Wattenscheid. Daniel Jasinski, Olympia-Dritter von Rio, wird weder bei DM, WM noch Heim-EM den Diskus werfen. Den Wattenscheider bremst eine Rückenverletzung.

Wenn Daniel Jasinski den Raum betritt, dann bleibt das nicht unbemerkt. Der Diskuswerfer des TV Wattenscheid misst 2,07 Meter. Dennoch schien der Bochumer bei der Pressekonferenz am Olympiastützpunkt zu versuchen, im Kreise der anderen Athletinnen und Athleten ungesehen zu bleiben. Denn die Nachricht, die er mitgebracht hatte, war keine, die man gerne überbringt.

Der amtierende deutsche Meister im Diskuswerfen wird seinen Titel bei den nationalen Wettkämpfen der Leichtathleten, die am Wochenende Teil der Finals in Berlin sind, im Olympiastadion nicht verteidigen können. Die Rückenschmerzen, die den Olympia-Dritten von 2016 in Rio schon länger quälten, sind zu stark. "Ich habe zuletzt noch einmal drei Trainingswürfe probiert und bei allen hatte ich Schmerzen, dass ein Wettkampfwurf unmöglich wurde", sagt der 32-Jährige.

Mit Vater Miroslav fiel die schwere Entscheidung

Schon seit Februar schlug sich der Vater zweier Kinder mit den Problemen herum. Immer wieder war er gezwungen, alternativ trainieren. "Bei jeder Belastung wurde es eher schlechter als besser. Ich habe wegen der Einschränkung durch die Schmerzen, die bis in die Beine ausstrahlten, irritiert geworfen." Eine saubere Technik war dadurch nicht möglich. Zuletzt musste Jasinski seinen geplanten Saisoneinstieg in Schönebeck absagen - auch um den Start bei der Deutschen Meisterschaft nicht zu gefährden. Doch den sagte er nun ab. "Es ging einfach nicht anders", sagt er.

"Mir geht es natürlich nicht gut", erzählt er weiter. Die Entscheidung ist ihm alles andere als leicht gefallen. "Es war sehr schwierig, weil man immer noch ein Fünkchen Hoffnung hatte, dass es wieder wird." Doch am Sonntag saß er mit seinem Vater und Trainer Miroslav Jasinski zusammen und sie trafen die einzig richtige Entscheidung. "Wir haben nochmal alle Optionen durchgesprochen, aber es ist körperlich nicht möglich, in Berlin zu starten. Die Schmerzen sind auch beim Werfen so enorm, dass es nicht geht." All die Behandlungen und Physioeinheiten brachten keinen Durchbruch. "Der Nerv ist einfach gereizt", sagt Daniel Jasinski. Eine Bandscheibenvorwölbung drückt auf den Nerv, die Schmerzen strahlen bis in die Beine. Und jeder Reiz verstärkt die Entzündung.

Letzter Auftritt auf großer Bühne: Der Wattenscheider Diskuswerfer Daniel Jasinski bei den Olympischen Spielen in Tokio.
Letzter Auftritt auf großer Bühne: Der Wattenscheider Diskuswerfer Daniel Jasinski bei den Olympischen Spielen in Tokio. © Getty

Zwei internationale Groß-Events für die Leichtathleten

Die Entscheidung war also alternativlos. Doch sie ist doppelt bitter: Die Absage für die DM bedeutet gleichzeitig das Saison-Aus für Daniel Jasinski. "So sieht es leider aus", sagt er. "Jetzt im Nominierungszeitraum auszufallen - das ist natürlich kacke, was soll ich sagen?" Die Norm für die WM hatte Jasinski zwar schon im vergangenen Jahr geknackt, doch eine Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften wäre Bedingung für eine Nominierung gewesen. Gleiches gilt für eine EM-Nominierung. "Wir haben in diesem Jahr auch wegen Corona die Sondersituation, dass nach einem Olympischen Jahr gleich zwei große internationalen Meisterschaften anstehen. Da ist es völlig normal, dass Athleten wie jetzt Daniel da nicht komplett durchkommen", sagt TV-Wattenscheid-Manager Michael Huke.

Daniel Jasinski weiß, dass er nun Geduld braucht. "Das ist schon eine etwas ernstere Geschichte, bei der man sich auch nicht so verletzten will, dass man die nächsten Jahre gefährdet", sagt er. "Ich gehe davon aus, dass ich ohne Wurfbelastung schnell im Herbst wieder gut ins Training einsteigen und nächstes Jahr wieder gute Leistungen zeigen kann."

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Ohne ihn finden nun im Juli die wegen Corona um ein Jahr verschobenen Weltmeisterschaften in den USA statt. Und auch die Heim-EM als Teil des Multisport-Events European Championships in München verpasst er. "Natürlich hatte ich mir das anders vorgestellt - zumal es das erste Mal ist, dass ich eine ganze Saison frühzeitig beenden muss."

Karriere-Ende ist für Wattenscheider Jasinski noch keine Option

Jedoch warfen Jasinski nach seinem überraschenden Olympiacoup 2016 immer wieder Verletzungen zurück. So verpasste er unter anderem die WM 2019. Doch im vergangenen Jahr schien ein Durchbruch erreicht. Er stellte eine persönliche Bestleistung auf (67,47 Meter) und wurde erstmals Deutscher Meister. Bei den Olympischen Spielen in Tokio erreichte er dann zwar das Finale, wurde dort aber nur Zehnter. Aufgeben kam für ihn jedoch nicht in Frage: Kurz nach dem Aus bei Olympia stand für ihn fest: Das nächste Ziel heißt Paris 2024. Dort finden die nächsten Olympischen Sommerspiele statt.

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Ans Karriere-Ende denkt der Sportsoldat auch nach dem neuerlichen Rückschlag noch immer nicht. "Ich habe total Bock und hoffe, dass ich nächstes Jahr wieder topfit angreifen kann. Paris steht nachwievor auf dem Plan. Dreimal Olympia will ich mindestens machen." Er lacht herzlich auf. Ja, mindestens, hat er gesagt. "Ich bin körperlich noch nicht am Ende. Ich habe letzte Saison gezeigt, was ich leisten kann, wenn ich gut durch den Winter komme. Die Situation jetzt nehme ich als Chance, zu richten, was aus den Augen geraten ist."

Seine Zuversicht, seinen Mut hat Daniel Jasinski noch längst nicht verloren. Während die anderen in Berlin werfen, wird er auch nicht Trübsal blasen: "Ich werde mir das im Fernsehen anschauen - aber ansonsten genieße ich die Zeit bei meiner Familie."