Bochum/Witten. Ein Leben ohne Fußball? Für die Wittener Schülerin Lany Bäcker undenkbar. Beim TuS Stockum ging’s los, jetzt winkt sogar ein Platz im DFB-Kader.
Nein, ein typisches Mädchenzimmer sieht vermutlich anders aus. Wahrscheinlich geprägt von anderen Farben. Pink eventuell oder Rosa, dazu Pferdebilder, Poster von Musik-Bands, vielleicht Pokale vom Turnen oder Schwimmen. Wenn aber Lany Bäcker auf ihrem Bett im Obergeschoss des Elternhauses sitzt, dann blickt sie auf eingerahmte Trikots ihres Lieblingsvereins Borussia Dortmund, hat die stilisierte Skyline der großen Wittener Nachbarstadt und einen BVB-Schriftzug in Türkis vor Augen.
Und natürlich liegen da auch Bälle auf dem Boden, denn mit denen weiß die 14-Jährige ganz besonders gut umzugehen. Die Schülerin des Ruhr-Gymnasiums ist Fußballerin durch und durch, spielt ab dem Sommer in der U-17-Bundesliga für die SG Essen-Schönebeck.
Wittener Schülerin will ab dem Sommer gleich in zwei Teams durchstarten
Wo gleichaltrige Mädchen stylishe Shirts in Hülle und Fülle horten, stapelt die aufgeweckte Blondine Fußballtrikots in rauen Mengen. Gewissermaßen Dienstkleidung für den hochveranlagten Teenager, der die ersten fußballerischen Schritte beim TuS Stockum machte. Dort, wo auch ihr Vater Tim Bäcker lange spielte. „Dabei wollte er anfangs gar nicht, dass ich auch Fußball spiele. Stattdessen eher schwimme oder Taekwondo mache, wie meine Mutter“, sagt Lany Bäcker.
Doch die habe schon von frühester Kindheit an die Füße einfach nicht von den Bällen lassen können - auch nicht, wenn es draußen stürmte oder Bindfäden regnete. „Selbst im Kindergarten hat sie jeden Tag gespielt. ,Die müssen sie unbedingt beim Fußball anmelden, die hat Talent’“, erinnert sich Rebecca Bäcker noch an die Worte einer Erzieherin, die damit quasi eine vielversprechende Laufbahn mit auf den Weg gebracht haben dürfte.
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In Stockum unter Trainer Henning Nöcker lernte sich Lany als einziges Mädchen unter den Jungs schnell zu behaupten. Irgendwann stieß auch ihr Vater als Trainer des TuS-Nachwuchs hinzu, der in Witten alles abräumte, Stadtmeister wurde. „Die Jungs haben mich eher als Kumpel gesehen, da gab’s auch keinen Zickenterror wie unter Mädchen“, so die 14-Jährige. Mit der Bochumer Kreisauswahl gewann sie ein bedeutendes Hallenturnier (den ARAG-Cup) an der Sportschule Kaiserau, fiel den Beobachtern gleich auf. Und das nicht nur, weil sie größer war als ihre männlichen Alterskollegen. Danach trudelten die ersten Anfragen ein, von der TSG Sprockhövel oder dem Hombrucher SV. Angeschlossen hat sich Lany Bäcker ab der C-Jugend dem Dortmunder Verein FC Brünninghausen, „aber dann kam die Coronazeit, da gab es wenig Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln.“
Länderpokal im Mai in Duisburg als Sichtung für DFB-Auswahl
Den Talentspähern des Bundesligisten SG Essen-Schönebeck fiel die groß gewachsene, beidfüßige Defensivspielerin schon ziemlich früh auf, als Gastspielern bestritt sie schon einige Partien für den Nachwuchs des Clubs. Ab diesem Sommer wird sie mit Zweitspielrecht dem Essener Bundesliga-Team in der U 17 angehören. Hauptsächlich wird Lany Bäcker bei den Jungs des Hombrucher SV in der U-15-Regionalliga kicken. Auch hier natürlich wieder als einziges Mädchen.
„Bis zum 17. Lebensjahr darf ich in Jungen-Mannschaften spielen. Ich versuche, es in beiden Mannschaften parallel hinzubekommen“, sagt die inzwischen mit ihren Eltern in Bochum-Langendreer lebende Gymnasiastin. Klingt nach einem ziemlich vollen Terminkalender. „Ja, bis auf den Sonntag, den ich mir reserviere für Freunde und vor allem für meine Familie, ist bei mir jeder Tag voll mit Fußball. Aber ich kenne das ja nicht anders“, sagt Lany. Die auf dem Platz nicht nur zu den Längsten, sondern auch zu den Lautesten gehört. „Die Trainer erwarten das auch von mir“, so die 14-Jährige, die in Hombruch - im Übrigen der Jugendclub von Nationalspielerin Lina Magull (FC Bayern München) - auch auf drei ehemalige Mitspieler aus Stockumer Zeiten trifft. Das hilft bei der Eingewöhnung.
Zu Pfingsten wegen eines internationalen Turniers nach Tirol
Um die Noten in der Schule müssen sich die Eltern, die das Talent ihrer Tochter nach Kräften fördern und die bei den Spielen ebenso wie die mitfiebernden Großeltern fast immer mit dabei sind, nicht sorgen. „Auch da läuft es richtig gut“, sagt ihre Mutter Rebecca über die Achtklässlerin. Und so können die Bäckers auch nicht Nein sagen, wenn ihr Sprössling wie demnächst zu Pfingsten eine Einladung zu einem internationalen Mädchen-Turnier in Tirol mit der SGS Essen erhält, für die die Eltern schon mal ein paar Euro zusätzlich locker machen müssen.
„Ich trainiere in Essen jetzt schon einmal pro Woche oder zumindest alle 14 Tage mal mit, das ist ein toller Verein. Für viele junge Fußballerinnen ist dieser Verein der Start ihrer Karriere“, sagt Lany, bei der man aus jedem Satz heraushört, dass sie ganz genau weiß, was sie will.
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Eine Laufbahn in der Damen-Bundesliga hat sie sich fest vorgenommen, und darüber hinaus will sie ihrer schon jetzt reichen Trikot-Sammlung bald das schwarz-weiße DFB-Shirt hinzufügen. „Im Mai ist Länderpokal an der Sportschule Wedau. Ich hoffe, danach schaffe ich den Sprung in die deutsche U-15-Nationalmannschaft.“
Und wo soll der Weg beruflich hinführen? Auch da hat Lany Bäcker schon ganz konkrete Vorstellungen: „Wenn es mit dem Fußball auf Profiniveau klappen sollte, dann werde ich wahrscheinlich Lehrerin. Ansonsten wohl Ärztin oder Architektin.“ Wer so zielstrebig ist, dem darf man durchaus zutrauen, sich durchzusetzen. Ganz so wie auf dem Spielfeld.
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