Austin. Von der Pole Position war Sebastian Vettel ins Rennen gegangen, sein schärfster Rivale Fernando Alonso nur von Rang sieben - trotz dieser verheißungsvollen Ausgangsposition hat es Sebastian Vettel in Austin verpasst, sich vorzeitig den Titel-Hattrick zu sichern.
Den schwarzen Cowboy-Hut von den kichernden Grid-Girls nahm er auch nach der verpassten WM-Entscheidung mit einem breiten Grinsen entgegen: Trotz eines starken Ritts auf seinem "Roten Bullen" hat Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel den Premieren-Sieg in Texas verpasst und muss im Kampf um seinen dritten WM-Titel bis zum Saisonfinale zittern. In dieses am kommenden Sonntag in Sao Paulo geht Vettel nach seinem zweiten Platz beim ersten Rennen in Austin mit 13 Punkten Vorsprung. Somit würde ihm in Brasilien bereits ein vierter Platz reichen, selbst wenn Rivale Fernando Alonso das Rennen gewinnen würde.
Dass er sich nicht als Verlierer, sondern als zweiter Sieger fühlte, zeigte Vettel schon direkt nach der Zieleinfahrt, als er zufrieden winkte und über den Boxenfunk erklärte: "Ich bin absolut glücklich."
Der Red-Bull-Pilot trotzte zwar allen Psychospielchen und Regeltricks von Alonso und dessen Team Ferrari, musste sich aber um 0,6 Sekunden dem starken Briten Lewis Hamilton im McLaren geschlagen geben. Alonso kam nach einer starken Aufholjagd von Startplatz sieben als Dritter aufs Podium und wahrte seine kleine Chance auf seinen dritten Titel. Auf den Deutschen hatte der Spanier 38,5 Sekunden Rückstand.
Die Konstrukteurwertung hat Red Bull schon gewonnen
Den ersten Titel-Hattrick haben Vettel und Red Bull seit Sonntag aber schon sicher: In der Konstrukteurswertung liegen sie nach Vettels Triumph uneinholbar vorne. Dabei leistete Teamkollege Mark Webber wieder einmal nur geringe Schützenhilfe - diesmal aber unverschuldet. Wie bei Vettel in Valencia und Monza verweigerte die Lichtmaschine in der 17. Runde den Dienst. Der Australier Webber, der bis dahin auf Rang drei direkt vor Alonso gelegen hatte, musste sein Auto abstellen. "Normalerweise wäre das Podium möglich gewesen", sagte er und bangte mit Vettel: "Schlimm, dass wir uns wegen der Zuverlässigkeit nun wieder Sorgen machen müssen."
Rekordweltmeister Michael Schumacher wurde in seiner dritten Heimat - er besitzt seit kurzem eine Ranch in Texas - von Startplatz fünf bis auf Rang 16 durchgereicht, wurde dabei überrundet und blieb auch in seinem vorletzten Saisonrennen zum sechsten Mal in Folge ohne Punkte. Am Ende landete er sogar weit hinter seinem Mercedes-Teamkollegen Nico Rosberg, der sich von Rang 17 zumindest bis auf Position 13 vorarbeitete und ohne Überrundung blieb. Nico Hülkenberg (Force India) kam in seinem vorletzten Rennen vor dem Wechsel zu Sauber auf Rang acht, Marussia-Pilot Timo Glock belegte Platz 19.
Ferrari mit strittiger Aktion vor dem Start
Ferrari hatte schon vor dem Start mit einer strittigen Aktion für heftige Diskussionen gesorgt. Eine eigentlich als Bestrafung gedachte Regel des Automobil-Weltverbandes FIA machte sich die Scuderia nun zunutze, um Alonso in eine bessere Position zu bringen. Bei Teamkollege Felipe Massa wurde vor dem Rennen mutwillig das Siegel am Getriebe verletzt, was wie der Tausch des Getriebes eine Rückversetzung um fünf Plätze nach sich zieht.
Somit startete der Brasilianer in Texas vom elften statt vom sechsten Startplatz - Alonso rückte vom achten auf den siebten Rang vor. Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko reagierte ebenfalls gelassen - und mit Ironie. "Wir haben das zur Kenntnis genommen und schauen nur auf uns", sagte der Österreicher und ergänzte: "Wir hatten es zum Glück nicht nötig, uns über solche Dinge Gedanken zu machen."
Schon am Start rückte Alsonso drei Plätze vor
Doch beim Start zeigte Alonso, der nach der neuntbesten Zeit im Qualifying schon von einer Rückversetzung Romain Grosjeans profitiert hatte, auch noch seine ganze Klasse. Schon in der ersten Kurve war er an Nico Hülkenberg, Michael Schumacher und Kimi Räikkönen vorbeigezogen und hatte den vierten Platz erobert - das Mindestziel, um ein echtes Finale in Brasilien zu erzwingen.
Der deutsche Widerstand direkt vor Alonso hatte somit nicht lange gehalten. Dabei hatte Vettel am Samstag noch launig "eine Runde Bier" versprochen, wenn ihm Hülkenberg und Schumacher helfen würden.
Doch der Weltmeister zeigte sich unbeeindruckt von dem, was hinter ihm passierte. Er zog vorne zunächst seine Kreise, bis ihm nach etwa zehn Runden Hamilton durch ganz schnelle Runden immer näher kam. Die Aufgabe, Alonso fernzuhalten, erfüllte Webber auf Rang drei zunächst durchaus zuverlässig - bis er ausschied. Doch der künftige Mercedes-Pilot Hamilton setzte Vettel weiter kräftig unter Druck und verkürzte den Rückstand nach 16 Runden zunächst auf eine Sekunde, ehe sich Vettel wieder ein wenig lösen konnte.
Vettel beschwerte sich per Funk
Alonso verlor dahinter an Boden, zunächst durch einen kleinen Ausritt auf der Strecke, dann durch einen ungewöhnlichen langen Boxenstopp, den ein klemmendes rechtes Hinterrad verursacht hatte. Vettels erster Reifenwechsel verlief problemlos, so behielt der Hesse die Führung. Vor Alonso schob sich zwischenzeitlich noch der wie Rosberg ganz lange mit einem Stopp wartende McLaren-Pilot Jenson Button.
Nach zwei Dritteln der Distanz zeigte Hamilton dann wieder, dass er sich noch nicht geschlagen geben wollte. Zeitweilig klebte der McLaren dem Red Bull direkt am Hinterrad. Doch Vettel bewies zunächst Nervenstärke. In der 42. von 56 Runden zog Hamilton dann aber auf der langen Gerade mit der vollen Kraft von KERS und DRS vorbei. Vettel beschwerte sich im Funk, dass ihn ein Überrundeter kurz zuvor aufgehalten habe und er somit verlangsamen musste. "Bleib ruhig und konzentriere dich", antwortete sein Renningenieur. Ein Risiko ging Vettel aber nicht mehr ein, zumal Hamilton nur schwer zu bezwingen gewesen wäre. (sid)