Tokio. Diskuswerfer Daniel Jasinski ist bei den Olympischen Spielen in Tokio unter seinen Möglichkeiten geblieben. Es reichte nur zu Platz zehn.
Am Ende geht noch mal die Post ab im Diskusring. Aber da hat Daniel Jasinski vom TV Wattenscheid sein blassgelbes Wettkampftrikot bereits gegen ein weißes T-Shirt getauscht und sitzt Seite an Seite mit dem Potsdamer Clemens Prüfer auf einer Bank. Klatschen und Staunen ist alles, was der 31-Jährige jetzt noch tun kann. Klatschen für den Schweden Daniel Stahl, der sich am Samstagabend in Tokio mit einem 68,90-Meter-Wurf zum Olympiasieger kürt. Und Staunen, weil eben jener Stahl, ein 2,00 Meter großer und rund 150 Kilogramm schwerer Koloss, anschließend vor lauter Freude einen formidablen Sprint über gut und gerne 60 Meter hinlegt.
Gold und Silber für die Kolosse aus Schweden
Jasinski kam mit 62,44 Metern nicht über Platz zehn hinaus, Prüfer wurde mit 61,75 Metern Elfter von zwölf Finalisten. Drei weitere Würfe nach den ersten dreien des Vorkampfes gibt es nur für die besten Acht. Der zweite Schwede, Simon Pettersson, gehörte dazu. Und er nutze den fünften Durchgang, um sich mit 67,39 Metern noch an dem Österreicher Lukas Weisshaidinger (67,07) vorbei auf Platz zwei zu schieben. Der gab alles, konnte im letzten Versuch aber nicht mehr kontern. Gold und Silber für Schweden: Da wuchtet der eine Koloss den anderen hoch in die Luft, bevor Stahl zu seinem Jubelsprint ansetzt.
Leichtathleten im Formtief
Vor fünf Jahren in Rio ergatterte Jasinski Bronze, er ist der einzige der drei deutschen Medaillen-Gewinner bei den Leichtathletik-Wettbewerben damals in Brasilien, der in Tokio am Start ist. Speer-Olympiasieger Thomas Röhler fehlt nach Verletzungsproblemen. Diskuswerfer Christoph Harting, der in Rio vier Jahre nach seinem Bruder Robert ebenfalls Gold gewonnen hatte, kam auch in dieser Saison nicht aus seinem Dauer-Formtief heraus und war für Japan nur Ersatzmann.
Es war also an Jasinski, das Medaillensammeln der deutschen Speerwerfer fortzusetzen. Mit einer Saisonbestleistung von 67,47 Metern schien er auf einem guten Weg zu sein. Kurz vor der Reise nach Japan hatte er mit 66,67 Metern beim Werfertag in Thum seine Form noch einmal bestätigt. Entsprechend groß war am Samstag die Enttäuschung. „Es hat einfach nicht zusammengepasst. Ich habe die Dynamik, die Kraft nicht auf den Diskus bekommen. Ich habe daran gerissen wie ein Verrückter, aber der Diskus ist nicht geflogen“, sagte er.
Die Qualifikation ließ bereits nichts Gutes ahnen
Schon die Qualifikation war zur Zitterpartie geraten für den 2,07-Meter-Hünen. Mit 63,29 Metern verpasste er in der Gruppe A die direkte Qualifikation fürs Finale, 66 Meter waren gefordert. Danach hieß es warten, was die anderen abliefern würden. Jasinski hat Glück, ebenso wie Prüfer (63,18), sie rutschten auf Rang neun und elf ins Finale. David Wrobel (SC Magdeburg) schied mit 60,38 Metern aus.
Am Glücksbringer wird es nicht gelegen haben, dass der Abend nicht nach Plan lief für Jasinski. Wie üblich hatten ihm seine Frau und seine zwei kleinen Kinder eine Überraschung in den Koffer gesteckt. Zettelchen mit guten Wünschen, auf denen diesmal sogar von jedem eine Haarsträhne klebte. Doch ein Coup wie in Rio sollte dem Wattenscheider Sportsoldaten nicht noch einmal gelingen. Dabei schien es damals, als könnte diese Bronzemedaille der Anstoß für weitere Großtaten sein. „Das hat unglaublich motiviert. Aber es lief nicht nach Plan, es kamen immer wieder Verletzungen und Probleme dazwischen“, erklärte er im Vorfeld dem Fachportal leichtathletik.de.
Und so wurde er in Tokio also zum Bankdrücker. Drei Durchgänge lang zum Nichtstun verdammt. Als Qual will er das allerdings nicht beschrieben wissen. „Ich empfinde es nicht als Zwang, den Leuten zuzugucken, wir haben sie angefeuert“, betont er. Und ein bisschen gelacht, als Stahl seinen massigen Körper kurz nach Art eines Sprinters in Bewegung setzte.