Barcelona. .

Der Stress nimmt zu, die „Jäger“ rücken Sebastian Vettel immer dichter auf die Pelle. Seit seinem zweiten Triumph in der Formel-1-WM ist der junge Heppenheimer gefragter denn je. Bei Fans, bei Medien - und die Gegner haben in der Saisonpause alles versucht, um den Überflieger in diesmal vom Himmel holen zu können.

Zeigt das bei Sebastian Vettel Wirkung? Als vor rund vier Wochen die Tests der neuen Rennautos begannen, sah man ihn gelegentlich durchs Fahrerlager sprinten – wie einst Michael Schumacher auf der Flucht vor lästigen Verehrern oder Fragestellern. Doch gestern, als Vettel auf dem Circuit de Catalunya seine „Generalprobe“ vor dem Saisonauftakt in Melbourne (18. März) in Angriff nahm, war von aufkommender Wagenburg-Mentalität bei dem 24-Jährigen nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: Sebastian Vettel wirkt in diesen Tagen ganz wie der Alte. Oder, wenn man so will: Wie der nette Junge, der er geblieben ist.

Bloß keine Fotos

Sein Stundenplan mag inzwischen voller sein denn je, und so ein Testtag knapp zwei Wochen vor dem Start in die WM 2012 ist harte Arbeit. Aber der jüngste Doppel-Weltmeister der Geschichte zeigt keine Ermüdungs-Erscheinungen. Nach wie vor nimmt sich Vettel auch mitten im dichten Trubel Zeit für einen Plausch, wenn er einen Bekannten entdeckt.

Nach wie vor gibt er bereitwillig Autogramme oder lässt sich mit Fans fotografieren. Der Mann, der in den nächsten neun Monaten bis zum Saisonfinale am 25. November in Sao Paulo das Ziel aller Angriffe sein wird, wirkt unverändert tiefenentspannt.

Doch längst nicht alle in seinem Red-Bull-Team sind so relaxt. Vor allem, wenn es darum geht, den neuen RB8 vor den Blicken der Konkurrenz zu schützen, werden die Mitarbeiter nervös. Beispiel: Kommt Vettel an die Box, rennt ein Helfer hinterher und stülpt eine Plexiglas-Abdeckung über den Heckflügel, noch bevor das Auto zum Stehen kommt. Ziel der etwas paranoid anmutenden Aktion: Bloß keine Fotos in Umlauf gelangen lassen!

Szenenwechsel: Vettels Auto ist ohne Sprit stehengeblieben und wird per Lkw zurück an die Box transportiert – wohl verborgen unter einer schwarzen Kunstfaser-Plane. Blickdicht, selbstverständlich. Beim Abladen wickeln die Red-Bull-Leute eine weitere Hülle um das Ganze – sonst könnte eventuell jemand den Unterboden sehen. „Da kommt selbst Christo nicht mit“, lästern die Beobachter der Zeitschrift „auto, motor & sport“ in Erinnerung an den berühmten Künstler, der einst den Reichstag einpackte.

Was ist dran am neuen Red Bull? Die Gegner sind offensichtlich schwer beeindruckt. Fernando Alonso machte sich mit eigenen Augen und Ohren sein Bild: Bei Mark Webbers Testrunden stand der Spanier an der langsamsten Kurve des Kurses und spionierte: Kam der Australier vorbei, nahm er sogar seine roten Ohrenschützer ab. Alonso wollte ganz genau hören, wo Webber seine Schaltpunkte setzt.

Dabei soll Red Bull erst am heutigen Samstag mit den allerneuesten Teilen ausrücken. Vielleicht ist es das Wissen um die letzten Verbesserungen, das Sebastian Vettel so zuversichtlich und gelassen macht. Die Frage, ob er schon ein ideales Auto für den Saisonauftakt habe, beantwortete er gestern Abend so: „Wir kriegen noch ein paar schöne neue Teile und haben noch zwei Testtage vor uns. Danach kann ich mehr sagen.“