nach diesem 4:6, 7:5, 6:3, 6:4 nun über Roger Federer berichtet werden? „Ich könnte nicht glücklicher sein. Ich hatte eine harte Zeit in den vergangenen Jahren. Dieser Sieg kommt zur richtigen Zeit“, sagte er selbst.