Wattenscheid/Braunschweig. . Daniel Jasinski gewann 2016 Olympia-Bronze. Danach stoppten ihn Verletzungen. Wie dem Wattenscheider Diskus-Ass vor der DM die Rückkehr gelang.

Daniel Jasinski ist gut gelaunt, als er ans Telefon geht. „Ich bin richtig happy“, sagt der Olympia-Dritte von 2016. Er hat allen Grund dazu. Vor rund eineinhalb Wochen hat sich der Diskuswerfer des TV Wattenscheid an die Spitze der deutschen Jahresbestenliste gesetzt. Hinter ihm liegt eine lange Leidenszeit. Doch das ist vorbei: In Braunschweig will der 31 Jahre alte Familienvater am Sonntag (15.40 Uhr/ARD) Deutscher Meister werden – und als solcher zu Olympia nach Tokio (23. Juli bis 8. August).

67,47 Meter – so weit wie in Schönebeck Ende Mai haben Sie noch nie geworfen. Wie hat sich das angefühlt?

Daniel Jasinski: Wenn der Diskus die Hand verlässt, merkt man schon, dass man den Wurf gut getroffen hat, dass der weit geht. Ich freue mich echt, dass ich endlich mal wieder eine persönliche Bestleistung geschafft habe.

13. August 2016: Daniel Jasinski freut sich über die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro.
13. August 2016: Daniel Jasinski freut sich über die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. © Getty Images | Quinn Rooney

Olympia-Jahre scheinen Ihnen zu liegen: Ihre vorherige Bestleistung hatten Sie 2016 kurz vor den Sommerspielen aufgestellt – in Rio gewannen Sie dann Bronze. Jetzt wieder so ein Satz…

Jasinski: Das liegt vor allem daran, dass ich ohne Problem durch den Winter gekommen bin.

Das klingt so simpel. Doch Sie sind leidgeprüft: Schambein-Ödem, hartnäckige Adduktorenverletzung, Rückenprobleme – Ihre Verletztenakte ist beachtlich.

Jasinski: Ja, die letzten Jahre waren nicht einfach. Ich bin sehr froh, dass ich nicht mehr von so seltsamen und nervigen Verletzungen beeinträchtigt werde. Klar, als Leistungssportler hat man immer mal ein paar Beschwerden – aber das war jetzt nichts mehr, was die Technik groß beeinflusst. Ich bin froh, dass wir das in den Griff bekommen haben.

Wie haben Sie das geschafft?

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Jasinski: Das ist eine verrückte Geschichte. Als ich im Wintertrainingslager Zahnschmerzen bekam, suchte ich einen Sportzahnarzt aus Frankfurt auf. Der stellte fest, dass ein Zahn abgestorben war. Er hat den dann samt Wurzel stillgelegt. Und ja, was soll ich sagen: Seitdem komme ich durch. (lacht) So verrückt es klingt. Aber wenn ein Zahn abstirbt, ist das ja ein langer Prozess, es kann wohl gut sein, dass sich das die letzten Jahre auf mich ausgewirkt hat.

Und jetzt müssen Sie sich nicht mehr von Ärzten, sondern nur noch von Ihrem Vater Miroslav quälen lassen. Der ist nämlich von Anfang an Ihr Trainer.

Jasinski: (lacht) Ja, das kann aber gerne so weitergehen.

Hat Ihr Verhältnis über all die Jahre einmal Risse bekommen? Gerade nach solchen Herausforderungen wie langwierigen Verletzungen oder der Corona-Pause?

Jasinski: Überhaupt nicht. Da gibt es keine Probleme. Mein Vater weiß genau wie ich: So ist das eben im Sport. Es kann immer etwas passieren, dass es mit der Leistung nicht klappt.

Längst profitieren auch andere Athleten wie die beiden jungen Wattenscheider Kugelstoßerinnen Julia Ritter und Hanna Meinikmann von ihm.

Jasinski: Ja, das ist auch in Ordnung. (lacht) Wir sind eine wirklich gute Trainingsgruppe, und es ist ja gerade für den Nachwuchs wichtig, von guten Trainern gefördert zu werden.

Vor allem, weil der Nachwuchs so stark unter den Corona-Bedingungen zu leiden hat.

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Jasinski: Ja, das ist ein riesiges Problem. Wie kann man Sport für Kinder verbieten? Sowohl mit Blick auf den Leistungs- als auch für Breitensport. Wenn die Kinder sich ein Jahr nicht bewegt haben, wie sollen sie das wieder aufholen? Und das ist ja nur die Verschärfung einer vorherigen Entwicklung.

Nämlich?

Jasinski: Sport hat in den Schulen ja schon vorher immer mehr an Bedeutung verloren – und dass, obwohl er eigentlich ein wichtiger Aspekt der Gesellschaft ist. Allein wegen der sozialen Kontakte, die man über den Sport schließt. Es sollten Anreize geschaffen werden, wie Kinder in Zeiten von Tablets und Smartphones wieder an den Sport herangeführt werden, anstatt den Sport als erstes vom Stundenplan zu streichen.

Ihr Vater hat Sie als junger Athlet sowie als Olympiamedaillen-Gewinner begleitet: Was schätzen Sie besonders an ihm?

Jasinski: Seine Geduld – und dass er immer an einen glaubt, einen das auch spüren lässt. Das war von Anfang an so. Er hätte mir aber auch nie zum Leistungssport geraten, wenn er nicht erkannt hätte, dass ich es im Diskus zu was bringen kann. Er weiß durch seine lange Erfahrung, wie frustrierend es für einen jungen Sportler ist, wenn man nur hinterherrennt.

Bei Ihnen ist es gerade genau andersherum: Sie führen die deutsche Bestenliste an, haben die Norm für Olympia geknackt. Ihr Ziel bei der Deutschen Meisterschaft dürfte also klar sein?

Jasinski: Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Deutsche Meister mit erfüllter Norm auch für die Olympischen Spiele nominiert wird – das versuche ich natürlich anzugehen. Nur bin ich da leider nicht der Einzige. (lacht)

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Vier weitere Werfer haben die Norm von 66 Metern seit 2019 schon erfüllt – insgesamt dürfen aber nur drei nach Tokio fahren. Was erwarten Sie am Sonntag?

Jasinski: Das wird sehr interessant und hart umkämpft. Da ist alles möglich – viel hängt sicher von der Tagesform ab. Ich bin froh, aktuell zu diesem Kreis zu gehören. Mit 67 Metern gehört man zur Weltspitze und hat auf jeden Fall die Chance, in einem olympischen Finale zu stehen.

Was erwarten Sie in Tokio?

Jasinski: Es wird definitiv alles perfekt organisiert sein. Aber ich mache mir da keinen großen Kopf. Ich plane erstmal die Deutsche Meisterschaft, danach sehen wir weiter.