Melbourne. . Am Sonntag beginnt in Melbourne die Formel-1-Saison (7 Uhr/RTL live). Mercedes hat starke Motoren und starke Fahrer. Für Lewis Hamilton und Nico Rosberg bedeutet das: Der Titelgewinn in der Formel 1 ist möglich – für den, der sich gegen den anderen durchsetzt.

Es wird das Rennjahr der Sensibelchen werden, so viel ist schon nach dem ersten Trainingstag der neuen Formel 1 in Australien klar, wo am Sonntag um sieben Uhr der Große Preis von Melbourne gestartet wird. Keine fünf Minuten, und schon bleibt der große Favorit stehen, Lewis Hamilton in seinem Mercedes. Beim Titelverteidiger Red Bull Racing hält sich aber die Schadenfreude in Grenzen, denn Sebastian Vettel steht noch in der Garage. Es wird so hektisch geschraubt am Dienstauto des viermaligen Weltmeisters, dass sogar Design-Genie Adrian Newey seitlich mit unter den Wagen kriecht.

Wie schnell das technische Sorgenkind RB 10 kuriert werden kann, davon hängt der Ausgang des Titelrennens im Jahr 2014 ab. Einstweilen gilt Mercedes als das Maß der Dinge. Die Ursache für Hamiltons Fehlstart war ein gestörter Öldruck-Sensor nach einem frühen Wechsel des Turbo-Motors. So etwas kann selbst dann passieren, wenn sich ein Konzern zwei Jahre lang darauf vorbereitet, der erste Weltmeister der neuen Effizienz-Formel zu werden.

Am spannendsten ist die Konfliktfrage der Fahrer

Bei aller Macht der Maschinen: Am spannendsten ist immer noch die Konfliktfrage der Menschen. Mercedes hat mit Nico Rosberg und Lewis Hamilton eine scheinbar perfekte Paarung aus Überlegtheit und Aggressivität, aber sie ist auch so explosiv wie die Ferrari-Zweckehe zwischen Fernando Alonso und Kimi Räikkönen. Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff freut sich über die humane Software im Silberpfeil-Rennstall: „Wir befinden uns in der glücklichen Position, dass wir nicht nur zwei der schnellsten Fahrer der Formel 1 haben, sondern auch zwei sehr intelligente Fahrer.“

Der WM-Titel ist nach den hohen Investitionen und der langen Vorbereitungszeit für das Untertürkheimer Ensemble, das sein Herz allerdings in Mittelengland hat, Pflicht. Wolff will, dass seine Piloten sich nach vorn entwickeln, hat aber keine Stallorder erteilt: „So lange die Regeln respektiert werden, die das Fahren gegeneinander innerhalb eines Teams mit sich bringt, bleibt das Rennen offen.“ Im Vorjahr in Malaysia hatte es richtig Ärger gegeben, als Rosberg seinen Kollegen vorbeilassen musste. Das war in der Hektik des Rennens entschieden worden, diesmal fanden die Sondierungsgespräche vor der Saison statt: „Es ist wichtig, dass diese Situation klar ist“, ahnt Wolff.

Mercedes-Motor als "Maß der Dinge"

Was den Motor angeht, ist Niki Lauda, vom Daimler-Vorstand eingesetzter Aufsichtsrat des Teams, sich schon sicher: „Da sind wir das Maß der Dinge.“ Erstmals verfolgte das Silberpfeil-Team zusammen mit der hauseigenen Motoren-Schmiede einen „ganzheitlichen Ansatz“ bei der Entwicklung. Der Österreicher ist ein Meister darin, die Fahrer unter Druck zu setzen: „Das Wichtigste für uns alle ist, dass wir die ersten Rennen ins Ziel kommen müssen mit den maximalen Punkten.“

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Der Mercedes-Antriebsstrang mit dem sperrigen Kürzel PU 106 A steckt auch in den Autos von Williams, McLaren und Force India, die große Konkurrenz kommt also aus dem eigenen Hause. Lauda setzt aber viel mehr auf die gegenseitige Beschleunigung von Hamilton und Rosberg: „Nico ist sehr technisch unterwegs – fast vettelartig, Hamilton fährt mit der brutalen Kraft seines Talents.“ Füreinander, miteinander, gegen-
einander?

Rosberg geht auf Abstand zu Hamilton

Der Ton zwischen den beiden ist härter geworden. Sie kennen sich aus Kartzeiten. Daraus ist die Legende von Freundschaft entstanden, zumal sie in Monte Carlo im gleichen Apartment-Block wohnen. Es mag stimmen, dass da gemeinsam Hamburger gebrutzelt wurden, aber auf der Strecke, da herrscht der blanke Egoismus. Hamilton, 29 Jahre alt und 2008 schon Weltmeister mit einem Mercedes-Motor im McLaren, hat im Vorjahr den Unnahbaren gegeben. Jetzt, wo er die größere Chance für seine Renn-Intelligenz wittert, sucht der ein halbes Jahr jüngere Wiesbadener den Abstand. Motorsport-Total.com zitiert ihn plötzlich so: „Wir sind nicht gerade beste Freunde. Und das werden wir wahrscheinlich auch nie sein. Es ist nämlich ein schwieriges Geschäft. Umso mehr, wenn du für dasselbe Team fährst und um Siege kämpfst.“

Nico Rosberg ist ähnlich vorsichtig wie Teamchef Wolff („Es wäre dumm, alles durch die rosarote Brille zu sehen“), will sich nicht auf die Favoritenrolle festlegen lassen. In einem Werbespot des Teams übernimmt vielleicht deshalb Lewis Hamilton die Rolle des Für-Sprechers. „Wir wollen die Bullen schlagen“, sagt er markig aus dem Off, gefolgt von einem „Lasst es uns anpacken“ .