Berlin. Gegen Russland reicht es nur zu einem 22:22. Bei einer Niederlage gegen Frankreich wäre das Weiterkommen in Gefahr.
Als die Partie längst vorbei war, wurden sie doch noch gefeiert. Andreas Wolff schritt über das leere Spielfeld, und als Uwe Gensheimer seine TV-Interviews am Seitenrand beendet hatte, applaudierten die Zuschauer in der Arena am Berliner Ostbahnhof auch ihm zu. Beide, der Torwart und der Linksaußen, lächelten für den Bruchteil einer Sekunde tapfer zurück, obwohl ihnen in diesem Moment alles andere als zum Feiern zumute war. Dieses 22:22 (12:10) gegen Russland im dritten Spiel der Handball-WM fühlte sich vielmehr wie eine Niederlage an.
Und das Unentschieden könnte schwerwiegende Folgen haben: Mit einem Erfolg oder Unentschieden am Dienstag (20.30 Uhr/ZDF) gegen Titelverteidiger Frankreich hätte das Team von Bundestrainer Christian Prokop die Hauptrunde in Köln erreicht. Bei einer Niederlage wäre dieses Vorhaben allerdings in Gefahr. Wie man es auch dreht und wendet: Die deutschen Handballer stehen nun enorm unter Druck.
Fäth vergibt letzten Freiwurf
Entsprechend gedämpft war die Stimmung nach der Partie. „Da war mehr drin“, haderte Rückraumspieler Paul Drux. „Wir haben mehrmals mit zwei und drei Toren geführt und es selbst aus der Hand gegeben”, meinte Fabian Wiede. Nur Fabian Böhm blieb zuversichtlich: „Das war nur ein kleiner Dämpfer, aber kein herber Rückschlag. Das Turnier geht weiter.“
Was sollten sie auch anderes sagen? Paul Drux hatte in der finalen Minute jenen laschen Pass gespielt, der in den Armen von Russlands Dmitrii Zhitnikov landete und zum 21:21 führte. Böhm traf danach zur erneuten Führung, Russland glich wieder aus. In der Schluss-Sekunde hatte Steffen Fäth eine letzte Chance. Doch sein Freiwurf blieb in der russischen Abwehr hängen.
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„Wie waren einfach nicht so konsequent wie erhofft, nicht cool genug, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, ärgerte sich Bundestrainer Christian Prokop. Wie wahr: Nach den lockeren Erfolgen gegen Korea (30:19) und Brasilien (34:21) stieß das deutsche Team gegen Russland von Beginn an auf deutlich mehr Gegenwehr.
Die bisher so starke Abwehr um den Mittelblock Hendrik Pekeler/Patrick Wiencek hatte mit den beweglichen Russen einige Mühe. Zudem verteidigten die Russen deutlich besser als zuletzt noch bei ihrem 34:27-Erfolg gegen Korea.
Das stete Hin und Her der Startphase sollte über volle 60 Minuten Bestand haben. 8:8, 9:9, 10:10 – erst in der vorletzten Minute vor der Pausensirene stellte Hendrik Pekeler den zwischenzeitlichen Zwei-Tore-Abstand mit dem 12:10 her.
Deutschland fehlt am Ende fehlt die Cleverness
Torhüter Andreas Wolff hatte da schon mehrmals enttäuscht abgewunken, in den ersten 30 Spielminuten konnte er nicht an seine zuvor starken Turnierleistungen anknüpfen. In der Startviertelstunde parierte der 27-Jährige lediglich einen Wurf.
Auch in der Offensive haperte es gegen die russische 5:1-Abwehr. „Wir haben vorne einfach keine Lösung gefunden und unsere Taktik nicht gut umgesetzt“, monierte Kreisläufer Patrick Wiencek. Und selbst wenn Gensheimer, bester Werfer mit acht Toren, Steffen Weinhold (3) oder Pekeler (2) trafen, hatten die Russen immer eine Antwort parat. Silvio Heinevetter, für zwei Siebenmeter zwischenzeitlich kurz ins Tor gerückt, fasste es so zusammen: „Wir wussten, dass uns die Russen das gesamte Spiel über am Arsch hängen würden. So ist es passiert, am Ende waren wir dann einfach nicht clever genug.“
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Das wusste auch Drux, der noch länger an seinem vielleicht spielentscheidenden Fehlpass knabberte. „So ein Fehler darf mir nicht passieren, das geht voll auf meine Kappe. Aber das ist der Sport, das gehört dazu. Das müssen wir jetzt abhaken.“
Nun also geht es gegen Frankreich, gegen den Weltmeister. „Wir wollen unsere Stärken gegen die Franzosen ausspielen“, sagte Prokop nach dem Spiel. „Es ist eine gute Mannschaft, aber auch wir haben uns hier etwas aufgebaut. Das lassen wir uns nicht kaputtreden.“