Essen. Mercedes kauft Brawn GP - das Weltmeister-Team der Formel 1. Im Gespräch ist nun ein deutsches Fahrer-Duo, das Nico Rosberg und Nick Heidfeld bilden könnten.
Das Schreiben machte gestern Mittag offiziell, was seit Wochen gemunkelt wurde: Mercedes übernimmt die Mehrheit am Formel-1-Rennstall Brawn GP, der in der Saison 2009 mit Jenson Button (England) die Weltmeisterschaft gewann, und wird nach 15 Jahren als Partner von McLaren ab 2010 mit einem eigenen Werksteam an den Start gehen. Über die Fahrer ließen die Stuttgarter gestern noch nichts verlauten. Als ebenfalls offenes Geheimnis gilt jedoch seit Wochen, dass der in Wiesbaden geborene Nico Rosberg, der seinen Abschied vom Williams-Team längst bekannt gegebenen hat, in intensiven Verhandlungen mit Brawn steht.
Ob Button dem Team von „Superhirn” Ross Brawn erhalten bleibt, dessen Rennstrategien mitentscheidend waren für die sieben WM-Triumphe von Michael Schumacher bei Bennetton und Ferrari, ist höchst fraglich geworden. Button verlangt erheblich mehr Geld und hat mittlerweile Kontakte zu anderen Rennställen aufgenommen – wobei ausgerechnet McLaren ganz oben auf seiner Liste zu stehen scheint. Sein demonstrativer Besuch im McLaren-Werk in Woking am letzten Freitag war sozusagen ein öffentlicher Wink mit dem Zaunpfahl.
Motorenlieferung wird fortgesetzt
Auch wenn in der gestrigen Mercedes-Mitteilung die Begriffe „Abschied” und „Trennung” vermieden wurden, steht die Beziehung der Schwaben zu McLaren vor dem Ende. Bis 2011 – so viel wurde immerhin mitgeteilt – wolle McLaren den Mercedes-Anteil von 40 Prozent an dem britischen Team zurückkaufen. Die Motorenlieferungen werden zwar fortgesetzt, doch wie lange, das blieb offen. Mercedes sprach lediglich von der „Möglichkeit”, bis 2015 Motorenlieferant des langjährigen Partners zu bleiben.
Sollte McLaren den amtierenden Weltmeister tatsächlich unter Vertrag nehmen, hätten die Briten mit der Fahrerpaarung Lewis Hamilton/Jenson Button nicht nur die Titelträger der beiden letzten Jahre verpflichtet, sondern zugleich ein Duo, dass zumindest in Großbritannien die Aufmerksamkeit komplett auf sich ziehen würde.
Als potenzielle Partner für Nico Rosberg werden in erster Linie deutsche Fahrer genannt, und zwar in der Reihenfolge Nick Heidfeld (Mönchengladbach), Timo Glock (Wersau) und Adrian Sutil (Gräfeling). Mercedes-Sportchef Norbert Haug zur Fahrer-Frage: „Das braucht noch ein bisschen Zeit.”
Als „Änderung der bisherigen Form der Zusammenarbeit” bezeichnet Mercedes in branchenüblicher Umschreibung den langsamen Abschied von McLaren und dankte den Briten für die „erfolgreiche Zusammenarbeit während der letzten anderthalb Jahrzehnte.” Höhepunkte waren die WM-Triumphe von 1998 und 1999 (mit Mika Häkkinen/Finnland) sowie der Titelgewinn von Lewis Hamilton (England) 2008. Gleichzeitig kündigte Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche an: „Auf der Strecke werden wir Rivalen sein.”
McLaren preschte vor
Nicht nur dort: Als Mercedes seine Botschaft gestern um exakt 13.05 Uhr an die Öffentlichkeit lancierte, waren die McLaren-Mitarbeiter schon vorgeprescht. Ihre Mitteilung war um 12.56 Uhr herausgegangen.
Silber – mit einem Schuss Rot – wird im nächsten Jahr McLaren-Farbe bleiben. Silber pur soll auf den Mercedes-Rennern zu sehen sein. „Im Stil lupenreiner Werks-Silberpfeile”, heißt es bei den Schwaben, wolle man auftreten. Der Name Brawn wird demnach keine Rolle mehr spielen. Künftig heißt es „Mercedes Grand Prix”
Nicht schwer zu erraten, dass sich der schlaue Ross Brawn den Deal gut hat bezahlen lassen. Konkrete Summen nennt wie üblich niemand, so viel war aber immerhin zu erfahren: 75,1 Prozent der Rennstall-Anteile wurden veräu-ßert, wovon Mercedes 45,1 Prozent erwarb. 30 Prozent gingen an den Investor Aabar aus Abu Dhabi, mit insgesamt 9,1 Prozent größter Einzelaktionär der Daimler AG.