Duisburg. Wie die Meidericher in der zweiten Halbzeit am Hünting den Gegner niederrangen, zeigt die Taktikanalyse zum 4:2-Auswärtssieg.
Das ist Christoph Gebhard
Trainer Christoph Gebhard ist in der Amateur-Fußball-Szene als Taktikfuchs bekannt. In der letzten Saison trainierte er die A-Jugend von Viktoria Buchholz. Mittlerweile bildet er zusammen mit Göksan Arslan das Trainerduo der Buchholzer Bezirksliga-Fußballer. Gebhard ist zudem Fan des MSV Duisburg. Der 47-Jährige verfolgt die Spiele der Zebras nicht nur mit Herzblut, sondern auch als Fachmann mit dem Blick auf das taktische Geschehen auf dem Platz. Für die Sportredaktion analysiert Christoph Gebhard die Spiele der Meidericher.
Um dem MSV entgegenzutreten, wählte Bocholts Trainer Sunay Acar den taktischen Klassiker der 10er-Jahre: ein flaches 4-4-2, was im Ballbesitz zum vertikalen 4-2-3-1 wurde. Die Zebras bekamen im Gegensatz zum letzten Auswärtsspiel weniger Druck in der ersten Aufbaulinie und konnten dort besser zirkulieren.
Im Übergangsspiel sahen sich die Meidericher aber einem enger gestaffelten Gegner gegenüber. Der Plan von Acar war, im Mittelfeld die Bälle zu erobern und schnell umzuschalten. In diese Räume spielte der MSV aber so gut wie nie. Mit dem gelernten Außen Steffen Meuer im Zehnerraum als hängende Spitze und dem Kreativdribbler Jakob Bookjans an der Linie war die Rollenverteilung für kleinräumiges Kombinationsspiel durchs Zentrum sowieso denkbar ungünstig.
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Deswegen war es nicht verwunderlich, dass sich die Angriffsrouten des MSV auf die linke Seite beschränkten. Dort zeigten Patrick Sussek und Can Coskun in der Anfangsphase eine vielversprechende und einstudierte Positionsrochade. Leider wurde sie im weiteren Spielverlauf zu selten aufgegriffen. Stattdessen überwog die bekannte Strategie, die Bälle im Zweifel lang zu schlagen. So versuchte man, das Risiko von Ballverlusten nah am eigenen Tor gering zu halten. Beide Teams wollten den Ball nicht so wirklich haben, sondern lieber auf die Fehler des anderen warten. Entsprechend unansehnlich war das Spiel für Fußball-Ästheten.
MSV Duisburg: Bookjans spielte in der zweiten Halbzeit zentraler
Zur zweiten Halbzeit stellte Hirsch auf das 4-1-4-1 der ersten Spieltage um. Bookjans spielte endlich zentraler in seinem Wohlfühlraum und mit Jan-Simon Symalla wurde Geschwindigkeit auf dem rechten Flügel eingewechselt. Das Pressing wurde etwas Tannenbaum-ähnlicher gestaltet; also mit hohen Achtern und tiefen Außen wie schon zu Saisonbeginn.
Auch aufgrund größerer Abstände bei den Gastgebern konnte der MSV im Ballbesitz mit den zwei Achtern besser durchs Mittelfeld verlagern. Daraus entstand die Ecke, die zum 1:0 führte. Bocholt nutzte die Räume hinter den hohen Achtern und das Auflösen der Duisburger Doppel-Sechs beim 2:2. Linksaußen Marvin Lorch ließ sich ins Zentrum fallen und musste von Florian Egerer aufgenommen werden, da Bookjans und Meuer sich an der Doppel-Sechs von Bocholt orientierten. Torschütze Assibey-Mensah konnte so ohne Gegnerdruck durch den Sechserraum dribbeln und vollenden.
Umgekehrt nutzte der MSV die höhere Präsenz in den offensiven Halbräumen, um von dort das 3:2 sehenswert vorzubereiten. Jonas Michelbrink beantwortete den diagonalen Laufweg von Mert Göckan mit einem perfekt getimten Pass zwischen die Schnittstelle der Bocholter Viererkette.
Das Torspektakel in der zweiten Halbzeit lässt sich aber nur zu Teilen über Taktik erklären. Beide Teams waren ziemlich effektiv im Ausnutzen ihrer Chancen. Ein Grund war dafür die nachlassende Intensität und Konzentration beim Gegner. Das ist der Abnutzungskampf, von dem Hirsch immer gerne spricht und den der MSV für sich entschied und den 4:2-Sieg mitnahm.