Nürburgring. Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg sprach vor dem Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring über Heimatgefühl, die Kühle des Geschäfts und Entwicklungen am Auto. Er gilt als einer der Piloten, denen die Zukunft gehört - im Moment fährt er im Sauber noch hinterher.

Großer Preis von Deutschland, Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg hat ein Heimspiel. Der 25-Jährige aus dem Sauber-Team ist in Emmerich zur Welt gekommen und dort aufgewachsen. Der Nürburgring ist von dort nur 200 Kilometer entfernt.

Sie sind mit Ihren Eltern früher oft zum Nürburgring gefahren?

Nico Hülkenberg: Ich war als Jugendlicher vielleicht einmal mit meinen Eltern am Nürburgring.

Also bringt Ihnen ein Rennen dort gar keinen Heimvorteil?

Hülkenberg: Natürlich habe ich seit 2005, als ich in den Formel-Klassen angefangen habe, jede Menge Runden auf dem Nürburgring absolviert. Aber ein Vorteil gegenüber den anderen Formel-1-Fahrern ist das wohl nicht.

Hat ein Formel-1-Pilot denn alle Strecken der Welt im Kopf?

Hülkenberg: Es gibt auf jeder Strecke dreimal freies Training, das bedeutet: Wir haben vier Stunden Zeit, um die Strecke zu verinnerlichen, das genügt meistens.

Sie sind vor dieser Saison von Force India zum Sauber-Team gewechselt und haben sich davon viel versprochen. Nun läuft es nicht nach Plan. Das beste Ergebnis ist bisher ein achter Platz in Malaysia. Wie erklären Sie einem Laien, an welcher Stelle es hakt?

Hülkenberg: Auf den ersten Blick gibt es da eine ganz einfache Antwort. Unser Auto ist zu langsam, es fehlen der Speed und die Fähigkeit, die Reifen zu schonen. Auf den zweiten Blick ist das Thema allerdings wesentlich komplexer.

Und? Wo liegen die Ursachen für die Probleme?

Hülkenberg: Das Sauber-Team hat das Auto vor der Saison radikaler weiter entwickelt als die anderen Teams, die konservativer agiert haben. Leider schlagen die Neuerungen bei uns nicht richtig durch.

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Wann wird es soweit sein, dass der Wagen so läuft, wie Sie es sich wünschen?

Hülkenberg: Das ist in der Formel 1 sehr schwierig zu beantworten. Man muss ja nicht nur mal eben an einer Schraube drehen, und schon geht es. Im Auto hängt jedes Detail mit dem anderen zusammen. Und Sauber hat zudem kein unlimitiertes Budget, um endlos zu experimentieren.

Werden Sie es trotzdem schaffen, in diesem Jahr noch um Podiumsplätze mitfahren zu können?

Hülkenberg: Ich fürchte, bis dahin wird es noch etwas länger dauern. Die anderen Teams entwickeln sich doch ebenfalls weiter. Und wenn die im Moment einen Schritt nach vorne machen, müssen wir gleich zwei oder drei Schritte machen. Unser Ziel ist es, möglichst bald verlässlich in die Top Ten zu fahren und so WM-Punkte zu holen.

Sie gelten als einer der Piloten, denen die Zukunft in der Formel 1 gehört. Schadet es Ihrem Ruf, wenn Sie im Moment hinterher fahren?

Hülkenberg: Die entscheidenden Leute in der Formel 1 wissen schon, das alles richtig zu bewerten, denke ich. In der Formel 1 ist man halt extrem von seinem Arbeitsgerät abhängig.

"Ich habe das Geschäft kennengelernt, seit ich mit sieben Jahren zum ersten Mal in einem Kart gesessen habe." 

Hat Sie die Kühle des Geschäfts überrascht?

Hülkenberg: Überhaupt nicht. Man rutscht ja nicht von heute auf morgen in ein Formel-1-Team. Genau so wenig, wie ein Hobbyfußballer plötzlich in der Bundesliga spielt. Ich habe das Geschäft kennengelernt, seit ich mit sieben Jahren zum ersten Mal in einem Kart gesessen habe. Daher wusste ich, was mich in der Formel 1 erwartet.

Trotzdem ein Traumberuf?

Hülkenberg: Natürlich. Es gibt genau 22 Fahrer auf der Welt, die in diesen Autos fahren dürfen, und ich bin einer davon. Es ist ein absoluter Traum. Und wenn es mal schlecht läuft, muss man eben manche Dinge erklären und dazu auch noch lächeln. Das macht dann nicht immer Spaß.

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Sie reisen pausenlos durch die Welt. Wo ist für Sie eigentlich Heimat?

Hülkenberg: Heimat ist und bleibt für mich Emmerich, dort, wo ich aufgewachsen bin. Aber auch mein jetziger Wohnort ist meine aktuelle Heimat.

Aber Sie wohnen nicht mehr in Emmerich?

Hülkenberg: Nein, ich wohne mittlerweile am Bodensee. Aber noch nicht sehr lange.

Schaffen Sie es noch oft nach Emmerich?

Hülkenberg: Ja, ich bin immer noch ein paar Mal im Jahr dort.

Erkennen die Menschen Sie dort auf der Straße?

Hülkenberg: Manche ja, manche nein. Es ist auf keinen Fall so extrem wie bei Sebastian Vettel zum Beispiel, der nach seinem dritten WM-Titel ja kaum noch auf die Straße gehen kann.

Traurig, dass das bei Ihnen nicht so ist?

Hülkenberg: Im Gegenteil, ich bin sehr froh darüber, wenn ich meine Ruhe habe. Gegen den Erfolg auf der Rennstrecke hätte ich aber nichts einzuwenden, und wenn damit auch der Menschenauflauf auf der Straße käme, dann würde ich das in Kauf nehmen.