Rio de Janeiro/Essen. Nach 16 Tagen Jubel, Tränen und Drama bei Olympia bleiben nicht nur die Sieger in Erinnerung - sondern auch Athleten wie Andreas Toba und Timo Boll.

16 Tage Olympische Spiele, 16 Tage Kampf um Gold, 16 Tage Drama, Jubel, Tränen. Und nach 16 Tagen in Rio de Janeiro gibt es Helden, die die Olympischen Sommerspiele geprägt haben.

Gold, Trauer und Kritik

Sebastian Brendel durchlebte in Rio ein Wechselbad der Gefühle. Im Canadier pflügte der 28-jährige Bundespolizist zweimal als Erster durch das Ziel. Die Freude über Gold trübte die Trauer um Stefan Heinze, den bei einem Unfall tödlich verletzten Bundestrainer der Kajak-Damen. Dass es um seine Sportart nicht gut bestellt ist, kritisierte der deutsche Fahnenträger schon vor der Schlussfeier: „Wir werden zu wenig wahrgenommen, in acht Jahren könnte Kanu aus dem olympischen Kalender verschwunden sein.“

Helden der Gerätturner

Wenn es einen Helden von Rio gegeben hat, dann war es Andreas Toba. Oder doch Fabian Hambüchen? Vermutlich setzten beide für das deutsche Gerätturnen ein nachhaltiges Ausrufezeichen. Toba, weil er nach einem Kreuzbandriss noch seine Übung am Pauschenpferd turnte, um seine Mannschaft ins Teamfinale zu bringen. Hambüchen, weil er am Reck seine Karriere mit Gold krönte, obwohl er Wochen zuvor keinen Salzstreuer ins obere Regal hieven konnte: die Schulter! Toba wurde im Bremer Diallo-Krankenhaus operiert, muss nun sechs Monate pausieren. Sein Ziel: die WM 2017 in Rumänien, in der Heimat seiner Eltern. Hambüchen hat auch eines. „Mein Körper ist beflügelt“, sagte der 28-jährige Bergisch Gladbacher auf die Frage, ob er an Olympia 2020 in Tokio denke.

Fliegen wie ein Schmetterling

Wie viel sind vier Goldmedaillen wert, wenn man den Mann seiner Träume trifft? Flug-Schmetterling Simone Biles postete jedenfalls, vermutlich mit großem Herzklopfen, ein Bild ihres Schwarms über Facebook. Schauspieler Zac Efron traf die 1,45 Meter kleine Turnerin im Olympischen Dorf. Efron steht als lebensgroßer Pappkamerad in Biles’ Zimmer, zu Hause in Texas.

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Fabian Hambüchen bejubelt seine Goldmedaille.
Von Pit Gottschalk

Formel 1 auf zwei Beinen

Usain St. Leo Bolt genießt Show-Auftritte. Bei der Diamond League der Leichtathleten fährt der Jamaikaner schon mal im Formel-1-Rennwagen auf die Tartanbahn. Doch der schnellste Mann der Welt grübelt nach seinem dritten Olympia-Gold-Triple über seine Zukunft. „Ich muss mir eine Wunschliste machen“, sagt der Jamaikaner, der gestern seinen 30. Geburtstag feierte. Die Leichtathletik-Welt wird ihre beste Werbe-Lokomotive verlieren – nach der WM 2017 in London.

Gala-Sprint ohne Sattel

Wenn einem bei 60 Stundenkilometern auf dem Rennrad der Sattel wegfliegt, hat man ein echtes Pro­blem. Kristina Vogel musste auf den letzten Bahnmetern des olympischen Sprintfinals ihren Gala-Ritt ohne Sattel bewältigen. „Ich hatte einfach nur Angst, auf die Fresse zu fallen“, gestand die 25-Jährige. Während der schwarz-rot-golden gepinselte Sattel die Steilkurve hinunterrutschte, hatte sich Vogel im Zweikampf mit der Britin Rebecca James Gold ersprintet. Ein Materialfehler konnte einen der kuriosesten Olympiasiege nicht verhindern.

Sieben Siege im Sand

Sieben auf einen Streich, so werden Laura Ludwig und Kira Walkenhorst später in diversen Olympia-Büchern ihre Goldserie nachlesen können. Sieben Siege im Sand zementierten eine perfekte Nachfolge der Londoner Beachvolleyball-Asse Julius Brink/Jonas Reckermann. Ludwigs positive Energie, Walkenhorsts brutaler Ehrgeiz – dagegen kam niemand an.

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Spätzünder im Sattel

Beide Beine waren schon gebrochen, beide Schultern ebenso. Nick Skelton sitzt mit einer künstlichen Hüfte im Sattel. Und im Jahr 2000 war der Brite wegen eines Halswirbelbruchs wochenlang ans Bett gefesselt. Seine Karriere als Springreiter schien da beendet. Skelton hätte sich damals nicht träumen lassen, 16 Jahre später in Rio bei seinem siebten Olympia-Start doch noch die Goldmedaille im Einzelspringen zu ergattern. Der Name seines Pferdes gilt nun auch für den 58-Jährigen: Big Star.

Wüsten-Rente mit Omelett

Den Schwimmern wird Michael Phelps erhalten bleiben. Aber nur ganz lokal. Der 31-jährige US-Amerikaner, der mit 23 Goldmedaillen einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt hat, wird Trainer an der Arizona State University. Der Campus ist nur 15 Autominuten von Phelps’ neuem Domizil entfernt, einem Luxusanwesen für 2,5 Millionen Dollar, wo sich seine Verlobte Nicole (31) und Sprössling Boomer (drei Monate) wohlfühlen werden. Bis dahin ist es für Kathy Ledecky ein weiter Weg. Immerhin ist nach der viermaligen Gold-Schwimmerin ein Omelett benannt. Mit Speck, Käse, Tomaten, dazu einen Bagel und Kakao. Bestellt Ledecky morgens nach dem Training gern bei Ize’s Deli in Washington D. C. Ob sie dazu die Fragen der Führerschein-Prüfung büffelt? Die zu bestehen, ist für sie schwieriger, als den Weltrekord über 800 Meter Freistil zu brechen.

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Der mit der Hymne wippt

Warum nicht mal bei der Hymne mitwippen? Christoph Harting hat es im Überschwang güldener Gefühle ausprobiert. Einfach so. Die Irritation bei den Zuschauern war maximal. Darf ein Sieger auf dem höchsten Podest herumalbern? Der 2,07 Meter große Diskuswerfer nahm sich die Freiheit. Und löste eine Diskussion über Konventionen aus. Ein Hexenschuss hatte zuvor verhindert, dass sich der fünf Jahre ältere Bruder Robert in Siegerpose das Trikot vom Leib reißen konnte. Vielleicht wird’s was am 3. September beim Istaf in Berlin. Dann heißt es wieder: Harting gegen Harting.

Boll wie RoboCop

Gefühlt hatte sich Timo Boll wie RoboCop, der Filmroboter. Spritzen gegen die Nackenblockade brachten den Tischtennis-Dauerbrenner überhaupt erst im Bronzespiel gegen Südkorea an die Platte. Boll biss sich durch: „Ich habe an Dirk Nowitzki gedacht. Der hat in den NBA-Finals mit 40 Grad Fieber gespielt.“