Gelsenkirchen. Marte Olsbu Röiseland und Vetle Sjastad Christiansen gewinnen die World Team Challenge im Biathlon auf Schalke. Laura Dahlmeier wird Vierte.

Als Laura Dahlmeier ihre letzten Meter in der Schalker Arena bei ihrer Ehrenrunde zurücklegte, erhoben sich 46.412 Zuschauer im ausverkauften Rund und jubelten der Doppel-Olympiasiegerin und siebenmaligen Biathlon-Weltmeisterin zu. Es war eine große Abschiedsgala für eine der erfolgreichsten Sportlerinnen der Biathlon-Geschichte, die am Samstag auf Schalke ihre Karriere beendete. Und fast wäre die 26-Jährige, die schon seit acht Monaten nicht mehr biathlonspezifisch trainiert, sogar noch mal auf dem Podest gelandet. Am Ende konnte Laura Dahlmeiers Partner Philipp Nawrath auf der letzten Runde das Tempo nicht mehr halten und fiel von Platz zwei noch auf den vierten Rang zurück.

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Der Sieg bei der 18. Auflage des Showevents ging an Marte Olsbu Röiseland und Vetle Sjastad Christiansen aus Norwegen. Zweite wurde das Team aus der Ukraine vor Frankreich. Das zweite deutsche Duo Denise Herrmann und Benedikt Doll wurden nur Neunte.

Laura Dahlmeier beim Schießen treffsicher

Laura Dahlmeier zeigte eine unglaublich starke Leistung. In der Loipe hielt sie mit der Weltspitze mit und am Schießstand war sie überragend. 40 Schüsse – nur ein Fehler. Immer noch Weltklasse. „Es ist ganz gut gegangen“, sagte Laura Dahlmeier. Sie ist der zurückhaltende Star. Laute Sprüche sind nicht ihr Ding. „Als ich zum letzten Schießen kam, ist mir bewusst geworden, dass meine Karriere jetzt zu Ende geht. Ich wollte mich nicht mit einem Fehler verabschieden. Es ist mir gelungen. Schön war’s.“

Ihr Partner Philipp Nawrath, der kurzfristig für den erkrankten Erik Lesser eingesprungen war, entschuldigte sich nach dem Rennen: „Schade, dass ich noch zurückgefallen bin. Aber ich bin sehr glücklich, an diesem Abschied von Laura dabei gewesen zu sein.“

Schon als Laura Dahlmeier auf Schalke einlief, bebte die Arena. Mit riesigem Beifall begrüßte die Biathlon-Gemeinde ihre stille Göttin – und die Veranstalter spendierten dem scheidenden Superstar der Szene ein erstes Feuerwerk. Und weil ihre Karriere so einzigartig war, wurde das Publikum mit einem Märchen der goldenen Laura eingestimmt. Kinder erzählten auf der großen Videowand die Geschichte. Natürlich begann sie mit „es war einmal“. Die Bösewichter Müdigkeit, Niederlagen und Erschöpfung verscheuchte sie in ihrer Karriere. Keine trainierte härter wie sie. Und wie endete das Märchen der goldenen Laura? Sie wählt den Weg hinter den sieben Bergen, weil sie schauen will, wie es dort aussieht. Bisher hat sie hinter den sieben Bergen schon ein Sportstudium begonnen und probiert sich als TV-Expertin für das ZDF aus.

Seit März hat sie kein Biathlon-Training absolviert. Und doch hat sie bei ihrem Abschiedsrennen bewiesen, dass sie topfit ist. Auf der Couch liegen, das liegt ihr nicht. „Das bin ich nicht. Das geht nicht“, sagt sie. Und so hat sie sich fast nebenbei für die Weltmeisterschaft im Berglauf qualifiziert.

