Essen. Die Verlegung der EM und Olympia sind alternativlos. Zumal sich Uefa und IOC auch keine Sorgen um ihre Kunden machen müssen. Ein Kommentar.

So richtig ist es immer noch nicht greifbar, was da gerade vor sich geht: Ein Virus hat sich von einem Fischmarkt im chinesischen Wuhan aus in einer Kettenreaktion über der ganzen Welt verbreitet und beeinflusst, nein: schränkt den Alltag merklich ein. Im öffentlichen Leben machen es andere Nationen Deutschland vor, was zu tun ist, um die Verbreitung von Corona zu verlangsamen beziehungsweise die Ansteckungskette zu unterbrechen. Immerhin greift auch hierzulande zunehmend die Einsicht um sich.

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Inmitten dieser Situation wird auch dem Sport der Stecker gezogen: Im Handball, Basketball und Eishockey haben die Bundesligen inzwischen ihren Spielbetrieb unterbrochen oder bereits komplett abgesagt, das gesamte Milliarden-Business US-Sport liegt lahm, die Formel 1 wird nicht am Sonntag in Australien in die neue Saison starten. „Besser spät als nie“ ist dabei ein bewährter Spruch, der diesmal jedoch nicht allen internationalen Sport-Granden zu Ruhm gereichten wird.

Wird Olympia in Tokio doch noch verlegt?

Neben den Entscheidungsträgern im Fußball spielen besonders die im Olympia-Kosmos eine bedenkenswerte Rolle. Denn bei den Sommerspielen in Tokio ist noch immer offen, ob zum äußersten Mittel einer Verlegung gegriffen wird. Es gibt in der Bevölkerung noch immer viele Zweifelnde, ob es sich bei der Absagenflut von sportlichen Ereignissen wirklich um sinnvolle Schutzmaßnahmen handelt. Aber an dem Punkt, zu diskutieren, ob hier nur Spielverderber ihr Unwesen treiben, ist der Sport längst nicht mehr.

Dessen wird sich die Fußball-Bundesliga sehr langsam bewusst – beim Internationalen Olympischen Komitee, das Sportler und Besucher aus aller Welt im Juli in Tokio begrüßen möchte, ist man von dieser Vernunft offenbar noch weiter entfernt. Erst betont das IOC, am Olympia-Termin für Tokio festzuhalten, um dann Stunden später seinen Präsidenten Thomas Bach immerhin erklären zu lassen, man werde sich an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO halten.

Der Sport wird seine Fans, seine Kunden nicht verlieren

Es bleibt jedoch der fade Beigeschmack von erzwungener Solidarität. Denn das IOC schiebt die Verantwortung nur weiter, anstatt klar von sich aus festzustellen: In dieser Situation wäre es das Unvernünftigste, die Sportwelt nach Japan zu holen, also lassen wir es in diesem außergewöhnlichen Jahr sein.

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Druck von außen ist selten ein guter Ratgeber für kluge Entscheidungen. Aber er wird stündlich größer, weshalb auch für die obersten Olympioniken nicht anderes mehr gelten kann: Die Sommerspiele müssen um zwei Jahre verlegt werden. Olympia ist ein logistisches Projekt sondergleichen und zugleich von größten wirtschaftlichen Interessen geprägt. Doch die Spiele im Zeichen der fünf Ringe, das ist das Schöne, können sich wie der Spitzenfußball einer Sache sicher sein: Sie werden ihre Anhänger, die ja durch verkaufte TV-Abos, Fanartikel und Eintrittsgelder auch ihre Kunden sind, niemals verlieren. Im Gegenteil: Sie werden später noch länger Schlange stehen als je zuvor, mittelständische Händler trifft der Verdienstausfall beim Versuch, über die Runden zu kommen, viel mehr.

Olympia in Tokio: Noch 19 Wochen bis zur geplanten Eröffnungsfeier

Die Olympische Bewegung vermittelt nur zu gerne das Bild von grenzeneinreißenden Kräften, von Frieden und Hoffnung. Reden und Handeln sind mit Symbolik überfrachtet. Für Anhänger der Olympischen Spiele wie des Fußballs gilt jedoch dieser Tage, dass Massenzusammenkünfte zum Zwecke der Unterhaltung nicht über die Gesundheit der Allgemeinheit gestellt werden dürfen. Und selbst wenn die Aktiven in diesem Zusammenhang auch nur eine untergeordnete Rolle spielen: Sämtliche Qualifikationsturniere für Tokio sind verschoben, tagtäglich werden Sportstätten geschlossen. Wie soll da in den kommenden 19 Wochen bis zur vorgesehenen Eröffnungsfeier noch vernünftig geplant werden?

Faire Wettkämpfe werden somit immer unwahrscheinlicher. Was aber noch wichtiger ist: Nicht nur die Olympia-Besucher müssen vor dem Coronavirus geschützt werden. An die Sportler ist da genauso zu denken.