Sotschi. Rodel-Königin Natalie Geisenberger und ihre männlichen Kollegen Felix Loch, Tobias Wendl und Tobias Arlt haben Gold in der Team-Staffel bei Olympia 2014 in Sotschi gewonnen. Der Teamwettbewerb ist zum ersten Mal olympische Disziplin.
Mia san Gold! Mit dem Triumph in der Team-Staffel hat das bayerische Olympiasieger-Quartett um Rodel-König Felix Loch einen perfekten Abschluss seiner unglaublichen Festspiele von Sotschi gefeiert. Zusammen mit seinen Kollegen Natalie Geisenberger sowie Tobias Wendl und Tobias Arlt raste Loch am Donnerstagabend auf der selektiven Eisrinne von Krasnaja Poljana auch im erstmals olympischen Mannschaftswettbewerb zu Gold. Damit fuhr die Bayern-Connection alle vier Siege bei den Winterspielen ein. Mit seinem dritten Gold ist Loch nun erfolgreichster deutscher Rodler nach Mentor Georg Hackl.
Zwei Tage nach ihrem Olympia-Coup im Einsitzer startete Rodel-Queen Geisenberger als erste des deutschen Quartetts im Sanki Sliding Centre. Wie schon in ihrem Gold-Rennen kam die 26-Jährige am besten mit der anspruchsvollen Bahn zurecht und gab ihrem Teamkollegen Loch bereits einen deutlichen Vorsprung von mehr als drei Zehntelsekunden auf Silbergewinner Russland mit auf den Weg.
Und der Überflieger ließ nichts anbrennen und baute den Vorsprung vor den Augen von IOC-Präsident Thomas Bach und Fürst Albert von Monaco sogar weiter auf knapp eine halbe Sekunde aus. Einen Tag nach ihrem Gold-Coup hatten Wendl/Arlt dann keine große Mühe mehr, den gemeinsamen Triumph mit riesigem Vorsprung unter Dach und Fach zu bringen. Lässig schlug Wendl mit der rechten Faust auf den lila Lappen. Loch wartete bereits mit einer Deutschland-Fahne im Ziel auf seine Kumpels, Geisenberger setzte sich zwischen das Duo auf den Schlitten.
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Wendl/Arlt hatten eigens auf die eigentlich obligatorische Sieger-Pressekonferenz am Morgen im Deutschen Haus verzichtet. Silber ging an das Team aus Russland, Bronze fuhren die Rodler aus Lettland ein. Italiens Altmeister Armin Zöggeler verpasste mit seinem Team auf Rang fünf seine siebte Medaille bei Winterspielen.
Als Trainingsgruppe Sonnenschein arbeiten die vier Olympiasieger daheim am Königssee zusammen, der kollektive Gold-Coup beim Olympia-Debüt der Team-Staffel war nun das Sahnehäubchen ihres perfekten Auftritts in Sotschi. "Dass wir zu viert die Staffel stellen, ist natürlich was ganz Besonderes", hatte Loch schon vorher betont. "Wir haben das letztes Jahr bei der Weltmeisterschaft das erste Mal erfahren dürfen und das ist einfach toll." Damals räumten Loch, Geisenberger und Wendl/Arlt auch alles ab.
Eines der Erfolgsrezepte des bayerischen Gold-Quartetts ist die gute Stimmung. "Wir kennen uns von wirklich kleinauf. Wir haben zusammen angefangen, sind auf die gleiche Schule gegangen", erinnert Loch. Vor allem die drei Männer verbringen am Königssee auch die Freizeit miteinander, grillen, schauen Fußball - und freuen sich bei Rennen über die Erfolge des anderen.
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So wie Loch: "Wenn man selbst die goldene Medaille gewinnt, ist das schon ein wahnsinniges Gefühl", erklärte er am Mittwoch via Facebook nach dem Gold seiner Doppelsitzer-Kollegen. "Und wenn man dann auch noch bei dem größten Erfolg seiner besten Freunde dabei sein darf, ist das einfach nur überwältigend."
