Doha. Rekord-Leistungen, aber auch eine Rekord-Hitze bestimmten die Leichtathletik-WM in Katar. Nun geht der Blick Richtung Olympia und Fußball-WM.

Um kurz nach 8 Uhr hob der Airbus A380 von Doha Richtung Frankfurt ab. In dem Flieger saßen neben Trainern und Angehörigen auch zahlreiche deutsche Leichtathleten. Darunter Sprinterin Gina Lückenkemper und Johannes Vetter, der am Sonntag noch WM-Bronze im Speerwurf gewonnen hatte, sowie die 5000-Meter-Dritte Konstanze Klosterhalfen. Ohne die sportliche Herausforderung hielt sie nichts in dem Land, das alles versucht hatte, sich als Gastgeber für sportliche Großereignisse zu beweisen. Doch was bleibt von dieser Weltmeisterschaft in Katar? Ein Überblick.

Die deutsche Bilanz

Schon vor dem Start der WM hatte der Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) Rückschläge verkraften müssen: Mehrere potenzielle Medaillenkandidaten hatten verletzungsbedingt abgesagt. DLV-Präsident Jürgen Kessing nannte die Bilanz noch vor den abschließenden Medaillen von Vetter und Malaika Mihambo (Gold im Weitsprung) am Sonntag „gut durchwachsen“. Er sagte: „Wenn man bedenkt, dass das Team nicht komplett war, was die Leistungsträger angeht, haben sich unsere Athleten bei der WM hervorragend geschlagen.“

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Insgesamt belegte Deutschland Rang acht im Medaillenspiegel, holte zweimal Gold und viermal Bronze. Damit ist die Bilanz sogar besser als vor zwei Jahren. In London gab es einmal Gold, zweimal Silber und zweimal Bronze. Besonders erfreulich: In Niklas Kaul (21) und Konstanze Klosterhalfen (22) gehörten zwei Athleten einer neuen Generation zu den Medaillengewinnern.

Die neuen Stars

Die Leichtathletik sucht zwar weiter einen Nachfolger für Superstar Usain Bolt, doch in Doha machten neue Gesichter auf sich aufmerksam. Allen voran: Noah Lyles. Der 22 Jahre alte US-Amerikaner ist der schnellste Mann über 200 Meter und ähnelt in seiner lässig-schelmischen Art dem großen Bolt. Außerdem ist er nicht durch verpasste Dopingtests aufgefallen wie 100-Meter-Weltmeister Christian Coleman (23). Ebenfalls Starpotenzial hat der Norweger Karsten Warholm, der Mann mit Wikinger-Hut, Weltmeister über 400 Meter Hürden. Bei den Frauen überzeugte Dina Asher-Smith. Die Britin gewann Silber über 100 und Gold über 200 Meter.

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Erkenntnisse für Tokio 2020

„Insgesamt war es für mich eine der schwersten und herausforderndsten Weltmeisterschaften mit einem späten Termin, extremen klimatischen Bedingungen für die Straßenwettbewerbe und einem Zeitplan, der nicht unbedingt auf uns ausgerichtet war“, sagte DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska. Doch er weiß auch: In zehn Monaten bei den Olympischen Spiele in Japan werden die Bedingungen sogar schlechter sein. Die Luftfeuchtigkeit ist noch höher, die Temperaturen ebenfalls, das Stadion wird nicht klimatisiert sein.

DLV-Mannschaftsarzt Andrew Lichtenthal betont daher, wie wichtig es sei, weiterhin das Hitzemanagement der Athleten zu optimieren – zum Beispiel durch spezielles Training in Hitzekammern.

Blick auf die Fußball-WM 2022

Das Gute ist: Die WM der Fußballer findet vom 21. November bis 18. Dezember statt. Da herrschen in Katar Temperaturen zwischen 14 und 25 Grad. Ein anderes Problem aber wird bleiben: Das Zuschauerinteresse bei der WM war gering, selbst wenn zum Fußball mehr Fans kommen sollten – echte Stimmung wird es schwer haben. Dagmar Freitag, Sportausschussvorsitzende des Bundestages, gibt zu bedenken: „Ob Fans aus anderen Ländern Lust haben, die Vorweihnachtszeit in der Wüste zu verbringen, versehe ich mal mit einem Fragezeichen.“

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Sebastian Coe, Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes, urteilte kurz vor Ende der WM: „Die einhellige Meinung war, dass das Projekt-Management hier großartig war.“ Und auch die Fifa betont in Hinblick auf 2022: Die Zusammenarbeit mit den katarischen Behörden läuft bestens. Doch ein Problem könnte die Infrastruktur werden. Zwar wird derzeit die erste U-Bahn Katars gebaut, doch das Hauptverkehrsmittel ist das Auto. Die Straßen sind ständig verstopft. Doch spricht man Menschen vor Ort, klingen sie zuversichtlich: Bis zur WM wird alles fertig, alle lieben Fußball.

Was bleibt sonst in Erinnerung?

Die Auftritte der starken Mütter: Ob Nia Ali (USA) im Hürdensprint, Shelly-Ann Fraser-Pryce (Jamaika) über die 100 Meter, Allyson Felix (USA) mit der Mixed-Staffel oder die Deutsche Christina Schwanitz im Kugelstoßen – nur einige Beispiel für Athletinnen, die sich nach der Geburt ihrer Kinder eindrucksvoll zurückmeldeten. Für einen besonderen Fairplay-Moment sorgten zwei 5000-Meter-Läufer: Der abgehängte Braima Suncar Dabo aus Guinea-Bissau schleppte seinen völlig entkräfteten Gegner Jonathan Busby mit ins Ziel, schob ihn sogar vor sich über die Ziellinie.