Bochum. Die Neuauflage des Lohrheide-Meetings sah eine Siegerin des TV Wattenscheid, EM-Testläufe und viele Fans. Nur ein jamaikanischer Star fehlte.

Die Veranstalter des TV Wattenscheid hatten sich etwas Besonderes ausgedacht. Das erste Lohrheide-Meeting seit vielen Jahren verdiente eine spezielle Präsentation. So wurden acht Leichtathletinnen und Athleten ausgewählt, die stellvertretend für das rund 150 Teilnehmer starke Feld vorgestellt wurden. Drei Geländewagen fuhren nach und nach im Stadionrund vor, die Zuschauer hießen die, die ausstiegen mit großem Applaus willkommen. Natürlich war der Beifall bei den Lokalmatadoren besonders laut – zum Beispiel bei 200-Meter-Sprinter Robin Erewa (31). Und bei Julia Ritter, die in Ermangelung eines Kugelstoß-Wettbewerbes diesmal nur im Diskus antrat. Die 24-Jährige kletterte neben Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch aus einem Wagen. Die eine kompakt und kraftvoll, die andere hochgewachsen – Verwechslung der jeweiligen Disziplin ausgeschlossen.

Marie-Laurence Jungfleisch erinnerte sich noch gut an ihren ersten Auftritt im Lohrheidestadion. „Ich war hier mal zu einer Deutschen Meisterschaft“, sagte die 31-Jährige. Und tatsächlich: 2012 gewann die Hochspringerin Silber an der Wattenscheider Traditionsstätte. Es war die letzte große Meisterschaft im Erwachsenenbereich, die an dieser traditionsreichen Leichtathletik-Stätte ausgetragen wurde. Geht es nach Michael Huke, Manager des TV Wattenscheid, soll sich das 2026 nach dem umfangreichen Umbau des Stadions ändern. Dann soll die Deutsche Meisterschaft zurückkehren. Doch schon am Samstag wurde ein Anfang gemacht, um Top-Leichtathleten wieder im Lohrheidestadion willkommen zu heißen.

Julia Ritter konzentriert sich beim Diskuswurf. Die Wattenscheiderin trat beim Lohrheide-Meeting an.
Julia Ritter konzentriert sich beim Diskuswurf. Die Wattenscheiderin trat beim Lohrheide-Meeting an. © Pollkläsener/FFS

Mehr Zuschauer als erwartet

Erstmals seit vielen Jahren fand das wiederbelebte Lohrheide-Meeting statt. Bei bestem Wetter folgten mehr als 100 Athletinnen und Athleten aus knapp zehn Ländern der Einladung des TV Wattenscheid, um sich am Fuße der Halde Rhein­elbe zu messen. Trotz eines kleinen Budgets sollte der olympischen Kerndisziplin ein angemessener Rahmen geboten werden. Und das gelang. „Zwischen 1200 bis 1400“ Zuschauerinnen und Zuschauer, schätzte Michael Huke. Erhofft hatte er sich 1000.

Auch interessant

„Ich bin sehr zufrieden damit. Es hat alles reibungslos geklappt.“ Er räumte jedoch auch einen Fehler ein: „Beim nächsten Mal achte ich darauf, es nicht zeitgleich mit der Fußball-Bundesliga stattfinden zu lassen.“ Parallel zum Leichtathletik-Meeting traf der VfL Bochum auf den FSV Mainz 05. Während der VfL einen Fehlstart hinlegte (1:2), war in Wattenscheid nicht nur Huke zufrieden. „Es hat wieder Spaß gemacht“, sagte Marie-Laurence Jungfleisch, die in bester Erinnerung an das Stadion den Hochsprung-Wettbewerb gewann. Mit ihrer Sieghöhe von 1,85 Metern war die EM-Dritte von 2018 „natürlich nicht zufrieden“, aber Zahlen interessierten sie an diesem Tag nicht: Ihr ging es darum, ihren Anlauf zu verfeinern, um vor der EM in München (ab 15. August) richtig in Tritt zu kommen. Der Sieg freute die Stuttgarterin trotzdem.

Wattenscheiderin Zapalska heiß auf die EM

Das galt auch für Monika Zapalska. Die 28-Jährige ist nach dem Karriere-Ende ihrer Wattenscheider Vereinskollegin und Vize-Europameisterin Pamela Dutkiewicz-Emmerich (30) sowie dem Saison-Aus von Cindy Roleder (32) einzige deutsche EM-Starterin über 100 Meter Hürden. An ihrer Heimstätte wurde sie lautstark angefeuert – die Zuschauer trugen sie zum Sieg. „Vor heimischem Publikum zu starten war ein tolles Gefühl – ich finde das großartig und hoffe, dass wir das hier bald öfter erleben“, sagte sie.

Auch interessant

Monika Zapalska wirkte entspannt und zufrieden. „Ich bin gerade noch voll im Training, die Zeit heute war nicht so wichtig, es war ein guter Trainingswettkampf“, erklärte sie. Doch die Vorfreude auf ihre erste EM-Teilnahme konnte sie nicht verstecken. „Bisher war es für mich ein geiles Jahr“, sagt Zapalska. „Ich bin persönliche Bestzeit gelaufen – und da ist auch echt noch Luft nach oben, das weiß ich.“ Bei der EM hat sie sich das Halbfinale zum Ziel gesetzt. „Ich bin fit und sollte ich das Finale erreichen, würde ich das einfach nur genießen“, sagt sie und grinste breit.

Pintos Kniekehle zwickt - Burghardt siegt im Finale

Auch Sprinterin Tatjana Pinto (30) genoss den Extrajubel. Die Wattenscheiderin hatte jüngst bei der Weltmeisterschaft in Eugene mit Alexandra Burghardt (28) Bronze mit der Staffel gewonnen. Zum Duell der beiden Deutschen kam es jedoch nicht: Pinto zwickte die Kniekehle, sie verzichtete auf das Finale, das Burghardt zur Freude der Fans gewann. Als „echtes Highlight“ bezeichnete Huke ihr Rennen.

Auch interessant

Auch wenn er sich das Duell mit ihr, Pinto und Natasha Morrison (29) gewünscht hätte. Die jamaikanische Staffel-Olympiasiegerin von Tokio war als großer Coup verpflichtet worden. Doch kurz vor dem Start in Wattenscheid hatte sie ein Angebot erhalten, um als Nachrückerin beim deutlich besser dotierten und zeitgleich ausgetragenen Diamond-League-Meeting in Chorzow in Polen anzutreten. „Sie konnte dem Ruf des Geldes nicht widerstehen“, sagte Huke.

Bis Wattenscheid mit dieser Kategorie mithalten kann, ist es noch ein weiter Weg. Doch der Anfang ist gemacht.