Kollegin Geisenberger war da gerade bei ihrer Siegerehrung in Sotschi. Und auch am Morgen danach konnte sich die Miesbacherin gar nicht satt sehen an ihrer Gold-Medaille. "Als ich aufgewacht bin, war sie noch da - es ist kein Traum, es ist Realität!", jubilierte sie bei Facebook. Am Donnerstag durfte das bayerische Olympiasieger-Quartett dann in der Team-Staffel aber endlich gemeinsam jubeln.
Neuer Rodel-Wettbewerb kämpfte mit technischen Problemen
Lange hatten die Rodler auf eine weitere Medaillen-Chance bei Winterspielen warten müssen, im Frühjahr 2011 gab das Internationale Olympische Komitee (IOC) schließlich grünes Licht für den vierten Wettbewerb. "Es ist gelungen, das IOC zu überzeugen, dass dies ein guter Wettkampf ist", betonte Josef Fendt, Präsident des Rodel-Weltverbandes (FIL). Nun kommt die Staffel zum Jubiläum - vor 50 Jahren wurde Rodeln olympisch.
Dabei hatte die Staffel, in der pro Nation eine Frau, ein Mann und ein Doppelsitzer-Team an den Start gehen, erstaunlich lange mit Kinderkrankheiten zu kämpfen. Immer wieder gab es technische Probleme, noch bei der Weltmeisterschaft 2011 im italienischen Cesana lief alles schief, was schief gehen konnte.
Ausgerechnet vor den Augen einer hochrangigen IOC-Delegation musste Olympiasieger Loch damals wegen eines verschlossenen Starttores unverrichteter Dinge wieder vom Schlitten steigen. Mehrere Teams wurden von dem Software-Fehler gestoppt, am Ende musste der Wettbewerb abgesagt werden. Die Rodel-Welt hatte sich bis auf die Knochen blamiert.
"Der 'worst case' ist eingetreten. Ich bin maßlos enttäuscht", klagte FIL-Präsident Fendt. Doch die Blamage blieb ohne Folgen: Drei Wochen nach dem Debakel lief beim Weltcup-Finale unter den Augen des damaligen IOC-Präsidenten Jacques Rogge wieder alles nach Plan. Fendt und Co. atmeten erleichtert auf - wenig später kam das erhoffte Okay. Der FIL-Präsident setzt darauf, den neuen Wettbewerb langfristig bei Olympia zu etablieren. "Ich gehe davon aus, dass wir die Team-Staffel auch bei künftigen Winterspielen behalten können."
Die Athleten freuen sich über die weitere Chance auf Edelmetall. Und auch Rodel-Ikone Georg Hackl, inzwischen als Trainer im deutschen Team tätig, ist voll des Lobes für die Staffel. "Die Athleten mögen es gerne, die Zuschauer lieben es und für das Fernsehen ist es auch super. Das ist ein sehr schönes Format." Drei Olympiasiege konnte Hackl im Einzel einfahren. Kaum auszudenken, wie seine Bilanz aussehen würde, wäre der Team-Wettbewerb schon zu seiner Zeit olympisch gewesen.
Nicht erst seit ihrer Dominanz bei den Männern und Frauen galten die deutschen Rodler in Sotschi als Top-Favoriten auf das erste Team-Gold. Doch Bundestrainer Norbert Loch warnte: "Es ist der Wettbewerb mit den neun Möglichkeiten, Fehler zu machen - am Start, in der Bahn und beim Anschlag."
Doch genau dies macht den Reiz des Wettbewerbs aus: Immer wieder kommt es im sonst so oft planbaren Rodel-Sport zu Überraschungen, immer wieder verfehlen Athleten etwa den Lappen zum Anschlag am Schluss. Erst damit wird das Starttor für den nächsten Teamkollegen geöffnet, es kommt auf eine extrem gute Reaktion an. (mit dpa)