Charlotte/Denver. Der Super Bowl 50 im kalifornischen Santa Clara wird ohne den deutschen Sebastian Vollmer stattfinden. Seine New England Patriots unterlagen Denver.

Das 50. Endspiel um die Meisterschaft in der nordamerikanischen Football-Profiliga NFL hält eine Paarung bereit, die zu Saisonbeginn nicht viele auf dem Zettel hatten: Denver Broncos gegen Carolina Panthers.

Das Team um den Shooting-Star-Spielmacher Cam Newton aus Charlotte deklassierte im Halbfinale die Arizona Cardinals mit 49:15. Zuvor hatten sich die Broncos unter Federführung von Altstar Peyton Manning mit einem hauchdünnen 20:18-Sieg gegen Titelverteidiger New England Patriots die Finalteilnahme gesichert. Manning gegen Newton - verschiedener könnten die Haupt-Charaktere vor dem Start am 7. Februar im kalifornischen Santa Clara kaum sein.

17. Duell zwischen Manning und Brady

In Denver standen mit Peyton Manning (39) für die Gastgeber und Ober-Patriot Tom Brady (38) die dominierenden Quarterbacks der Gegenwart unter Sonderbeobachtung. In ihrem 17. Aufeinandertreffen wollte Brady, der schon 2002, 2004, 2005 und 2015 die begehrte Vince Lombardi-Trophäe in den Händen hielt, die Weichen für einen fünften Titel stellen - was in der Geschichte des trotz aller Gehirnerschütterungen immer noch beliebtesten amerikanischen Profi-Sports noch kein Ballverteiler geschafft hat.

Manning, der vor seinem Wechsel nach Colorado für die Indianapolis Colts auflief und dort 2007 seinen bisher einzigen Titelring erkämpfte, suchte in seinem mutmaßlich letzten Halbfinale den krönenden Karriere-Abschluss: noch einmal das Super Bowl-Ticket lösen.

Broncos-Defense setzt Brady stark unter Druck

Allein, von der ersten Minute an stand das Spiel des Perfektionisten Brady unter einem miserablen Stern. Auffällig oft fehlte seinen Pässen die Präzision. 16 Mal bedient er etwa James White, der aber nur fünf mal fing. Zweimal wurden Bradys Vorlagen direkt vom Gegner abgefangen (Interceptions). Viermal rissen die gegnerischen Verteidiger den 1,93 Meter großen Modell-Athleten zu Boden (Sacks), 20 weitere Male behinderten sie massiv seinen Spielradius. Mit einem Wort: katastrophal.

Was sicher damit zu tun hatte, dass Brady sich in der dünnen Höhenluft des Mile High Stadiums (1500 Meter) von Denver oft wie in Zeitlupe bewegte. Die Hauptschuld traf aber seine „Bodyguards“. Sie ließen die wieselflinken Attacken der Broncos zu. Vor allem Ware und Miller vergriffen sich fast nach Belieben an dem Ehemann des Models Gisele Bündchen.

Sebastian Vollmer verpasst das Finale

Die Miene von Patriot-Trainer Bill Belichik wurde minütlich finsterer. Auch weil der aus Düsseldorf stammende Offensive Lineman Sebastian Vollmer (31), der 2015 als erster Deutscher die Super Bowl gewann, seiner einzigen Aufgabe, Brady vor Unbill zu schützen, nur sporadisch nachkam.

Erst wenige Sekunden vor Schluss blitzte Bradys Ausnahmekönnen auf, als er dem baumlangen Ron Gronkowski in der Endzone das Ei in die Hände dirigierte und den Rückstand auf 18:20 verkürzte. Das anschließende Bemühen, sich über einen Zwei-Punkt-Versuch in die Verlängerung zu retten, misslang kläglich. Brady schlich konsterniert und stumm in die Kabine. Manning stand stolz und verwundert zugleich im Blitzlichtgewitter.

Manning vor krönendem Karriereabschluss

Der aus einer Football-Dynastie stammende Manning spielte nicht überragend. Aber er wirkte trotz einer von Formtiefs und Verletzungen geprägten regulären Saison aufgeladen wie ein Duracell-Hase. Mit zwei gelungenen Würfen auf Owen Daniels leitete er die wichtigsten Spielzüge ein. Trainer Gary Kubiak, der Manning erst vor den Playoffs anstatt des talentierten Ersatzmanns Brock Osweiler aufgeboten hatte, durfte sich bestätigt fühlen.

Peyton Manning hält in der NFL die Rekordmarken für die meisten Touchdowns, die meisten Yards Raumgewinn und die meisten Siege. Auch wenn er die allerbesten Zeiten hinter sich hat, wird ihm im Endspiel ein Last-Minute-Sieg zugetraut. Und danach der Ritt in die Abendsonne des Ruhestands.

Newton verkörpert die neue Generation Quarterback

Aber da wäre noch Cam Newton. Schwarz, 26 Jahre jung, bärenstark, einer der Extrovertierten in der kleinen Gilde der Spielgestalter. Der trotz 1,95 Meter enorm antrittsschnelle Sprinter hat die Panthers aus Charlotte/North Carolina erneut mit beeindruckender Kaltschnäuzigkeit zum Sieg geführt.

Immer wieder erreichten seine Langstrecken-Pässe ihr Lieblingsziel: Greg Olson. Wie schon in der regulären Saison, in der Carolina nur eins von 16 Spielen verlor, wie im Playoff-Viertelfinale gegen die Seattle Seahawks, blieb der zwischen Arroganz und Genie pendelnde Großverdiener (120 Millionen Dollar für fünf Spielzeiten) und MVP-Kandidat seiner attraktiven Hochrisiko-Spielweise treu: Er steuerte in Evel Knievel-Manier zwei Touchdowns bei. Wie ein geschmeidiges Raubtier sprang Newton zweimal über seine Gegner hinweg in die Endzone.

Arizona Cardinals von Beginn an überfordert

Überragend gut waren aber auch andere, die der starken Broncos-Verteidigung Kopfzerbrechen bereiten werden. Ted Ginn zum Beispiel. Seinem Touchdown zur 10:0-Führung ging ein Zickzack-Sprint über den Platz voraus, bei dem die Gegner aus Arizona wie verbogene Slalomstangen aussahen.

Die Panthers unter Coach Ron Rivera profitierten bei ihrem nie gefährdeten Sieg von einem paralysiert und überfordert wirkenden Gegner. Arizona erlaubte sich Ballverluste am laufenden Band. Spielmacher Carson Palmer war mit dem falschen Wurfarm aufgestanden - vier Interceptions.

Trainer Bruce Arians, der nach dem sensationellen Zittersieg gegen die Green Bay Packers zuletzt noch frenetisch gefeiert wurde, blieb so stumm wie Tom Brady. Hauptgrund: Cam Newton. Was der junge Quarterback gestern vollbrachte, war sensationell. Peyton Manning dürfte schon beim Zusehen schwindelig geworden sein.