Peking. Bei der Leichtathletik-WM hat die Diskuswerferin Nadine Müller für die nächste deutsche Medaille gesorgte: Nach langer Leidenszeit holte sie Bronze.

Bevor Julia Fischer im Bauch des Pekinger Vogelnests ihre Runde durch die Mixed Zone machte, rieb sie sich noch einmal kräftig die Augen. “Nein, nein. Ich habe nicht geweint, ich habe nur Schnupfen”, sagte die Diskuswerferin zu den deutschen Journalisten. “Platz fünf bei den Weltmeisterschaften. Wenn mir das vorher jemand prophezeit hätte, wäre meine Unterschrift sofort darunter gewesen.”

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Direkt neben der 1,92 Meter langen Berlinerin stand eine weitere ebenso gut gelaunte Blondine, die ihre Teamkollegin sogar noch um einen Zentimeter überragt. Vier Jahre nach dem Gewinn der Silbermedaille bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Daegu sicherte sich Nadine Müller mit 65,53 Metern Bronze. Vor dem letzten Versuch hatte die 29-Jährige sogar auf Platz zwei gelegen, ehe sich die Kroatin Sandra Perkovic mit 67,93 Metern noch an ihr vorbei schob. Als erste Kubanerin holte Denia Caballero mit 69,28 Metern Gold.

“Nach meinem verkorksten letzten Jahr bin ich total glücklich über Bronze”, sagte Müller. “Der ganze Schweiß und die vielen Tränen der vergangenen zwölf Monate haben sich gelohnt.” Die Geschichte der Nadine Müller ist die eines schwierigen Comebacks nach langem Leiden, in denen sich Hoffen und Bangen, in denen sich Zuversicht und Zweifel manchmal innerhalb von Stunden abgewechselt haben.

Nach privatem Glück kommt für Müller sportliche Leidenszeit

Nachdem Nadine Müller am letzten Tag des Jahres 2013 ihre vier Jahre ältere Lebenspartnerin Sabine geheiratet hatte, fühlte sie sich durch das Outing befreit. Endlich musste sie ihre Liebe nicht länger verstecken. Doch dem privaten Glück folgte eine sportliche Leidenszeit. Ob Patellasehne, Hüfte oder Schulter - Der Körper der Polizeimeisterin streikte. So ließ sie fast die komplette Saison 2015 sausen, um dem lädierten Körper die erforderliche Ruhe zu geben.

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Es sollte sich lohnen. Auch wenn Geduld als größte Tugend in diesen Monaten gefragt war. “Ich kann mich erst seit Dezember wieder voll belasten”, erzählte Müller am Dienstag in Peking. “Ich bin noch lange nicht da, wo ich einmal war. Deshalb freue ich mich riesig.” Ihren besten Wurf hat sie gleich im ersten Durchgang hinbekommen. “Leider habe ich dann ein wenig den Faden verloren. Wenn man mit Krawall angreifen will, so wie ich es dann getan habe, bekommt man keine lockeren Würfe hin.”

Trotz Rückenverletzung warf sich Fischer auf Rang fünf

Auch Julia Fischer erreichte mit 63,88 Metern ihre beste Weite gleich im ersten Versuch. Doch dann gab es einen Schock-Moment für die Berlinerin. “Im dritten Durchgang ist es mir in den Rücken geschossen”, erklärte die Lebenspartnerin von Diskus-Olympiasieger Robert Harting, der nach einem Kreuzbandriss auf seine Titelverteidigung in Peking verzichtete. Für fünf Minuten musste Fischer sogar unter Aufsicht das Stadion verlassen. “Mein Rücken ist mit Wärme behandelt worden. Aber wenn der Schmerz einmal drin ist, dann ist es schwer, ihn wieder los zu werden.”

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Trotzdem ist die 25-Jährige über ihren fünften Platz “happy”, wie sie sagte. Dieser Wettkampf gebe ihr zusätzliche Motivation für das olympische Jahr. Bevor sie sich in ihrer Trainingsgruppe mit den Harting-Brüdern Robert und Christoph jedoch für das große Ziel Rio 2016 quälen wird, ist Urlaub angesagt: “Wir fahren in die USA, um Freunde zu besuchen.”