Rio de Janeiro. . Der Deutschland-Achter hatte beim Finalrennen gegen Großbritannien keine Chance. Die Briten zeigten eine Demonstration ihrer Professionalität.
Acht Hünen, alle um die zwei Meter lang, hängen in ihrem schmalen Boot wie geschlagene Boxer in den Ringseilen. Während sie husten, während sie schnaufen, springt der nur 1,69 Meter große und nur 55 Kilo leichte Martin Sauer auf und spricht ihnen Mut zu. Sauer, der im Vergleich zu seiner Besatzung wie eine Maus unter Elefanten wirkt, hat gerade den Deutschland-Achter zur Silbermedaille gesteuert. Das Olympiasieger-Boot aus Großbritannien war an diesem Samstag in der Lagune von Rio de Janeiro nicht zu besiegen.
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Hannes Ocik, der Schlagmann des deutschen Flaggschiffs, wischte sich immer wieder über die Augen und wurde von seinen Kollegen getröstet. “Nein, geweint habe ich nicht. Aber ich stand kurz davor”, sagte Ocik später. “Das wäre es auch nicht wert gewesen. Wir haben immerhin Silber bei Olympia gewonnen.” Und sein Steuermann aus Berlin fügte hinzu: “Der Hannes ist so wie ich. Der kann auch nicht verlieren.”
Im Ziel hatten die Briten, die bereits von 2013 bis 2015 dreimal in Serie den WM-Titel geholt hatten, einen Vorsprung von 1,33 Sekunden auf den Deutschlandachter. Nur 63 Hundertstelsekunden dahinter fuhr das Boot der Holländer über die Linie.
Großbritannien ist professioneller aufgestellt
“Unser Steuermann hat uns zugerufen, lasst euch nicht von den Briten verunsichern”, erzählte Ocik später. “Wir sichern jetzt das Silber ab. Und das haben wir dann auch getan. Die Briten haben uns heute gezeigt, wie es geht.”
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Vor vier Jahren bei der olympischen Entscheidung in Eton konnten die Briten ihren Heimvorteil nicht nutzen. Im Gegenteil, sie wurden mit dem Druck nicht fertig, gingen viel zu schnell ins Rennen und verloren am Ende nicht nur das Gold an Deutschland, sondern auch Silber an Kanada. “Seitdem haben sie die richtigen Konsequenzen gezogen”, sagt Sauer. “Großbritannien ist einfach die stärkste Ruder-Nation. Sie sind viel professioneller aufgestellt als wir.”
Nach 1000 Metern war schon klar, dass an diesem Tag wohl kein anderes Boot mit den Briten mithalten kann. 2.45 Sekunden betrug zur Hälfte bereits ihr Vorsprung. “Wir haben das Rennen zwischen der 250-Meter- und der 1000-Meter-Marke verloren”, sagte Bundestrainer Ralf Holtmeyer, der sachlich und kühl analysierte, was zuvor auf der Strecke passierte. “Der Wind war okay, für alle gleich. Silber ist Silber. Bei den Briten haben einige Olympiasieger im Boot gesessen. Das waren keine keine Pappkameraden.”
Gröbler fühlt mit den Deutschen
Der britische Cheftrainer Jürgen Gröbler, der in der früheren DDR zahlreiche Boote zu Medaillen geführt hatte und nach der Wende nach Großbritannien gegangen war, setzte auf Erfahrung im Boot: “Wir hatten zwei 37-Jährige dabei. Wie wir hier schnell mit einer Länge der Konkurrenz davon gefahren sind, war schon erstaunlich. Ich fühle mit den Deutschen.”
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Es wird sich jetzt zeigen, wie es mit dem Deutschlandachter weiter geht. “Ich weiß noch nicht, wer aufhören wird”, sagte Holtmeyer. Steuermann Sauer ist sicher, dass es diese Besetzung in Zukunft nicht geben wird: “Ich will nicht über meine Kollegen spekulieren, aber in vier Jahren in Tokio wird das Boot eine andere Aufstellung haben. Einige werden ihren Fokus auf das Arbeitsleben legen.”
Was er selbst machen wird, weiß Sauer noch nicht. Erst einmal will er in den Urlaub fahren und sich dann entscheiden, ob er noch einmal die Position als Steuermann anstreben soll.
"Wir ackern, um da mitzuhalten"
Der Hamburger Eric Johannesen, der wie Sauer auch schon zum Gold-Achter in London vor vier Jahren zählte, wird auf jeden Fall erst einmal im nächsten Jahr kürzer treten. “Ich will mich auf mein Studium konzentrieren”, sagte er. “Danach sehen wir weiter.” Ob es für ihn jetzt vier verlorene Jahre gewesen seien, weil nach der ganzen Quälerei nur Silber herausgekommen sei, wollten die Journalisten wissen. “Nein. Auch wenn die Enttäuschung jetzt einmal sehr groß ist, habe ich tolle Erlebnisse gehabt. Die Briten waren heute einfach besser. Sie haben dem Rennen ihren Stempel aufgedrückt.”
Bundestrainer Holtmeyer wird wohl auch den nächsten Deutschlandachter bauen. Aber für ihn ist klar, dass sich etwas im deutschen Rudern ändern muss. Die Briten seien in ihren Strukturen viel besser aufgestellt , sagte der 60-Jährige. Alles sei viel professioneller. “Wir ackern, um da mitzuhalten”, sagte Holtmeyer. “Aber auch wenn jeder tut, was er kann, gibt es Defizite im System.”