Essen. Die Handball-Bundesliga will am 1. Oktober starten. Das erhöht die Chancen, vor Zuschauern zu spielen. Tusem Essen liebäugelt mit Grugahalle.
Sie waren trist, die vergangenen Monate. Die Saison war im März nach 27 Spieltagen unter- und schließlich abgebrochen worden. Die Spieler des THW Kiel wurden Anfang Juni als Meister geehrt – in einer leeren Halle, mit Masken über Mund und Nase, mit Handschuhen über den Händen, als sie für das wohl skurrilste Meisterschaftsfoto der Bundesligageschichte die Schale in die Höhe reckten. Corona-Vergangenheit, die Handball-Bundesliga (HBL) richtet den Blick wieder Richtung Zukunft. Am Dienstagabend beriet das HBL-Präsidium über den Start der kommenden Saison, am Mittwoch wurde die Erst-und Zweitligaklubs informiert und das Ergebnis verkündet.
Handball-Bundesliga arbeitet an einem Hygienekonzept
Am 1. Oktober sollen die Handballer wieder spielen. Es war der favorisierte Termin der Mehrheit der Klubs, denn im Oktober steigen die Chancen, wieder vor Zuschauern spielen zu dürfen. Auch wenn die Zahl zunächst begrenzt sein wird. Denn Corona ist nicht nur Vergangenheit, das Coronavirus bestimmt auch die Zukunft der Liga. Großveranstaltungen sind deutschlandweit bis Ende Oktober verboten, doch Ausnahmen soll es geben - wenn das entsprechende Hygienekonzept überzeugt. Daran arbeitet die Liga derzeit mit Hochdruck, auch der Spielplan soll bis Ende Juli veröffentlicht werden. HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann: „Nach reiflicher Abwägung haben wir uns entschieden, am klassischen Saisonmodell festzuhalten. Alle anderen Varianten wären nicht ausreichend praktikabel, wirtschaftlich und fair. In jedem Fall erwartet uns eine sehr komplexe Saison, die uns aufgrund der hohen Termindichte viel Flexibilität und Solidarität abverlangen wird. Ich bin überzeugt, dass alle Beteiligten dies verinnerlicht haben.“
Handball ohne Zuschauer bringt wirtschaftliche Schwierigkeiten
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Die Klubs wollen wieder vor Zuschauern spielen und Geisterspiele vermeiden, weshalb die Option des Starts ab 1. September in der Liga wenig Befürworter fand. Der Etat der Profiklubs setzt sich zum Großteil aus Zuschauereinnahmen und Sponsorengeldern meist regional ansässiger Unternehmen zusammen. „Die meisten Klubs können es sich nicht leisten, allzu viele Spiele vor wenigen oder komplett ohne Zuschauer zu spielen. Wirtschaftlich wird alles nur gut, wenn wir auch vor unseren Fans spielen. Wir hoffen, das klappt von Beginn an“, sagt Niels Ellwanger, Geschäftsführer von Bundesliga-Aufsteiger Tusem Essen.
Sichern des Liga-Überlebens hat seinen Preis
Deshalb wurde der Oktober als Starttermin auserkoren, denn „jede Woche könnte helfen", sagt Frank Bohmann. Der HBL-Geschäftsführer hatte sich schon vor dem Abbruch der vergangenen Spielzeit im Interview mit dieser Redaktion Sorgen über die kommende gemacht: „Alle Klubs werden wirtschaftlichen Schaden davontragen. Jeder unserer Profis wird sich auch für die nächste Saison auf ein niedrigeres Gehaltsniveau einstellen müssen. Die Finanzkraft der Liga insgesamt wird sinken.“
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Dies bekräftigte jüngst auch HBL-Präsident Uwe Schwenker: „Eines ist klar: Je länger der Shutdown für uns dauert, desto größer ist die Gefahr, dass uns die Luft ausgeht." Das Sichern des Überlebens der Liga wird allerdings einen Preis haben. Es wird darauf hinauslaufen, dass mehr Partien in kürzerer Zeit ausgetragen, dass auch Doppelspieltage bestritten werden müssen. Wegen des Saisonabbruchs gab es keine Absteiger, die Bundesliga spielt einmalig mit 20 statt mit 18 Teams. Der Januar ist für die Nationalmannschaft geblockt, die das neue Jahr mit zwei EM-Qualifikationsspielen und der WM in Ägypten eröffnet. Hinzu kommen die Olympischen Spiele in Tokio, die internationalen Vereinswettbewerbe wie die Champions League und der nationale Pokal. Der Terminplan ist voll: Wenn es also losgeht im Oktober, dann geht es richtig los.
Tusem Essen in der Grugahalle
Das Hygienekonzept, so viel ist bereits bekannt, sieht zunächst eine Auslastung der Hallen von 50 Prozent vor, die finale Entscheidung obliegt jedoch den Behörden vor Ort. Zudem gibt es offene Fragen: Wer haftet, wenn sich ein Zuschauer in der Halle ansteckt? Wie soll weitergespielt werden, wenn sich erneut Spieler untereinander mit Corona anstecken? Rentabel wäre der Spielbetrieb auch mit einer 50-Prozent-Auslastung noch immer nicht, doch fiele das Defizit geringer aus. Denn eins kann sich die Liga nicht leisten, wie auch Kiels Geschäftsführer Viktor Szilagyi betont: „Eine komplette Saison mit Geisterspielen ist für keinen einzigen Bundesligisten realisierbar."
Zumal die Nachfrage vorhanden ist, was schon das Beispiel Tusem Essen zeigt. Der Bundesliga-Rückkehr des Meisters der Jahre 1986, 1987 und 1989 wird in der Region entgegengefiebert, die Hälfte der 2600 Plätze des Spielorts Am Hallo würden schon die Dauerkarteninhaber einnehmen, berichtet Geschäftsführer Ellwanger. „Der Vorverkauf läuft sehr gut. Das würde knapp werden.“ Mehrere Spiele sollen ohnehin in der Grugahalle ausgetragen werden. Die würde mehr Zuschauern Platz bieten – und Erinnerungen an die großen Zeiten des Klubs zurückbringen.