Essen/Düsseldorf. Über die Lockerungen im Amateursport wird heftig diskutiert. Ein Jugendfußball-Leiter ist richtig sauer.

Diese wichtigen Maßnahmen wurden in NRW für den Breitensport beschlossen:

  • Ab diesem Donnerstag ist wieder kontaktarmer Breitensport und Trainingsbetrieb im Freien erlaubt. Voraussetzung ist die Einhaltung von 1,5 Metern Abstand zwischen den Personen.
  • Ab Montag dürfen Fitnessstudios, Tanzschulen und Sporthallen der Sportvereine unter strengen Auflagen von Abstand und Hygiene wieder öffnen.
  • Vom 20. Mai an dürfen die Freibäder öffnen - Spaßbäder sind jedoch ausgenommen.
  • Ab dem 30. Mai ist auch die „Ausübung von Sportarten mit unvermeidbarem Körperkontakt und in geschlossenen Räumen wieder möglich. Dazu zählen auch Wettbewerbe im Jugend- und Seniorenbereich.
  • NRW-Staatssekretärin Andrea Milz dämpft die Erwartungen: Der 30. Mai sei nur eine Richtgöße.

Ein Fußball, ein Platz, 22 Teamkollegen: Was vor wenigen Tagen Stoff für Amateurkicker-Träume war, soll nun ganz schnell ganz wirklich werden: Ab dem 30. Mai darf in NRW wieder mit Körperkontakt trainiert werden, im Fußball wie in anderen Sportarten. Draußen und auch drinnen. So hat es die NRW-Landesregierung beschlossen. Doch am Donnerstag dämpfte die NRW-Staatssekretärin für den Sport, Andrea Milz, etwas die Erwartungen. „Dabei handelt es sich um eine Richtgröße. Klammern Sie sich nicht an dieses Datum. So ist das nicht gemeint“, sagte Milz. Das Infektionsgeschehen müsse ständig betrachtet und bewertet werden. „Es ist nicht so gemeint, dass sich alle Sporttreibenden auf den 30. Mai stürzen.“

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Heißt trotzdem: Verläuft die Corona-Pandemie gut, steht Spielen auf dem Platz nichts im Wege. Das wirft Fragen auf.

Tagelang war das vorherrschende Sportthema, wie sich die Bundesliga den Neustart vorstellt. Dafür wurde eine Taskforce gegründet, es wurden Fürsprachen gehalten und unfreiwillig Stoff für Ablehnung produziert. Wie viele Tests braucht der Fußball? Und warum eigentlich? Wie sicher ist das? Und wer trägt dafür die Verantwortung?

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Saison-Fortsetzung plötzlich doch im Juni möglich

Im Amateurbereich scheint das alles ganz schnell gehen zu können. Seit Donnerstag darf unter freiem Himmel trainiert werden, ab Montag dürfen Fitness-Studios, Tanzschulen und Räume für Sportkurse geöffnet werden. Und drei Wochen später könnte der Trainings- und Wettkampfbetrieb wieder anlaufen – sehr zur Freude der Fußballer.

„Die Jungs wollen wieder raus“, sagt Christian Knappmann, Trainer des Oberligisten SC Westfalia Herne. Der Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen äußert sich da eher zurückhaltend. Der FLVW hat gerade erst eine Aufstiegsregelung für die abgebrochene Saison erarbeitet. Plötzlich wäre eine Saisonfortsetzung im Juni doch möglich. „Wir rudern jetzt ganz bestimmt nicht komplett zurück“, sagt Vize-Präsident Manfred Schnieders. Er könne sich Spiele „im Moment nicht vorstellen“.

Dortmunds Kreisjugendvorsitzender: „Das ist totaler Schwachsinn“

Andreas Edelstein wird in seiner Kritik deutlicher. „Als Fußballer finde ich das toll, als Mensch halte ich das für blanken Irrsinn“, sagt der Dortmunder Kreisjugendvorsitzende. „Ab dem 30. Mai können wir wieder Fußball spielen. Dann tun wir einfach so, als hätte es die letzten zwei Monate nicht gegeben. Das ist totaler Schwachsinn.“

In Dortmund gibt es etwa 670 Jugendteams. Edelstein würde gerne verhindern, dass bei einem Turnier „acht Mannschaften und 800 Menschen am Platz“ stehen. Der Vorsitzende des SC Husen-Kurl hätte sich eine schrittweise Lockerung gewünscht, um „Kindern wieder einen Raum zu geben und Familien zu entlasten“. Aber erst, wenn es Erkenntnisse über das Virus gebe. „Es gibt Wichtigeres als Fußball.“

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Manchmal scheint das nicht der Fall zu sein. Die Bundesliga-Fortsetzung beschäftigte die Politik, die Debatte wurde in den Talk-Shows des Landes fortgeführt. Dass die Liga derart strenge Vorgaben hat, der Amateursport mit vergleichsweise wenigen fortgesetzt wird, begründet Andrea Milz damit, dass die Fußballprofis Berufssportler seien und die wirtschaftlich starken Vereine ein hohes Interesse hätten, dass ihre Spieler gesund blieben. Über die Ansteckungsgefahr im Sport gebe es zudem noch kein Wissen. „Ein Stück Kaffeesatzleserei“, sagt Milz, sei die Mutmaßung, dass die Fallzahlen durch die Lockerung steigen könnten. „Wenn man feststellen würde, dass sich Zahlen signifikant verschlechtern, besonders da, wo Sport getrieben würde, dann würden man in der Tat überprüfen müssen, ob man es bei den Öffnungen belassen kann.“ Im Falle der Ansteckung würden dann die üblichen Quarantäne-Regeln gelten.

Vereine spüren Verantwortung

Derzeit stehen die Zeichen auf Öffnung. Die Vereine sind gefordert, sich zu überlegen, wie sie sich die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vorstellen können. Andreas Preuß, Manager des Tischtennis-Spitzenklubs Borussia Düsseldorf, appelliert daran, mit Bedacht zu entscheiden. „Es ist klar, dass wir hier nicht alle Jugendlichen auf einmal wieder loslassen werden.“ Würde sich im Rahmen des Vereinssportes jemand mit Corona infizieren, wäre das für Andreas Preuß eine Katastrophe: „Wir tragen da auch eine Verantwortung, der wir gerecht werden wollen.“ Jedoch: „Wenn zumindest im Sportinternat wieder etwas Leben herrscht, Kaderspieler und unsere Profis um Timo Boll in Gruppen trainieren könnten, wäre das sehr schön. Dafür werden wir nun entsprechende Konzepte entwickeln.“

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Auch Hanns-Peter Windfeder macht sich Gedanken, wie mit der neu gewonnenen Freiheit umzugehen ist. Als Vorsitzender des HTC Uhlenhorst Mülheim, der neben einer Hockey- auch über eine Tennisabteilung verfügt, liegt sein Fokus zunächst darauf, den Trainingsbetrieb in Kleingruppen zu organisieren. Denn gerade Hockey ist zwar eine Draußen-Sportart, jedoch nicht kontaktlos. „Dass wir mit Abstand trainieren dürfen, war relativ klar. Über die zeitnahe Aussicht auf Sport mit Kontakt war ich schon verwundert“, sagt er. „Wir werden in Ruhe und mit Verstand entscheiden.“