Krasnaja Poljana. Der deutsche Kombinierer Björn Kircheisen hat in Sotschi seine elfte Silbermedaille bei Olympischen Winterspielen gewonnen. Seine Teamkameraden nennen ihn bereits Silbereisen. Zu Gold mit der Mannschaft hat es auch in Sotschi wieder nicht gereicht.
Es ist eine stereotype Frage, die bei einer solchen Ausgangslage und diesem Ergebnis immer wieder gestellt wird. Nach dem Team-Wettbewerb der Nordischen Kombinierer drängte sich der Klassiker jedoch auf. Es war ja bereits das dritte Mal in Serie, dass die deutsche Mannschaft bei Winterspielen als Zweite in der abschließenden Langlauf-Staffel ins Ziel gekommen war. Haben sie jetzt Silber gewonnen oder doch erneut das Gold verloren?
Die Antwort, die von den Lippen kam, war eine andere als die, welche in ihren enttäuschten Gesichtern abzulesen war. „Wir sind glücklich über diesen zweiten Platz, auch wenn Gold möglich gewesen wäre“, sagte Eric Frenzel. Der Kombinations-Olympiasieger von der kleinen Schanze war von Bundestrainer Hermann Weinbuch als erster Läufer in die Loipe geschickt worden.
Das deutsche Quartett mit Frenzel, Björn Kircheisen, Johannes Rydzek und Fabian Rießle hatte nach dem Springen sieben Sekunden vor Österreich und 25 vor Norwegen gelegen. „Das ist eine sehr gute Ausgangsposition“, sagte Sprung-Bundestrainer Ronny Ackermann, der selbst 2002 und 2006 noch in den deutschen Silber-Teams gestanden hatte, „wenn jeder noch ein Schüppchen drauflegt, dann ist die Gold-Chance da.“
Erst scheiterte Plan A, dann Plan B
Die Taktik von Bundestrainer Hermann Weinbuch lag auf der Hand: Frenzel würde den Vorsprung verteidigen, Kircheisen als stärkster Läufer ausbauen, Rydzek und Rießle schließlich den olympischen Triumph ins Ziel bringen. Nach 1,5 Kilometern war Frenzel eingeholt und so konnte der Plan A zum Altpapier geworfen werden. Frenzel war nach seiner Virusinfektion noch nicht wieder in dieser körperlichen Verfassung, die ihn zum überragenden Kombinierer dieses Winters gemacht hatte. „Die Luft war sehr trocken, das war nicht gut für meine Lunge“, erklärte Frenzel.
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Aber auch Plan B haute dann nicht ganz hin. Kircheisen konnte sich nicht absetzen. So kam es zum großen Showdown beim Zieleinlauf. Weinbuch hatte den Sprint-Spezialisten Rießle als Schlussläufer nominiert. Und diesmal konnte er ja auch nicht – wie im Einzel – seine eigenen Teamkollegen aus der Spur bringen. Diesmal musste er ja nur im finalen Spurt seine beiden Konkurrenten aus Norwegen und Österreich abhängen.
Den Österreicher Mario Stecher, der 2006 und 2010 auf der Zielgeraden den Deutschen jeweils das Gold weggeschnappt hatte, hatte Rießle im Griff, doch der Norweger Joergen Graabak erwies sich wie schon im Einzel vor zwei Tagen als der stärkste Mann des Feldes. „Cleverness hat gewonnen“, sagte Weinbuch, der als weitere Erklärung für die Niederlage gegen die Norweger das schlechtere Material eingestehen musste.
Kircheisen ist mit seiner Leistung in Sotschi zufrieden
Wer wirklich von einem Gold-Fluch sprechen kann, ist Björn Kircheisen, der in der Szene auch gern „Silbereisen“ genannt wird, obwohl der 30-Jährige das gar nicht so gern hört. Der Spitzname hat nämlich nichts damit zu tun, dass Kircheisen aus dem Erzgebirge stammt, wo in früheren Jahren auch Silber abgebaut wurde. Für Kircheisen war es bereits das elfte Silber bei Winterspielen und Weltmeisterschaften.
Der Mann aus Sachsen, der mit Snowboard-Weltmeisterin Isabella Laböck zusammen lebt, ist trotzdem nicht unzufrieden mit seinem Abschneiden in Sotschi. „Diese Silbermedaille ist die schönste, die ich bisher errungen habe. Ich bin doch nur als Ersatzmann nach Sotschi gekommen und habe mir erst hier die Teilnahme erkämpft“, sagte Kircheisen und sah dabei so aus, als ob es an seinen Worten nichts zu zweifeln gäbe.