Gelsenkirchen. Laura Dahlmeier wird von 46.000 Zuschauern beim Abschied auf Schalke gefeiert. Ihr Rücktritt reißt im deutschen Biathlon-Team ein riesiges Loch.

Als Laura Dahlmeier nach ihrer großen Abschiedsgala auf Schalke zu ihrer letzten Pressekonferenz als Biathletin Platz nahm, lächelte sie über das ganze Gesicht. Ein Lächeln, das von ganz innen kam. Ein Lächeln, das zeigte, dass sie einerseits froh war, endlich das letzte Kapitel ihrer aktiven Biathlon-Geschichte abgeschlossen zu haben. Andererseits spiegelte sich in ihrem Gesicht die tiefe Genugtuung wider, acht Monate nach ihrem letzten Weltcuprennen den 46.412 Zuschauern in der ausverkauften Arena noch einmal gezeigt zu haben, welche überragende Sportlerin sie ist. Laura Dahlmeier hinterlässt im deutschen Biathlon-Team der Frauen eine Lücke, die zumindest im Moment nicht zu schließen ist.

Auch interessant

„Aus is’ und gor is’, sagt man bei uns“ – mit diesen Worten wandte sich die 26-Jährige an die Journalisten, von denen die meisten erst einmal rätselten, was die Doppel-Olympiasiegerin von 2018, die sieben Weltmeister-Titel gewann, mit „aus is’ und gor is’“ meinte. Für uns die bayerische Mundart nicht fließend Sprechenden sei erklärt, dass man diesen Spruch sagt, wenn man etwas besonders Schönes beendet.

Biathlon war und ist für Laura Dahlmeier immer noch etwas besonders Schönes. Aber die Garmisch-Partenkirchenerin bereut ihren Entschluss nicht. „Nein, so schön es als Biathletin war, es wird einem auch enorm viel abverlangt. Man muss auf vieles verzichten“, sagte Laura Dahlmeier. „Ich habe jetzt mehr Freiheiten. Ich muss mich nicht mehr bei Trainern rechtfertigen, muss mich nicht jeden Tag in einem Anti-Doping-System an- und abmelden. Früher musste ich immer jeden Tag 110 Prozent abliefern, jetzt reichen auch mal 95 Prozent. Ich freue mich auf jeden Tag, der jetzt kommt. Es ist an der Zeit, Servus zu sagen.“

Und wie es ihre Art ist, sagte sie ein leises Servus. Laura Dahlmeier ist nicht der Typ, der laute Sprüche klopft. Sie lässt lieber Taten sprechen. Auch bei der World Team Challenge sollte sich dies nicht ändern. Während sich Magdalena Neuner, ebenfalls Doppel-Olympiasiegerin und Laura Dahlmeiers Vorgängerin als Deutschlands Biathlon-Aushängeschild, 2012 ein paar andere zurückgetretene Weggefährten eingeladen hatte, um sich in einem lockeren Einlagerennen auf Schalke zu verabschieden, stellte sich Laura Dahlmeier am Samstagabend noch einmal der Weltelite.

39 Treffer bei 40 Schüssen beim Biathlon auf Schalke

Und sie bewies, dass sie selbst nach acht Monaten ohne spezifisches Biathlontraining immer noch mithalten kann. Am Schießstand zeigte sie sogar mehr als das. Laura Dahlmeier brillierte mit 39 Treffern bei 40 Schüssen. Wenn ihrem Partner Philipp Nawrath, der für den erkrankten Erik Lesser eingesprungen war, nicht auf der letzten Runde die Kraft ausgegangen wäre, hätte Laura Dahlmeier bei ihrem Abschied sogar noch einmal auf dem Podium gestanden. So blieb Platz vier.

Aber dies war nur eine Petitesse eines großen Abschieds. Als Laura Dahlmeier die letzten Meter ihrer Karriere in der Schalker Loipe absolvierte, standen die über 46.000 Zuschauer geschlossen auf und jubelten dieser ebenso zurückhaltenden wie erfolgreichen Sportlerin begeistert zu. Laura Dahlmeier ist im deutschen Frauen-Team nicht zu ersetzen. Das war schon klar, als sie sich im März aus dem Weltcup-Zirkus verabschiedete. Aber es kam heftiger als erwartet. Die deutschen Biathletinnen sind in dieser Saison bisher ziemlich aus der Spur. Statt Erfolge zu feiern, lieferten sie historisch schlechte Ergebnisse ab.

Denise Herrmann enttäuscht auf Schalke

Auch interessant

Auch auf Schalke enttäuschte Denise Herrmann, die Weltmeisterin 2018 in der Verfolgung. Im Gegensatz zu Laura Dahlmeier patzte sie am Schießstand und war dann sogar so unkonzentriert, dass sie eine Strafrunde zu wenig lief. Die Folge: eine Strafminute, so dass sie mit ihrem Partner Benedikt Doll bei der World Team Challenge nur auf dem neunten Platz landete.

„Ich denke, dass wir durch die Gruppendynamik immer mehr in Fahrt kommen und bei den Heim-Weltcups im Januar in Oberhof und Ruhpolding dann zeigen, was wir drauf haben“, sagte Denise Herrmann. Laura Dahlmeier drückt ihr die Daumen. In ihrer neuen Freiheit.