Abu Dhabi. Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel hat nach einer Aufholjagd mit Platz drei beim Großen Preis von Abu Dhabi seine Führung in der Gesamtwertung erfolgreich vor Ferrari-Pilot Fernando Alonso verteidigt. Vettel musste in Abu Dhabi als Letzter aus der Boxengasse starten. Kimi Räikkönen gewann.

Das Rennen, das im Zwielicht endet, zeigt gleich drei strahlende Rennfahrer: Kimi Räikkönen, der den ersten Lotus-Sieg seit 1987 einfährt, Fernando Alonso, der sich dank neuer Ferrari-Flügel auf Platz zwei schiebt – und natürlich Sebastian Vettel, der bei dem Großen Preis von Abu Dhabi als 24. gestartet war und als sensationeller Dritter ins Ziel kommt. Insgesamt hat er während des Rennens 32 Plätze gut gemacht, damit hat der Heppenheimer trotz der ungünstigsten Ausgangslage nur drei Zähler seiner komfortablen Führung verloren. Eine unfassbare Leistung, und der bisherige Höhepunkt dieser Formel-1-Weltmeisterschaft, die erst bei den letzten beiden Rennen in Nord- und Südamerika entschieden wird. Vettel führt bei noch 50 zu vergebenden Zählern mit 255:245 Punkten gegen Alonso. „Was für ein verrücktes Rennen“, gesteht der Titelverteidiger dem Sieger. Vom Desaster zum Master.

Räikkönen gewinnt zum ersten Mal nach zweijähriger Pause

Über Boxenfunk kommentiert der Red-Bull-Pilot seiner Mannschaft das, was er gerade vorgelebt hat: „Ich hab’s Euch gesagt, Jungs – wir dürfen niemals aufhören, an uns zu glauben!“ Diesen Schwung muss er mitnehmen, um den Hattrick zu schaffen: „Für mich ging es nur noch darum, volle Attacke zu fahren, alles oder Nichts.“ Davon, dass er schon bei der Formel-1-Premiere in Texas in zwei Wochen vorzeitig Champion werden kann, will er noch nichts hören: „Wir haben heute mal wieder gesehen, wie schnell sich alles verändern kann.“ Ein großer Fahrer in einem großen Auto. Was auch für den aggressiven Comebacker Kimi Räikkönen gilt, der nach seiner zweijährigen Pause das geschafft hat, was Michael Schumacher verwehrt blieb. „Ein guter Sonntag“, sagt Alonso, „das war unser Maximum.“ So wie er den Pokal für den Zweitplatzierten in den Nachthimmel über der Wüste stemmt, wird er sich damit nicht zufrieden geben.

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Von Klaus Wille

Das Abu-Drama von Vettel hat seinen Ursprung am Samstag, als er nach seiner letzten Qualifikationsrunde wenige hundert Meter vor Einfahrt in die Boxengasse seinen Red Bull auf Geheiß der Box auf dem Randstreifen abstellt. Eine Vorsichtsmaßnahme, weil kaum noch Sprit im Tank ist, und der Motor in Gefahr ist. Die Rennkommissare beraten vier Stunden, und lassen das Benzin abpumpen. Ein Liter muss mindestens noch drin sind, das ist die Regel. Im RB8 werden aber nur noch 825 Milliliter gemessen, ein Schlückchen also, das fehlt. Damit wird vier Stunden nach Ende des Qualifyings aus dem dritten Platz die letzte Startposition. Eine peinliche Panne für das Championteam. Eine, die diese WM noch entscheiden kann.

Hamilton setzte sich sofort an die Spitze

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Er darf dann als vorletzter aus der Boxengasse starten und hetzt dem Feld hinterher. Dort hat sich Lewis Hamilton sofort an die Spitze gesetzt, Alonso schießt von sechs auf vier vor. Das Fern-Duell beginnt. Und die Kameras zeigen einen ramponierten rechten Frontflügel am RB 8, im Hinterfeld empfiehlt sich immer Vollkasko. Nach neun Runden muss auch Nico Rosberg diese Erfahrung machen, als er auf der Ideallinie in den HRT von Narain Karthikeyan knallt, spektakulär über dessen Auto fliegt und in die Barrieren knallt. „Ich habe nur noch blauen Himmel gesehen“, stöhnt der sichtlich geschockte Mercedes-Pilot hinterher. Den Inder trifft keine Schuld, bei ihm war die Lenkung gebrochen. Kollege Michael Schumacher ist auf Punktekurs, ehe ihn ein Plattfuß zurückwirft. Er wird in seinem drittletzten Rennen Elfter.

Hilfreiche Safety-Car-Phase

Die Safety-Car-Phase bringt Sebastian Vettel, mittlerweile Zwölfter, noch näher heran. Aber nicht für lange, denn beim Reifenaufwärmen wird ausgerechnet Daniel Ricciardo aus dem Red-Bull-Juniorteam Toro Rosso so langsam, dass der Heppenheimer hektisch ausweichen muss und eine Bremsmarke umfährt. Ergebnis: Jetzt muss er wirklich in die Box, den Frontflügel wechseln. Wieder geht die Aufholjagd von ganz hinten los. Kurz nach dem ersten Renndrittel wird es dramatisch: Hamilton rollt ohne Power aus, Räikkönen übernimmt die Führung und Alonso ist Zweiter – damit wäre der Spanier in der WM plötzlich wieder mit fünf Punkten in Führung.

Aber es geht weiter munter durcheinander auf der Wüsteninsel, immer wieder ist Vettels Adudant Mark Webber bei diversen Crashs und Drehern im Spiel. Und sorgt so mit dafür, dass der Titelverteidiger sich plötzlich sogar auf dem zweiten Platz wiederfindet, auch weil Alonso zum Reifenwechsel muss. Damit hätte er seine Gesamtführung weiter ausgebaut. Doch auch Vettel wird kommen müssen, es sei denn, Red Bull geht noch einmal ein ähnliches Risiko wie mit der Benzinnummer. In Runde 38 ist es so weit, und der Heppenheimer kommt als Vierter wieder heraus.

Räikkönen wehrt Alonsos Angriff ab

Und wieder schiebt sich das Feld zusammen, als in der 39. Runde nach einer Massenkarambolage erneut das Safety Car ausrücken muss. Während Alonso nicht richtig an Räikkönen herankommt, schiebt sich Vettel bis auf eine halbe Sekunde an den McLaren von Jenson Button heran. Und lebt seinen ganzen Frust über den verkorksten Beginn dieses Wochenendes im Angriffsmodus aus und geht in der drittletzten Runde außen vorbei. In echter Champion-Manier.