Wattenscheid. Sieben Medaillen holt der TV Wattenscheid. Jaron Boateng überrascht – Nicola Kondziella krönt das Wochenende bei der U23-DM im Lohrheidestadion.

Den letzten Sprung konnte sie genießen: Nicola Kondziella vom TV Wattenscheid 01 ist neue Deutsche U23-Meisterin im Weitsprung – und das stand schon fest, bevor Kondziella am Sonntagnachmittag zum sechsten Mal in die Sandgrube vor der kleinen Tribüne im Lohrheidestadion sprang. „Wetter ist gut, Stimmung ist gut, ich hab meine Liebsten hier“, fasste Kondziella ihre Gefühlslage zusammen. Es war bereits ihre zweite Medaille des Tages. Insgesamt sieben Medaillen, zwei davon in der Staffel, behielt der TV 01 bei der Heim-DM: Dreimal Bronze, dreimal Silber und Kondziellas Goldmedaille.

„Das ist super, mehr als ich erwartet hatte. Ich hätte vielleicht mit vier gerechnet. Es waren einige überraschende Erfolge dabei“, war TV-01-Manager Michael Huke glücklich, der dazu auch einen reibungslosen Ablauf der beiden Wettkampftage mit je rund 1000 Zuschauerinnen und Zuschauern sah. Für zwei der Einzelmedaillen war Sprungtalent Jaron Boateng verantwortlich, womit er eine der Überraschungen war – Huke verriet auf Nachfrage, er habe Boateng nicht als Medaillenkandidaten auf dem Zettel gehabt.

TV Wattenscheid: Jaron Boateng in aufsteigender Form

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Boatengs Trainer Ralf Jaros dagegen antwortete auf diese Frage: „Jaron? Eigentlich immer. Er ist ein extrem guter Wettkämpfer“, so der Coach. Aber eben nur eigentlich. Denn der 21-Jährige habe bis vor fünf Wochen aufgrund einer Fehlstellung im Skelett nur sehr reduziert trainieren können. Jaros: „Er ist durch ein sehr tiefes Tal gegangen.“ Vor drei Wochen stieg Boateng endlich in die Saison ein, knackte in Zülpich nicht nur die DM-Norm im Weitsprung, sondern auch im Dreisprung – „das war sein erster Wettkampf in dieser Disziplin überhaupt“, so Jaros.

Bronze und Silber strahlen in der Wattenscheider Sonne: Das ist die Ausbeute von Sprungtalent Jaron Boateng.
Bronze und Silber strahlen in der Wattenscheider Sonne: Das ist die Ausbeute von Sprungtalent Jaron Boateng. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Boateng entschied sich dazu, es in beiden Disziplinen zu versuchen; auf die Gefahr hin, Sonntag beim Weitsprung etwas müde zu sein. Mit 14,96 Metern sicherte er sich am Samstag Dreisprung-Bronze. Sonntag flog er im Weitsprung 7,33 Meter, fünf Zentimeter fehlten zum Deutschen Meister Simon Batz (Kelheim).

Im letzten Sprung hatte Boateng die Chance, noch mal Gold anzugreifen, brach aber ab und ärgerte sich sehr. Sein Trainer auf der Tribüne kommentierte: „Wir sind beide sehr happy. Ich vielleicht noch ein bisschen mehr als er, denn er wollte gestern mehr und er wollte auch heute mehr.“ Am Ende standen aber zwei Medaillen für den TV 01 allein durch Boateng.

Beide Sprint-Staffeln holen Bronze

Ein ähnliches Kunststück schaffte Madleen Malecki. Die U20-Athletin gewann Silber über 100 Meter Hürden und holte dann auch Sonntag mit der Sprintstaffel Bronze, gemeinsam mit Jolina Ernst, Sophie Bleibtreu und Nicola Kondziella. Nur wenige Minuten später gewannen auch die 4x100-Meter-Jungs Bronze – „dabei war das die komplette Jugendstaffel“, freute sich Michael Huke über den Erfolg von Nils Hartleif, Emil Bekker, Maximilian Superniok und Mateusz Lewandowski.

Timo Northoff sicherte sich am Sonntagmittag Silber im Kugelstoßen mit einer Weite von 18,35 Metern – neue persönliche Bestweite.

Es gab auch Enttäuschungen

Für die Medaillenhoffnungen Joyce Oguama und Max Sluka dagegen gab es Enttäuschungen, beide belegten den vierten Platz. Diskuswerferin Oguama fehlten am Samstag elf Zentimeter zur Medaille, sie warf 53,02 Meter. „Das ist im Bereich der Bestleistung, ihr kann man überhaupt keinen Vorwurf machen“, so TV-Manager Huke.

Sein Plan ging nicht auf: Max Sluka vom TV Wattenscheid 01 enttäuscht nach Platz vier im 1500-Meter-Lauf.
Sein Plan ging nicht auf: Max Sluka vom TV Wattenscheid 01 enttäuscht nach Platz vier im 1500-Meter-Lauf. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Max Sluka dagegen verpasste im 1500-Meter-Lauf die Attacke seiner Gegner auf der vorletzten Runde – um sich wieder vorne heranzukämpfen, verbrannte er die Kräfte, die ihm hinten raus dann fehlten.

In 3:59,76 Minuten war er nicht nur zwei Sekunden langsamer als der neue Deutsche Meister Artur Beimler, sondern blieb auch mehr als vier Sekunden über seiner Leistung aus dem Halbfinale, das er gewonnen hatte. Platz vier über 1500 Meter erreichte auch Anneke Vortmeier – die läuft aber eigentlich normalerweise längere Strecken, war damit eine positive Überraschung. Huke dazu: „Vierte Plätze sind natürlich ärgerlich, aber man muss auch schauen, wie sie zustande kommen.“

Kondziella rechtzeitig im DM-Fieber

Für den Schluss- und Höhepunkt aus Wattenscheider Sicht sorgte dann Nicola Kondziella am Sonntagnachmittag. „Nicola, du rockst das“, hing als großes Spruchband auf der Tribüne im Lohrheidestadion, vor der die Weitsprung-Wettkämpfe stattfanden.

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Und Kondziella, die sich auf einen Zweikampf mit Mikaelle Assani eingestellt hatte, rockte es. Im ersten Versuch mit 5,95 Meter ging sie in Führung, sprang im zweiten 6,39 Meter – das war schon ihre Titelweite. Niemand wurde ihr gefährlich. Keine Bestweite – egal. „Es war mental schwierig“, meinte Kondziella, „da ich ja heute schon in der Staffel gelaufen bin. Der Körper war deshalb vielleicht auch nicht ganz so fit.“ Sie habe nicht damit gerechnet, Gold zu holen.

Bei der Heim-DM auf die richtige Betriebstemperatur zu kommen, sei dagegen gar nicht so einfach gewesen: „Freitag und Samstag war ich noch nicht so im Fieber. Wir konnten zu Hause schlafen, dann dauert es ein wenig länger, bis die Spannung guckt.“ Das habe sich geändert, als sie am Samstag die Hochsprung-Wettbewerbe angeschaut habe. „Das hat geholfen, in die Stimmung zu kommen.“ 24 Stunden später war sie Deutsche Meisterin.

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