London. . Deutschlands Tennis-Star Alexander Zverev wird kompromisslos zur globalen Marke aufgebaut. In Wimbledon muss er erfolgreicher sein als bisher.
Wer in den Tagen vor dem Start der 131. All England Championships in Wimbledon etwas über den Gemütszustand oder die Zielsetzung des besten deutschen Tennisspielers wissen wollte, der musste britische Medien nutzen. Der renommierte Daily Telegraph beschrieb die Familiengeschichte des Alexander Zverev. Die BBC, Hausberichterstatter des dritten Grand-Slam-Turniers der Saison, bekam ein exklusives TV-Interview. Die Anfragen der deutschen Medien an den 20 Jahre alten Weltranglistenzwölften dagegen, der an diesem Dienstag gegen den Russen Jewgeni Donskoj (27), die Nummer 98 der Tennis-Welt, zum dritten Mal in seiner Karriere ins Wimbledon-Hauptfeld startet, wurden abgelehnt.
Erfolg ist die einzige Währung
Zverevs Manager Patricio Apey findet, dass das der richtige Weg ist, um das zu erreichen, was sich das Team um den 198-Zentimeter-Schlaks vor vier Jahren vorgenommen hat: den Sprung in die Elite der Tenniswelt. „Sascha soll sich darauf konzentrieren, wie er den maximalen Erfolg erzielen kann, denn das ist die beste Werbung und die einzige Währung, die am Ende zählt“, sagt der Chilene. Wer ihn nach der Bedeutung des Heimatmarktes Deutschland für seinen Schützling fragt, der erhält eine höfliche Antwort. „Der deutsche Markt ist sehr wichtig für uns.“ Es klingt so, als würde Donald Trump behaupten, Klimaschutz sei eine tolle Sache, aber es sollten sich bitte andere darum kümmern.
Auf die Frage, wo seine Heimat sei, kann Zverev keine klare Antwort geben. Deutsch, russisch, eigentlich aber international fühle er sich, sagt er. Geboren ist er in Hamburg, doch weil die Eltern Alexander senior und Irina, in der Sowjetunion selbst Tennisprofis, mit ihrem älteren Sohn Mischa (29) früh auf die Profitour starteten, wuchs der Jüngere als Weltbürger auf. Hauptwohnsitz der Familie ist Florida, die Brüder besitzen zudem Wohnungen in Monaco. In Hamburg sind sie nur noch wenige Tage im Jahr. Zuhause ist für Alexander dort, wo die Familie ist.
Während Mischa, der am Dienstag gegen den Australier Bernard Tomic antritt, ohne Manager auskommt und stets ansprechbar ist, macht Alexander sich, vor allem auf Anraten von Apey, rar. Die Fakten geben ihnen recht. „Wir haben uns immer wieder neue Ziele gesetzt und gesagt, dass wir uns 18 Monate dafür Zeit geben. Aber Sascha hat sie innerhalb von sechs Monaten erreicht. Deshalb glaube ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt der Manager. Sein Ziel war schon vor vier Jahren, den Shootingstar zur globalen Marke aufzubauen. Da muss man den Kollateralschaden, dass Zverev hierzulande bisweilen als arrogant wahrgenommen wird, in Kauf nehmen.
Ehrgeizig und selbstbewusst
Und tatsächlich tut Zverev Unrecht, wer dessen partiell unreifes Auftreten als Arroganz abtut. Er hasst Verlieren, gleichzeitig glaubt er auch gegen die Branchenriesen wie Novak Djokovic, gegen den er im Mai in Rom sein erstes Masters-Finale gewann, fest an seine Siegchance. Diese Mischung aus grenzenlosem Ehrgeiz und hohem Selbstbewusstsein zeichnet Spieler aus, die die Härte haben, es an die Spitze zu schaffen. Und während deutsche Medien und Fans manchmal greinen, ist der Hoffnungsträger des nationalen Tennis international durchaus angesehen. Sein Stellenwert als Gesicht der „Next Gen“, der nächsten Generation, ist auch in Wimbledon spürbar.
Alexander Zverev will so schnell wie möglich den nächsten Schritt schaffen und erstmals die zweite Woche eines Majorturniers erreichen. Irgendwann wird er diese Turniere gewinnen. Dann dürfte Apey auf das verweisen, was er kürzlich sagte: „Wenn du ein Grand-Slam-Turnier gewinnst, dann fragt keiner mehr nach deinem Image.“