Essen. Die Top-Schwimmer in Nordrhein-Westfalen dürfen wieder im Becken trainieren. Die Zeit an Land war für diese Athleten doppelt so schlimm.

Drei Wochen an Land. Eine unendlich lange Zeit nicht nur für Seeleute, auch für die besten deutschen Schwimmer. „Ich freue mich sehr, dass ich wieder im Wasser trainieren darf“, sagt Damian Wierling. Der Europameisterschafts-Dritte 2018 und deutsche Rekordler über 50 Meter Freistil darf mit seinen Vereinskollegen von der Startgemeinschaft Essen Poul Zellmann, Max Pilger und Lisa Höpink jetzt wieder ins Becken des Leistungszentrums Essen-Rüttenscheid springen. Möglich macht dies eine Ausnahmegenehmigung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums.

Die Regelung betrifft nicht nur Profifußballer, sondern auch Athleten anderer Sportarten, wenn sie „unter den allgemein gültigen Hygienevorschriften“ an ihren Olympiastützpunkten trainieren. Profisportler dürften nicht an der Ausübung ihres Berufes gehindert werden. Für alle Sportler war die Beschränkung auf das Training im Homeoffice kein Ersatz für ihr sonst übliches Pensum.

„Ohne Wasser bei Olympia 2021 nicht konkurrenzfähig“

Für Schwimmer war die Zeit an Land jedoch doppelt schlimm. Das Training im Schwimmbecken lässt sich einfach nicht ersetzen. Zwar können sie im Wald laufen gehen, um ihre Ausdauer aufrecht zu erhalten, aber die Belastung von fünf bis zehn Trainingskilometer pro Tag im Wasser ist damit nicht zu vergleichen oder nachzustellen.

„Die Olympiakandidaten mussten jetzt drei Wochen ohne Training im Wasser auskommen. Das ist das Maximum. Ansonsten gibt es negative Auswirkungen“, sagt Mark Warnecke. „Wenn die Pause noch länger gedauert hätte, wären die Schwimmer auch für die ins Jahr 2021 verschobenen Olympischen Spiele nicht konkurrenzfähig gewesen.“ Der 50-Jährige kann die Folgen der Zwangspause nicht nur beurteilen, weil er selbst als Olympiadritter 1996 und Weltmeister 2005 ein Schwimmer der Extraklasse war. Der Wittener kennt als Arzt auch die medizinischen Folgen. „Die Ausnahmegenehmigung gilt ja nur für die Aushängeschilder unseres Sports. Diese Schwimmer sind so hochtrainiert, die können nicht abrupt aufhören“, weist Mark Warnecke hin. „Das hätte gesundheitliche Folgen für das Herz-Kreislauf-System.“

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Keine Ausnahmeregelung für Jessica Steiger

Ironman-Vorjahressiegerin Anne Haug belastet ihren Körper derzeit nur mit Radfahren und Laufen. Wie sehr der Triathletin, die in Bayern nicht ins Schwimmbecken darf, das Wassertraining fehlt, beschreibt die 37-Jährige in der Süddeutschen Zeitung: „Das ist natürlich schon fatal, das wirft einen ein Jahr zurück.“ Da haben es die Essener Olympia-Kandidaten jetzt besser. Die Gruppe mit Trainerin Nicole Endruschat hält strenge Hygienemaßnahmen ein: Desinfektion beim Betreten und Verlassen der Halle, Abstand einhalten und maximal vier Schwimmer im Becken, so dass bei acht Bahnen immer eine frei bleibt. Statt zweimal wird nur einmal am Tag trainiert. Kraftübungen werden weiterhin zu Hause gemacht.

Nur auf Homeoffice ist Jessica Steiger beschränkt. „Für mich gilt die Regelung leider nicht, weil der Deutsche Olympische Sport-Bund und der Deutsche Schwimm-Verband ein standortübergreifendes Stützpunkttraining nicht erlauben. Die Reisetätigkeit soll unterbunden werden“, sagt die Gladbeckerin. „Ich mache weiter wie bisher, gehe laufen, mache Krafttraining.“ Sie wünscht sich den Einstieg ins Wassertraining. Aber noch mehr hofft sie, „dass sich die Corona-Lage bessert – nicht nur im Sport, auch für die Wirtschaft und generell.“