Essen. Eine Ausnahmeregelung in der Corona-Verordnung sorgt für großes Aufatmen bei NRW-Athleten. Nur ein Punkt fehlt noch.
Volker Lauer hatte am Mittwoch gut zu tun. Doch es war eine schöne Arbeit. Denn er durfte als Leiter des Olympiastützpunktes Rhein-Ruhr in Essen die Information verbreiten, auf die alle Sportler so lange gewartet hatten. „Es ist ein großes Aufatmen“, sagt Lauer.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hatte zuvor darüber informiert, dass Berufssportlern „unter den allgemeingültigen Hygienevorschriften“ genehmigt wird, wieder auf Sportanlagen zu trainieren. Der Lockerung durch das Gesundheitsministerium liege die Ansicht zugrunde, „dass Profisportler nicht an der Ausübung ihres Berufes gehindert werden dürfen“.
Dies gilt nicht nur für Fußball-Profis, sondern auch für Leistungssportler anderer Sportarten. Konkret bedeutet das: Athleten, die einem Olympia- oder einem Perspektivkader angehören, ist es erlaubt, wieder an den 25 Bundesstützpunkten in NRW zu trainieren. Heißt: Schwimmer dürfen nach drei Wochen endlich wieder ins Wasser, Leichtathleten ins Stadion, Badmintonspieler in die Halle.
Einzig: Die jeweiligen Städte der Stützpunkte müssen zustimmen. Doch Volker Lauer ist optimistisch: „Die meisten Kommunen haben uns schon vorher signalisiert, dass sie eine Öffnung der Anlagen bewilligen würden, wenn es ein entsprechendes Signal vom Land gibt.“ Anders als in sieben anderen Bundesländern hatte NRW in seine Corona-Verordnung bisher keine Ausnahmeregelung für Leistungssportler integriert. Die nun verabschiedete Ergänzung schließt diese Lücke.
Michael Scharf wusste schon seit Freitag von den guten Nachrichten. Der Direktor für Leistungssport des Landessportbundes (LSB) in NRW hat an dem Entwurf mitgewirkt. „Wir haben nun eine einheitliche Linie geschaffen“, sagt er.
Nie mehr als zwei Personen
Die Regeln sehen vor: Athleten dürfen nur zu zweit auf die Anlagen. Sie müssen ihr Training aufzeichnen und die Corona-Hygienebedingungen einhalten. Scharf nennt ein Beispiel: „Nehmen wir Tennis-Profi Jan-Lennard Struff. Wenn er in Kamen trainieren will, dann kann er das entweder mit einem Trainingspartner tun oder mit seinem Trainer. Er kann auch in den Kraftraum mit seinem Athletiktrainer. Es dürfen nur nie mehr als zwei Personen sein.“ Scharf: „Mit dieser kleinen Erleichterung bleibt alles im Rahmen der Hygieneverordnung.“
Hintergrund, warum der LSB trotz der Verschiebung von Olympia weiter auf eine Ergänzung im Gesetz pochte: Noch immer sind einige Meisterschaften wie die EM der Leichtathleten nicht abgesagt. Zudem besteht ein Gesundheitsrisiko, wenn beispielsweise Schwimmer, die in der Woche 30 Stunden im Wasser arbeiten, plötzlich auf null fallen. Trainingsmöglichkeiten sind also dringend notwendig.
Unterstützung bekam der LSB auch von Seiten des Fußballs. Denn dort drängt durch den Plan, im Mai wieder Bundesliga-Spiele zu absolvieren, die Zeit. Die Mannschaften sind auf gemeinsames Training angewiesen. „Die ökonomische Bedeutung ist für den Fußball natürlich nochmal eine ganze andere“, sagt Scharf. „Ich finde es gut, dass der Sport diese Regelung nun gemeinsam erzielt hat. Aber natürlich schadet es nicht, den größten Sportverband auf seiner Seite zu haben.“
Für die Olympiasportler ist es nun die Nachricht, auf die sie lange gewartet haben. „Ich bin total happy“, sagt Pamela Dutkiewicz, Hürdensprinterin vom TV Wattenscheid. „Der Körper ist unser Kapital. Man muss ihn trainieren, um Leistung zu bringen. Mein Job ist es, schnell zu laufen, da kann ich nicht zwei Monate nichts machen.“ Sollte es in diesem Jahr noch Wettkämpfe geben, wäre die EM-Zweite international ohne Training nicht konkurrenzfähig, könnte ihre Verträge nicht einhalten. Nun darf sie wieder im Stadion arbeiten. Doch sie fordert: „Es muss eine bundesweit einheitliche Regelung geben.“
Pläne in der Schublade
Das sieht Michael Huke, Manager vom TV Wattenscheid, genauso. Mit dieser Forderung will er auch nicht klein beigeben, nur weil für NRW nun eine Ausnahme gilt. Ihm geht es um Chancengleichheit.
In Wattenscheid trifft die neue Regel auf zehn bis zwölf Sportler zu. „Unsere Anlage mit Stadion, Wurfplatz und Trainingshalle ist groß genug, dass sich alle aus dem Weg gehen können – die Pläne dafür haben wir schon in der Schublade“, sagt Huke. Und Dutkiewicz glaubt: „Wir haben doch mittlerweile alle Routine darin, Abstand zu halten.“