Essen. Pyeongchang war der Auftakt zur asiatischen Olympia-Trilogie – und für die deutschen Athleten auch eine sportliche Erfolgsgeschichte.

Die Olympischen Spiele sind nach Südkorea gekommen, aber es ist wenig von ihnen geblieben. In Pyeongchang wurde das für die Eröffnungs- und Schlussfeier errichtete Olympiastadion längst abgebaut. Im 40 Busfahrtminuten entfernten Gangneung ist der Olympische Park mit dem Eishockeystadion nur noch ungenutztes Areal. Es ist die zweite Seite der Olympiamedaille, die für Thomas Bach jedoch nur eine hat. „Großartige und erfolgreiche Spiele“, nannte der IOC-Präsident die 17 Februar-Tage, „Südkorea hat die Olympischen Winterspiele auf ein neues Niveau gehoben.“

Der Gigantismus ist noch nicht der Nachhaltigkeit gewichen

Die rituelle Klassifizierung am Abschlusswochenende war für den mächtigsten Funktionär im Weltsport nicht der Zeitpunkt, sich zu fragen: Worauf steuert dieser Koloss Olympia eigentlich zu? Pyeongchang kann darauf nicht die letzte Antwort sein. Es war aber der Auftakt der asiatischen Fünf-Ringe-Trilogie, mit der das IOC noch 2020 in Tokio und 2022 in Peking neue Märkte erschließen will, die aber die politische, wirtschaftliche und ökologische Misere verdeutlicht. Der Gigantismus ist noch nicht der Nachhaltigkeit gewichen. Olympia hat ein Glaubwürdigkeitsproblem, das gilt vor allem für den Winter.

Südkoreaner waren freundliche Olympia-Gastgeber

Dabei ist den Südkoreanern nicht vorzuwerfen, dass nur die wenigsten von ihnen vor den Spielen schon mal Berührung mit Biathlon, Skispringen oder Rodeln hatten. Sie waren freundliche Gastgeber, sie haben die Spiele sogar nur für ein Fünftel der Ausgaben von Putins Prunkspielen vier Jahre zuvor in Sotschi (rund 50 Milliarden Euro) perfekt organisiert. Friedliche Spiele, woran im Januar auch noch die spätere zweimalige Biathlon-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier gezweifelt hatte: Pyeongchang liegt weniger als 100 Kilometer südlich des 38. Breitengrads. Doch statt Drohungen schickte Diktator Kim Jong-un aus dem verfeindeten Norden am Ende nur die „Army of Beau­ties“, 230 in Rot gekleidete Cheerleaderinnen.

Schwarz-rot-goldene Erfolgsgeschichte in Pyeongchang

Sportlich war Pyeongchang für Schwarz-Rot-Gold sogar eine Erfolgsgeschichte. Auch wenn die Stimmung an den Wettkampfstätten oft frostig war, ging es bei 31 Medaillen, davon 14 goldene, abends im Deutschen Haus heiß her – so viele gab es im Winter noch nie für die dort beheimateten Athleten. Sie lieferten Heldenstücke ab (das komplette Podium der Kombinierer Rydzek, Rießle und Frenzel oder Wellingers Skisprung-Gold bei minus 25 Grad um 1 Uhr nachts), sie begeisterten mit Comebacks (die Jahrhundertkür der Eiskunstläufer Savchenko/Massot), sie sorgten aber auch für Tragödien (dem Eishockey-Team fehlten ge­gen Russland nur 55 Sekunden zu Gold).

 Aljona Savchenko und Bruno Massot in Pyeongchang
Aljona Savchenko und Bruno Massot in Pyeongchang © REUTERS | LUCY NICHOLSON

Das war das Olympia, das auch mehr als 8000 Kilometer entfernt in Europa große Emotionen hervorrief. Doch dort und in Nordamerika, wo der Schneesport fest verankert ist, trifft die olympische Idee immer mehr auf Ablehnung. Jüngst hat die Bevölkerung Calgarys für 2026 wie schon zuvor Innsbruck, Graz oder Sion dankend abgelehnt. Bei den verbleibenden Kandidaten zögert die Politik (Stockholm) oder ist die Finanzierung ungewiss (Cortina d’Ampezzo/Mailand). Beim Abschied aus Pyeongchang wünschte sich Thomas Bach für 2026 die Rückkehr „in ein traditionelles Wintersportland“. Nur findet sich dafür momentan keines.