Izu. Zwei Weltrekorde und unglaubliche 6,365 Sekunden Vorsprung im Finale: Der Bahnrad-Vierer der Frauen holt triumphal Olympia-Gold.
Nach ihrer schier unglaublichen Triumphfahrt kamen Lisa Brennauer und Co. noch auf dem Rad aus dem Jubeln kaum heraus. Die Goldmedaille, dazu die verrückte Weltrekordshow - der deutsche Bahnrad-Vierer sorgte in der Mannschaftsverfolgung für einen historischen Erfolg. Es war der erste Olympiasieg eines deutschen Frauen-Teams in der Königsdisziplin des Bahnrad-Sports, und das in einer unnachahmlichen Art und Weise.
Bundestrainer Andre Korff überrascht von der "Explosion"
„Ich bin selber positiv überrascht, dass es jetzt so explodiert ist“, sagte Bundestrainer Andre Korff: „Es kommt dadurch zustande, dass die Mädels jetzt in der richtigen Saison sind. In der Sommersaison können sie ihr Potenzial extrem abrufen.“
Sage und schreibe drei Weltrekorde stellten die deutschen Frauen binnen 25 Stunden auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke auf der Sibirischen Fichte auf. Einen in der Qualifikation am Montag, einen im Vorlauf am Dienstag. Im überraschend einseitigen Finale ließen Lisa Brennauer, Franziska Brauße, Lisa Klein und Mieke Kröger keine zwei Stunden später dann in 4:04,242 Minuten eine weitere Weltbestmarke, die dritte insgesamt, folgen und damit Olympiasieger Großbritannien hinter sich. Sie holten die erste Goldmedaille für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) bei den Wettkämpfen im Izu Velodrome.
„Oh mein Gott, in was für einer Zeit. Ich hätte niemals gedacht, dass das in den Mädels überhaupt steckt. Sie vermutlich vor ein paar Monaten auch nicht“, sagte die zweimalige Olympiasiegerin Kristina Vogel in ihrer Rolle als ZDF-Expertin: „Es ist fantastisch, was sie für eine Leistung gebracht haben. Das ist unfassbar.“
Fünf Jahre alten Weltrekord um drei Sekunden unterboten
Genau das hatten sich die vier deutschen Frauen zuvor ausgemalt. „Träumen darf man immer“, hatte Brennauer am Vortag gesagt, als sie gemeinsam mit ihren Teamkolleginnen in der Qualifikation den fünf Jahre alten Weltrekord von Großbritannien um fast drei Sekunden unterboten hatte. Doch der sollte nicht lange Bestand haben.
Im Vorlauf am Dienstag unterbot zunächst Großbritannien die deutsche Bestmarke, dann konterte wieder das deutsche Team in 4:06,159 Minuten. "Nach der Quali waren wir erstaunt, dass kein Team an unsere Zeit herangekommen ist. Wir wollten unbedingt diese Goldmedaille, deswegen sind wir immer schneller geworden“, schilderte Brauße am ZDF-Mikrofon gelöst.
Im Finale vor mehreren hundert Zuschauern kam es dann zum direkten Duell der beiden Top-Nationen, in dem Deutschland die größeren Kraftreserven hatte und sogar noch einen drauf setzte: Der Vorsprung im Ziel betrug unglaubliche 6,365 Sekunden. Bronze ging an die USA.
In der Mannschaftsverfolgung, bei der die Frauen erst seit 2012 in London olympische Medaillen gewinnen können, hatte ein deutsches Frauen-Team noch nie Edelmetall holen können.
Weiteres Edelmetall soll im Mehrkampf folgen
Das deutsche Team übertrumpfte mit dem Erfolg bereits am zweiten Wettkampftag die enttäuschende Bilanz von den Spielen 2016. In Rio hatte der BDR lediglich einmal Gold und einmal Bronze gewonnen, im weit außerhalb Tokios gelegenen Izu steht neben dem Olympiasieg des Vierers auch die Silbermedaille von Lea-Sophie Friedrich und Emma Hinze im Teamsprint zu Buche.
Weiteres Edelmetall soll folgen: Zwar spielt das deutsche Team am Mittwoch in der Mannschaftsverfolgung der Männer wohl nur eine Nebenrolle. Am Donnerstag dann aber wollen erneut Hinze im Keirin sowie Roger Kluge im Mehrkampf Omnium zuschlagen. (sid)