Peking. . Gleich am ersten Wettkampftag gibt es Gold für das deutsche Team in Peking. Der Wattenscheider Sprinter Julian Reus erreichte das Halbfinale.

Schon vor ihrem letzten Versuch ballte Christina Schwanitz die Faust und strahlte über ihr ganzes Gesicht. Weltmeisterin, mit diesem Ziel war sie als Weltjahresbeste im Kugelstoßen zur Weltmeisterschaft nach Peking gefahren. “Aber Hoffen und Haben sind zwei Dinge”, sagte die gebürtige Dresdnerin und schrie dann ihre ganze Freude heraus: “Ich bin Weltmeisterin.” Mit 20,37 Metern gewann die 29-Jährige den Wettbewerb mit der vier Kilo schweren Kugel und sorgte am ersten Tag der Welttitelkämpfe in der chinesischen Hauptstadt gleich für das erste Gold der deutschen Mannschaft. Erfreulich war auch der Auftritt des schnellsten Deutschen. Der Wattenscheider Julian Reus stürmte über 100 Meter in 10,14 Sekunden in das Halbfinale, das am Sonntag im Vogelnest ausgetragen wird.

Die Chinesin Lijao Gong hatte Schwanitz mit ihrem ersten Versuch unter Druck gesetzt. 20,30 Meter für die Chinesin, 19,80 Meter für Schwanitz. “Früher hätte sie ihre Nerven nicht in den Griff bekommen und wäre vielleicht nur Zwölfte geworden”, sagte ihr Trainer Sven Lang. “Heute hat sie alles im Griff und hat super gekontert.”

Schwanitz musste nicht nur gegen ihre elf Rivalinnen kämpfen, sondern auch gegen die Zuschauer im Olympiastadion. “Das ist doch klar, dass sie ihre Sportlerin unterstützen und siegen sehen wollen”, hat Schwanitz Verständnis. “Ich liebe das Land trotzdem.” Weniger Sympathie empfindet sie dagegen für Gongs Trainer Dieter Kollark. Der Neubrandenburger, der Astrid Kumbernuss zum olympischen Gold führte, betreut nämlich die Chinesin Gong. “Es sagt viel über seinen Charakter, dass er lieber Ausländerinnen trainiert als einheimische Sportlerinnen”, nahm Schwanitz kein Blatt vor den Mund. “Deshalb freut es mich umso mehr, dass ich jetzt Weltmeisterin bin.”

Reus erreicht das Halbfinale und ist zufrieden

Die beiden weiteren Titel am ersten Tag der WM gingen nach Eritrea und Großbritannien. Der erst 19-jährige Ghirmay Ghebreslassie kam im Marathon nach 2:12:28 Stunden als Erster ins Ziel. Mo Farah siegte über 10000 Meter in 27:01,13 Minuten vor den Kenianern Geoffrey Kamworor (27:01,76) und Paul Tanui (27:01,76).

Als Julian Reus in den Katakomben des Vogelnests die letzte Frage der Journalisten zu seinem Einzug ins 100-Meter-Halbfinale am Sonntag (19.10 Uhr Ortszeit/13.10 Uhr MESZ) beantwortet hatte, schulterte er seinen Rucksack und ging Richtung Ausgang. Ohne einen Blick auf die Monitore zu werfen, auf denen zu sehen war, wie Usain Bolt gerade zu seinem Vorlauf in den Startblock stieg. Aber Reus interessierte sich nicht für den 9,96-Sekunden-Auftritt des Weltrekordlers aus Jamaika. Der Wattenscheider war ganz auf sich fokussiert und sehr mit sich zufrieden an diesem Samstag in Peking. “ Ich bin eine gute Zeit gelaufen und habe mich für das Halbfinale qualifiziert. Das war ein guter Tag für mich”, sagte er. “Ich bin im Bereich meiner Saisonbestleistung gelaufen. 10,14 Sekunden -- das ist schon eine ganz ordentliche Sache.”

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Im Ziel ließ der deutsche Rekordmann seine Freude heraus. “Es war keine Erleichterung. Ich habe mich einfach gefreut, weil ich im Lauf auch schon ein gutes Gefühl hatte. Jetzt weiß ich, dass ich mich auf dieses Gefühl verlassen kann. Das ist auch schön. Das Stadion ist toll, gut gefüllt und es herrscht auch eine gute Stimmung”, erklärte Reus.

Gatlin mit schnellster Zeit in s 100-Meter-Halbfinale

Der Wattenscheider wusste schon im Vorfeld, wie schwer es würde, in diesem Klassefeld in das Semifinale vorzustoßen. 31 Sprinter -- unter ihnen auch Reus -- waren mit Zeiten zwischen 10,05 und 10,15 Sekunden gemeldet. Deshalb kann er mit Recht stolz sein, dieses Ziel erreicht zu haben. Ein Träumer ist er nicht, wie seine Einschätzung zeigt: “Was im Halbfinale noch drin ist, kann ich nicht sagen. Ich will einfach noch einmal ein gutes Rennen machen. Ich muss realistisch sein, in das Finale kann ich nicht kommen. Ich will noch einmal richtig Spaß haben. Das steht im Vordergrund.”

Mit der schnellsten Zeit kam US-Sprinter Justin Gatlin ins 100-Meter-Halbfinale. Der 33-Jährige lief in allerdings windbegünstigten 9,83 Sekunden schneller als sein großer Rivale Usain Bolt im ersten, noch indirekten WM-Duell. Der Weltrekordler aus Jamaika siegte auch in seinem Lauf und wurde in 9,96 Sekunden Fünfter aller Vorläufe. “Ich weiß, das Gatlin sehr leicht durchgekommen ist - aber es ist, wie es ist”, meinte Bolt. “Ich mache mir keine Sorgen.” Der zweimal des Dopings überführte Gatlin blickt optimistisch nach vorn: “Ich wollte schon mal den Ton angeben. Es wäre mir eine Ehre, morgen zusammen mit Usain Bolt eines der aufregendsten Rennen hinzulegen.”