Essen. Rot-Weiss Essen ist hinter dem BVB II nur Zweiter. Dennoch verdient RWE Anerkennung: Der Klub hat in diesem Jahr (fast) alles richtig gemacht.
Rot-Weiss Essen trauert. Mit so viel Hoffnung hatten die RWE-Fans am Samstagmittag ihre Mannschaft am Stadion in Richtung Wegberg-Beeck verabschiedet. Und mit einem 2:0-Sieg machten die Jungs dort auch ihre Hausaufgaben. Und dann doch die nicht ganz unerwartete Enttäuschung: Es hat trotzdem nicht gereicht. Borussia Dortmund II ist Meister der Saison 2020/21.
Nach historisch vielen 40 Regionalliga-Spielen ist die Entscheidung trotzdem erst am allerletzten Spieltag gefallen. Den Rot-Weissen fehlen nach einem spannenden Finale gerade mal drei Punkte, nachdem die Dortmunder mit 2:1 beim tapferen Wuppertaler SV siegten. Sportlich hat es nicht gereicht für RWE, doch noch schwelt im Hintergrund dieser Einspruch der Essener beim Verband.
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Rot-Weiss Essen hofft noch auf Sportgericht
Das Sportgericht könnte die Rangfolge an der Tabellenspitze noch einmal nachträglich verändern. Aber keine Frage, ein juristisches Gezerre wäre ein unrühmliches Ende und dieser grandiosen Saison nicht würdig. Gleichwohl ist aber auch gutes Recht der Essener zu intervenieren, wenn sie glauben, dass etwas schiefgelaufen sein könnte. Mit Unsportlichkeit hat das nichts zu tun.
Es gibt Regeln, die eingehalten werden müssen, darin sind sich alle einig. Hat der BVB sich nicht korrekt verhalten, muss es sanktioniert werden. Es stellt sich aber auch die Frage: Hat Dortmund den Fehler gemacht? Oder etwa der Verband, der ja die corona-bedingten Spiel-Absetzungen der Dortmunder abgenickt hat? Es sind möglicherweise nur vage Hoffnungen der Essener auf Erfolg.
Eine Halbzeit lang flackerte die Hoffnung lichterloh
Eine Halbzeit lang flackerte die Essener Flamme der Hoffnung lichterloh, denn der Wuppertaler SV führte verdient gegen den Spitzenreiter mit 1:0. Hatte noch drei, vier große Chancen unter anderem einen Pfostentreffer kurz vor der Pause.
Kurz nach dem Wechsel der Dämpfer für die Ambitionen der Elf von Trainer Christian Neidhart. Der BVB traf etwas glücklich zum 1:1, und Jungprofi Ansgar Knauff machte schließlich mit dem 2:1 kurz vor Schluss den Deckel drauf. Respekt aber an die Wuppertaler, die sich noch einmal voll hineinknieten und das Spiel alles andere als abschenkten, obwohl es für sie um gar nichts mehr ging. Sie haben bis zum Schluss gefightet, auch das verdient ein großes Lob.
Ziel verfehlt, aber eine ganz starke Leistung abgeliefert
RWE hat auf dem Rasen sein Ziel verfehlt, das ist Fakt. Aber die Mannschaft hat in der Gesamtheit eine ganz starke Leistung abgeliefert. Und die sensationellen Auftritte im DFB-Pokal, wo man bis ins Viertelfinale stürmte, runden eine überragende Vorstellung ab.
Und nur, weil ein einziger Konkurrent in der Liga ebenso herausragte mit seiner Qualität, fehlen am Ende im Titelrennen ein paar Meter. Auf jeden Fall muss man auch dem BVB gratulieren für seine außergewöhnliche Leistung. Der eine 93 Punkte, der andere 90, ein Schnitt bei beiden Teams, der bislang locker zum Aufstieg gelangt hätte. Wie sagt man so schön und unrealistisch: Beide hätten sie den Aufstieg verdient.
„Wir haben uns vielleicht ein Ding zu viel erlaubt“, hatte RWE-Trainer Neidhart aber schon am vorletzten Spieltag nach dem 5:2-Heimsieg gegen Lotte geahnt. So muss man es am Ende wohl sehen, wenn der direkte Kontrahent überhaupt nur ein einziges Mal verloren hat. Aber man muss vor den Rot-Weissen den Hut ziehen, dass sie sich nie aufgegeben und bis zum Schluss alles investiert und versucht haben. Freilich ist das in diesem Moment nur ein schwacher Trost.
Mit 18 Heimsiegen und zwei Unentschieden Rekord aufgestellt
RWE hat überzeugt, vor allem an der Hafenstraße, wo man ungeschlagen geblieben ist und einen famosen Heimrekord mit 18 Heimsiegen und zwei Unentschieden aufstellte. Nur ein paar Wackler in der Fremde waren dabei - leider.
Doch auf dieses Fundament lässt sich aufbauen und genau das ist es, was den RWE-Fans Hoffnung machen sollte. „Wenn wir es nicht schaffen, versuchen wir es wieder und dann kommen wir zurück mit noch mehr Power.“ So der Tenor. Aber leichter wird es nicht. Preußen Münster und Fortuna Köln werden in der kommenden Spielzeit ganz sicher oben mitmischen.
Die Rot-Weissen werden dennoch versuchen, sich den Traum vom Drittliga-Aufstieg in der nächsten Saison zu erfüllen. Dank der Unterstützung des strategischen Partners Sascha Peljhan, des Hauptsponsors Harfid und der anderen treuen Partner werden die Verantwortlichen in der Lage sein, ihre Vorstellungen von einer Spitzenmannschaft umzusetzen.
Verantwortliche haben Vertrauen verdient
Rot-Weiss Essen kann die Erfahrung aus dieser Saison, auch wenn sie unglücklich endet, nutzen und das vorhandene Potenzial weiterentwickeln. Es wird zwar mehr Fluktuation im Kader geben als bei einem Aufstieg, aber das Gerüst steht. Im Umfeld wird nun sicherlich diskutiert, wer bleiben soll oder nicht. Aber auch da sollte man den Verantwortlichen vertrauen. Sie haben in dieser Saison (fast) alles richtig gemacht.