Paris. . Nach ihrem Halbfinalsieg über Timea Bacsinszky muss sich Serena Williams Vorwürfe der Unsportlichkeit gefallen lassen. Im Finale wartet Lucie Safarova.

Man glaubt ja immer, Serena Williams im Laufe der Jahre schon in jeder Rolle erlebt zu haben, aber der Eindruck täuscht gewaltig. Mehr als eine Stunde lang schien sich die Amerikanerin im Halbfinale gegen Timea Bacsinszky kaum auf den Beinen halten zu können, während der Seitenwechsel lehnte sie in Eishandtücher verpackt leidend wie die Schmerzensmutter im Stuhl. In Gedanken konnte man schon die Sirene des Notarztwagens hören. Doch dann raffte sie sich scheinbar mit letzter Kraft auf und drehte die Chose. Die Schweizerin gewann nach einer vielversprechenden Führung kein Spiel mehr. Und am Ende stand die Frage, ob tatsächlich alles mit rechten Dingen zugegangen war.

„Schäm dich, Serena“, urteilte die Schweizer Presse

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Patrick Mouratoglou, Williams’ Coach, sagte später, sie leide unter einen fiebrigen Erkältung, es gehe ihr wirklich sehr schlecht. Gut möglich, aber das dramatische Wechselspiel auf dem Platz wirkte dennoch frappierend; in manchen Momenten sah es so aus, als falle die Amerikanerin gleich um. Dann erreichte sie im Sprint von der Grundlinie zum Netz einen Stoppball oder drosch ein Ass mit 190 Sachen ins gegnerische Feld.

Mats Wilander fand in seiner Analyse für Eurosport, diese Frau sei irgendwie in der Lage, Wunder zu schaffen. Aber er fand auch, die Art und Weise sei ein wenig unfair gewesen. „In einem Grand-Slam-Halbfinale sollte man der Gegnerin nicht das Gefühl geben, man könne sich nicht mehr bewegen“, meinte der TV-Experte. Die Schweizer Boulevardzeitung Blick hob mahnend den Finger und schrieb: „Schäm dich, Serena.“

Kein Vorwurf der Unterlegenen

Wie die Sache aus der Sicht von Timea Bacsinszky aussah? „Nur Serena selbst weiß, wie sie sich gefühlt hat“, sagte sie hinterher. „Ich habe gesehen, dass sie sich zwischen den Ballwechseln viel Zeit gelassen hat, aber die Schiedsrichterin hat nichts gesagt. Und wenn die nichts sagt, dann sollte man das akzeptieren. Ich hab jedenfalls nie gedacht, dass mich Serena mit Absicht aus dem Rhythmus bringen will.“ Und dann fügte sie noch einen Satz an, der so gut klang, dass man darüber die ganze hollywoodreife Dimension des Spiels vergessen konnte. „Sie hat den Sieg verdient“, sagte Bacsinszky, „weil sie Lösungen gegen ein kleines Schweizer Mädchen gefunden hat, das alles versucht hat, um ihr eine Aufgabe zu geben.“

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Diese Frau, das wurde auch zum Abschied noch mal deutlich, ist die Entdeckung des Frauentennis in diesem Jahr: sensibel, gewitzt, selbstbewusst und mit ihrem variablen, mutigen Spiel auch auf dem Platz eine Bereicherung.

Von Serena Williams war nach dem Spiel nicht mehr viel zu hören. Zwei Stunden später ließ sie eine Erklärung verbreiten, in der sie ihr Fehlen bei der Pressekonferenz entschuldigte. Es gehe ihr seit einigen Tagen nicht gut, deshalb habe sie nach dem anstrengenden Spiel den Turnierarzt aufsuchen müssen. Aber: „Ich bin entschlossen, zum Finale am Samstag gegen Lucie (Safarova, d.Red.) 100 Prozent bereit zu sein.“

Erstes großes Finale für Safarova

Das könnte nun gerade wegen dieser Vorgeschichte eine höchst interessante Geschichte werden. Lucie Safarova ist im Kreise der Kolleginnen eine der beliebtesten Spielerinnen. Man kann davon ausgesehen, dass sie von einer Menge guter Wünsche ins erste Grand-Slam-Finale ihrer Karriere begleitet werden wird. Während Serena Williams am Freitag versuchte, wieder zu Kräften zu kommen, stand die Tschechien bei 30 Grad auf dem Platz und zog an der Seite ihrer amerikanischen Partnerin Bethanie Mattek-Sands auch ins Doppelfinale ein. Lucie Safarova, so viel kann man sagen, ist zu allem bereit.