Rio de Janeiro. . Weltmeisterin Christina Schwanitz wollte sich bei Olympia zu Gold stoßen. Mit 19,03 Metern reichte es am Ende nur für Platz sechs.

Ihr tiefes Lachen ist ihr Markenzeichen. Aber an diesem für sie so schwarzen Freitag klang es selbst bei Christina Schwanitz ein wenig leiser. Momente des Grübelns wechselten sich mit denen des schwarzen Humors ab. Die Gold-Kandidatin sollte nach dem bitteren Aus für Diskus-Olympiasieger Robert Harting für die Initialzündung am ersten Wettkampftag im deutschen Leichtathletik-Team sorgen. Doch statt des ersehnten Erfolgserlebnisses gab es eine bittere Enttäuschung. Mit 19,03 Metern blieb die Kugelstoßerin weit hinter den Erwartungen, vor allem der eigenen, zurück. Platz sechs. Diesen Abend hatte sich die Weltmeisterin des vergangenen Jahre in Peking und Sportlerin des Jahres ganz anders vorgestellt.

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Man könne sich ihre Vorstellung schön oder auch schlecht reden, erzählte sie kurz vor Mitternacht. Aber in ihr selbst schwankte die Beurteilung hin und her. “Ein sechster Platz bei Olympischen Spielen, das ist doch eine zu honorierende Leistung. Das ist doch nicht grottenschlecht”, sagte die Bundespolizistin und blickte im Bauch des Olympiastadions fast flehend in die Runde der deutschen Journalisten.

Schwanitz ist nicht nur für Lachen, sondern auch für ihre offenen Worte bekannt. Manchmal schert sie sich dabei auch nicht um Konventionen. Nachdem sie ihren WM-Titel ganz knapp vor der Chinesin Gong gewonnen hatte, sagte sie bei ihrer Wahl zur Sportlerin des Jahres 2015, sie sei wohl die einzige Frau, die sich über sieben Zentimeter freuen könne. Und auch im Bauch des Olympiastadions sagte sie, was ihr auf der Zunge lag: “Ich habe hier verkackt. Meine Weite war Scheiße.”

Schwanitz: "Wer will, der verliert"

Im Juli hatte Schwanitz bei der Europameisterschaft in Amsterdam noch 20,13 Meter gestoßen und sich den Titel geholt. Mit dieser Weite hätte sie in Rio Bronze gewonnen. Erste Erklärungen für das enttäuschende Ergebnis fand sie schnell. Zum einen habe ihr durch ihre lange Verletzungspause nach Knie- und Schulterproblemen die Wettkampfpraxis gefehlt, zum anderen habe sie sich einfach zu viel Druck gemacht. “Ich war viel zu verkrampft. Wer will, der verliert”, sagte sie. “Ich habe es mit der Brechstange probiert und versucht, die Wasser aus der Kugel zu drücken. Das bringt nichts.”

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Im Finale kam Schwanitz nicht über eine Statistenrolle hinaus. Michelle Carter dagegen steigerte sich im letzten Versuch auf den neuen US-Rekord von 20,63 m und verhinderte den historischen dritten Gold-Triumph in Serie der Neuseeländerin Valerie Adams (20,42). Bronze ging an die Ungarin Anita Marton (19,87).

“Die haben sich einen richtig megageilen Krimi geliefert”, sagte Schwanitz und fügte mit einem Zucken ihrer breiten Schultern hinzu: “Nur leider habe ich in ihm nicht mitgespielt.” Jetzt wolle sie erst einmal schnell in ihr Zimmer, duschen und sich die Decke über den Kopf ziehen. Am Sonntag fliegt sie dann wieder nach Hause, um sich auf die weiteren Wettkämpfe des Jahres vorzubereiten. An ein Ende ihrer Karriere denke sie nicht. “So möchte ich es nicht stehen lassen. Mein Ehrgeiz ist schon wieder geweckt”, sagte sie. “Ich will wieder Leistungen wie im letzten Jahr zeigen. Vom Kopf her bin ich schon so weit, dass ich bis Tokio 2020 weiter machen möchte.”

Nicht mehr die Kraft, gegen Verletzungen anzukämpfen

Ihre Lust ist trotz des frustrierenden Abschneidens ungebrochen. Mit 30 Jahren braucht sie allerdings mehr Zeit zur Regeneration. “Mal schauen, ob der Körper mitspielt. Er hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass er mal Zwangspausen benötigt”, sagte sie und schaut skeptisch. “Irgendwann hat man nicht mehr die Kraft, ständig gegen Verletzungen anzukämpfen. Man wird verletzungsmüde.”