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„Ich werde mein Bestes geben, um ein perfektes letztes Rennen zu laufen. Zwingend gewinnen muss ich nicht, es ist schon großartig, dabei zu sein“, sagte Dahlmeier kurz vor dem Start am Samstag auf Schalke. „Man merkt, wie das Herz schneller schlägt. An Heiligabend und am zweiten Weihnachtstag habe ich mir mal das Gewehr genommen. Hat sich gar nicht so schlecht angefühlt.“

Aus dem guten Gefühl wurde ein sensationelles Rennen schon im ersten Teil der World Team Challenge. Als einzige Starterin schoss Laura Dahlmeier viermal die Null. Kein Fehler im Liegen, kein Fehler im Stehen. Sensationell. Und so beendete sie die erste Halbzeit auf Schalke mit ihrem Partner Philipp Nawrath auf dem zweiten Platz.

„Bis jetzt fühlt es sich sehr gut an“, sagte Laura Dahlmeier. Wir sind vorne mit dabei, aber der spannende Teil in der Verfolgung kommt erst noch. Bisher war es nur Aufwärmprogramm. Ich habe versucht, auf der Strecke Druck zu machen. Es ist nicht so einfach, man kann nur schwer überholen.“

Dahlmeier: Fehler beim Schießen im Stehen

Und was machte Laura Dahlmeier, als sie in der zweiten Halbzeit, dem Verfolgungsrennen, zum ersten Mal zum Liegendschießen kommt? Treffer, Treffer, Treffer, Treffer, Treffer. Die Zuschauer tobten. In der Pause sagen sie sogar „Oh wie ist es schön“.

Aber auch eine Laura Dahlmeier ist nicht fehlerlos. Bei ihrem zweiten Schießen – diesmal im Stehen – zielte sie einmal knapp daneben, blieb aber weiterhin mit ihrem Partner Philipp Nawrath auf dem ersten Platz. Leider patzte Philipp Nawrath auch einmal, so dass das norwegische Duo Marte Olsbu Roiseland und Vetle Sjastad Christiansen die Top-Position übernahm. 8,8 Sekunden vor dem deutschen Duo.

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Auch wenn Laura Dahlmeier in der Loipe nicht mehr so frisch aussah wie zu Beginn des Rennens, zeigte sie beim nächsten Schießen, was sie in den vergangenen Jahren auszeichnete. Sie versteht es wie keine andere, sich auf den Punkt zu konzentrieren und trotz hohen Pulses die Scheiben zu treffen. Fünfmal legt sie an, fünfmal trifft sie – nur noch fünf Sekunden Rückstand auf die Norweger.

46.000 Zuschauer feiern Laura Dahlmeier

Und dann war Philipp Nawrath wieder an der Reihe. Erneut ließ er eine Scheibe stehen, so dass er Laura Dahlmeier als Zweite mit einem Rückstand von 20 Sekunden auf die Strecke schickt. Es war die letzte Wettkampfrunde der Laura Dahlmeier – und so holte sie noch einmal alles aus ihrem Körper heraus. Angefeuert von über 46.000 Zuschauern. Das hilft, das beflügelt.

Und auch bei ihrem letzten Wettkampf-Schießen blieb sie fehlerlos. „Unfassbar“, entfuhr es dem Stadionsprecher Herbert Fritzenwenger, der 2002 gemeinsam mit Schalkes Manager Rudi Assauer das Biathlon-Spektakel erfunden hatte. Als Laura Dahlmeier ihre letzten Meter in der Loipe absolvierte und auf Philipp Nawrath wechselte, stand der Großteil der Zuschauer auf und sang ein weiteres Mal: „Oh wie ist es schön!“

Philipp Nawrath unterlief ein weiterer Fehler und so klappte es doch nicht mit dem erhofften Sprung auf das Podium. Nawrath musste erst den Ukrainer Dimitri Pidruschni passieren lassen und fiel im Schlussprint auch noch hinter den Franzosen Antonin Guigonnat auf den vierten Platz zurück. Die Zuschauer störte es nur wenig. Sie feierten Laura Dahlmeier, als wenn sie gewonnen hätte.