Paris. Alexander Zverev ist bei den French Open im Viertelfinale gescheitert. Er unterlag dem Weltranglistenersten Novak Djokovic in drei Sätzen.
Es war ziemlich genau eine Dreiviertelstunde gespielt auf dem Centre Court von Paris – und die Dinge standen gut für Alexander Zverev. Zverev führte 5:4 gegen den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic, er schlug auf, er führte 30:15, nur noch zwei Punkte fehlten zum 1:0-Satzgewinn. Dann versuchte der Deutsche etwas überraschend sein Glück mit einem Stoppball, Djokovic allerdings ahnte das Vorhaben, er gewann den Ballwechsel. Es stand 30:30.
Zverev war anfangs der bessere und aggressivere Mann
Und plötzlich war alles ganz anders in diesem Viertelfinalspiel bei den French Open. Zverev, anfangs der bessere und aggressivere Mann, der überzeugendere der beiden Spieler, gab seinen Aufschlag postwendend zum 5:5 ab, er verlor entnervt Spiel um Spiel. Innerhalb von wenigen Minuten drehte und wendete sich das ganze Duell, Zverev erholte sich nie mehr von der verpassten Satzführung, am Ende ging er geschlagen mit 5:7, 2:6 und 2:6 in 129 Minuten vom Platz. Das Abenteuer French Open war beendet. „Es war ein entscheidender Moment, Ende des ersten Satzes“, sagte Zverev in einer ersten Reaktion, „wenn man gegen ihn in Rückstand gerät, wird alles noch einmal viel schwerer.“ Insgesamt habe Zverevs Energiemanagement auch bei diesem Grand Slam nicht gestimmt, konstatierte Eurosport-Experte Boris Becker, „in den ersten Runden hat er zu viel Kraft verbraucht. Das merkt man dann gegen einen wie Djokovic irgendwann schon.“
Deutsches Tennis-Doppel Krawietz/Mies im Finale
Als erstes deutsches Tennis-Doppel seit 26 Jahren sind Kevin Krawietz und Andreas Mies bei den French Open in das Endspiel eingezogen. Der 27 Jahre alte Coburger Krawietz und der 28 Jahre alte Kölner Mies gewannen am Donnerstag gegen die Argentinier Guido Pella und Diego Schwartzman 7:5, 6:3. Im Kampf um den Titel treffen Krawietz und Mies am Samstag auf die Franzosen Jeremy Chardy und Fabrice Martin. Letzte deutsche Doppel-Finalisten bei dem Grand-Slam-Turnier in Paris waren Marc-Kevin Goellner und David Prinosil 1993. (dpa)
Zverev war damit raus aus der Pokal-Verlosung in Paris, gescheitert wie im Vorjahr in der Runde der letzten Acht, damals war der Österreicher Dominic Thiem der Spaßverderber für den 22-jährigen Hamburger gewesen. Thiem, der spätere Finalist von 2018, ist nun auch der Halbfinalgegner von Djokovic, der vorletzte Mann, der den Weltranglisten-Ersten bei seinem Versuch aufhalten kann, wieder alle vier Grand Slam-Titel gleichzeitig in seinen Besitz zu bringen - so wie schon einmal 2015 und 2016. Thiem, am Donnerstag 6:2, 6:4, 6:2-Sieger gegen den Russen Karen Chatschanov, und Djokovic müssen an diesem Freitag genauso zurück an ihren Arbeitsplatz im roten Sand wie Roger Federer und Rafael Nadal – die beiden Titanen greifen allerdings erst nach einer zweitägigen entspannten Ruhepause wieder ins Geschehen bei den Internationalen Französischen Meisterschaften ein.
Verhängnisvolle 20 Minuten für Alexander Zverev
Zverev wird der Kontrollverlust in der Schlussphase des ersten Satzes noch ein wenig im Kopf herumspuken. Schließlich hatte er den Djoker bis dahin erstaunlich gut im Griff, der Schlaks spielte gegen den Turnier-Mitfavoriten ähnlich druckvoll und couragiert auf wie bei seinem bisher größten Tennismoment, wie beim Triumph im WM-Finale letzten November – auch gegen Djokovic. „Er nimmt sein Herz in die Hand. Er diktiert das Match sogar“, sagte Analyst Becker. Zverev hatte in beinahe jedem der ersten Aufschlagspiele von Djokovic seine Chancen, aber das Break gelang ihm erst zum 5:4. Es folgten die verhängnisvollen 20 Minuten, die Zverev einen Satzrückstand, aber auch gleich ein 0:3-Defizit im zweiten Akt einbrachten. Es war ein Nackenschlag, ein schwerer Punch gegen die eigene Moral.
Man spürte, dass Zverevs Beine auf einmal schwerer wurden, jeder Schritt etwas mehr weh tat als zuvor. „Er fightet zwar weiter, aber der letzte Glaube fehlt ihm plötzlich. Innerlich ist da was bei ihm zerbrochen“, sagte Beobachter John McEnroe, wieder einmal für diverse TV-Stationen in Paris im Einsatz. Symptomatisch für Zverevs Labilität, für die mentale Abwärtsspirale, war das letzte Aufschlagspiel im zweiten Satz. Da summierte der Hamburger gleich drei Doppelfehler in seine Bilanz auf, zwei davon hintereinander zum 0:2-Rückstand.
Nun fährt Zverev nach Halle
Djokovic ließ nicht mehr viel anbrennen danach, er dominierte die Partie nun. Zwei Leichtsinnsfehler von Zverev halfen dem Capitano dann zum entscheidenden 4:2-Break im dritten Durchgang. Trainervater Alexander Zverev senior packte da schon auf der Tribüne sein Handtuch zusammen, er wusste, dass es vorbei war. Und das war es auch, mit dem nächsten Break zum 6:2 für Djokovic. Die Fans auf dem Centre Court verabschiedeten Zverev mit warmem Applaus. Aber es blieb nur ein schwacher Trost. Nächster Stopp für Zverev: Das Rasenturnier in Halle ab dem übernächsten Wochenende.