Melbourne. . Vor dem Turnierbeginn weiß niemand, wie stark der oft verletzte Spanier aufschlagen wird. Bei den Tennis-Frauen ist klar: Favoritin ist Serena Williams.
Sie trug sportliche Schuhe, ein bequem geschnittenes, knielanges Kleid, und schmucklos präsentierte sie die Kunst, mit fehlenden Worten Wirkung zu erzielen. Chinas Li Na, die vor einem Jahr in Melbourne den Tennis-Titel gewonnen hatte, dann aber im Herbst zurückgetreten war, war als Botschafterin der Australian Open zurückgekehrt. Zusammen mit dem Sieger 2014 bei den Männern, Stan Wawrinka, fuhr sie mit der Straßenbahn zum Melbourne Park, beide mit Pokal im Arm, danach half sie bei der Auslosung und gab Antworten, die den moderierenden Fernsehmann verwirrten. Was ihr zu Serena Williams einfalle, der Nummer eins? „Tolle Spielerin“. Wie es um deren Chancen stehe? „Sie kann gewinnen – wenn sie will“. Der Fernsehmann wusste nicht, ob er das lustig finden sollte, das Publikum amüsierte sich.
Die erwähnte Serena Williams ging am Tag der Auslosung ihrer normalen sportlichen Beschäftigung nach – sie spielte Tennis. In den Tagen zuvor hatte sie Melbourne mit anderen Aktionen beglückt, einmal in einem Sporthaus an der viel besuchten Chapel Street im Dienste einer amerikanischen Firma, die kühlende Handtücher produziert. Und am nächsten Tag vor einem der größten Kaufhäuser des Landes in der Innenstadt, als sie mit offener Jacke und Sport-BH darunter vor großen Plakaten für denselben warb. Sie machte ihre Sache professionell und engagiert, in beiden Fällen.
Keine Frage, Williams ist wieder die Favoritin auf den Gewinn der ersten Grand-Slam-Trophäe der Saison, vor Maria Scharapowa, die zuletzt in Brisbane den Titel gewann.
Lösbare Aufgaben für die Deutschen
Die besten deutschen Spielerinnen konnten sich bei der Auslosung nicht beschweren. Angelique Kerber wird gegen die Rumänin Irina-Camelia Begu spielen, Nr. 39 der Welt, Andrea Petkovic gegen Madison Brengle aus den USA (84) und Sabine Lisicki gegen die talentierte, junge Französin Kristina Mladenovic (69). Die vermutlich härteste Prüfung wird Julia Görges gegen die Schweizer Nummer eins Belinda Bencic (32) zu lösen haben, die bei den US Open 2014 Angelique Kerber besiegt hatte und im Viertelfinale gelandet war.
Aber die Frage aller Fragen vor dem ersten Ballwechsel der Australian Open 2015 führt zur Personalie Rafael Nadal. Nach seiner Niederlage im Achtelfinale in Wimbledon 2014 gegen den Australier Nick Kyrgios hatte Nadal drei Monate wegen einer Verletzung im Handgelenk gefehlt, und Ende des Jahres war er mit Blinddarm-Entzündung ausgefallen. Bei der Rückkehr kürzlich in Doha hatte er in der ersten Runde gegen den Stuttgarter Michael Berrer verloren, was nicht als Antwort auf die Frage taugt, wie der Stand der Dinge zu Beginn des neuen Jahres ist.
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Kleinere Gemeinheiten für Federer
Der Spanier steckt in derselben Hälfte des Tableaus wie Roger Federer. Schon in den ersten drei Runden stecken für den Schweizer kleinere Gemeinheiten, danach wird es voraussichtlich, wenn alles nach Plan geht, richtig unfreundlich mit Andy Murray oder Grigor Dimitrov im Viertelfinale, Nadal oder Tomas Berdych im Halbfinale und am Ende vielleicht mit Novak Djokovic, dem Sieger der Jahre 2008, ‘11, ‘12 und ‘13.
Aber Roger Federer kann Gedankenspielen mit Eventualitäten nichts abgewinnen, und es gibt ja gerade aus dem vergangenen Tennisjahr Belege zum Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Im Finale der US Open vor rund fünf Monaten landeten nicht die großen Sieger des vergangenen Jahrzehnts, sondern die Herren Cilic und Nishikori.