Witten. Aufhören wollte Kevin Wirges nach der Saison - doch der Torhüter des TuS Heven macht weiter. Auch wegen Corona. Und will endlich mal aufsteigen.

Runde drei Jahrzehnte Fußball - da kann man durchaus verstehen, dass sich Kevin Wirges, Torhüter des Bezirksligisten TuS Heven 09, schon so seine Gedanken über das Laufbahnende gemacht hat. „Eigentlich“, sagt der 35-Jährige, „wollte ich am Ende dieser Saison wirklich aufhören.“ Doch die von der Corona-Pandemie bestimmte und letztlich dauerhaft ausgebremste Spielzeit 2020/21 taugt offenbar doch nicht so wirklich, um einen Schlussstrich zu ziehen. Also hat sich Wirges dazu entschlossen, zumindest noch ein weiteres Jahr dranzuhängen.

„Irgendwie hatte mir im vorigen Jahr ein wenig der Spaß am Fußball gefehlt“, sagt der Wittener nachdenklich. Doch nach dieser arg verkürzten Serie, in der die Hevener Meisterschafts-Anwärter letztlich nur sieben von 34 Punktspielen über die Linie brachten (sechs Siege, eine Niederlage), verwarf Kevin Wirges sein Vorhaben. „So kann ich einfach nicht aufhören“, gibt er zu Protokoll. Denn irgendwann während der Zwangspause kam bei ihm der Gedanke auf, „dass mir ohne den Fußball eben doch was gefehlt hat. Nicht nur die Spiele selbst, sondern das Zusammentreffen mit meinen Mitspielern, meinen Freunden. Corona macht mich kaputt - ich brauche einfach den Kontakt zu den Jungs.“

Lauftraining mit Teamkollege Besim Kasumi

Zumal es ja auch in Sachen Fitness noch gut aussieht bei dem Familienvater (zwei Söhne), der in Hammertal lebt. „Wir hatten von unserem Trainer die Vorgabe, dass sich jeder selbst fit halten soll“, so Wirges. Der zwar nie ein begeisterter „Nur-Läufer“ war, aber inzwischen ganz gerne in der Freizeit eine Runde dreht, meist mit seinem langjährigen Teamkollegen Besim Kasumi (37). Der Körper spielt noch mit, bis auf einen Kreuzbandriss vor rund vier Jahren ist der Torhüter von schwerwiegenden Verletzungen verschont geblieben. Und so darf der künftige, neue TuS-Trainer Max Wagener den Routinier zwischen den Pfosten fest einplanen für die Saison 2021/22.

In der B-Jugend beim VfL Bochum

Dass Kevin Wirges ein hochveranlagter Torwart ist, das kristallisierte sich allerdings erst später heraus. „Angefangen habe ich als Feldspieler. Ich war damals sowas wie ein Libero - wohl auch, weil ich einer der Längsten war“, erinnert er sich an die ersten Jahre, damals noch im Trikot des SV Herbede, weil sein Vater Wilfried seinerzeit auch dort aktiv war. Der war dann bis zur C-Jugend zugleich Trainer seines Juniors, der sich inzwischen dann doch die Torwarthandschuhe übergestreift und Talent im Kasten hatte. Welches er dann auch beim FSV Witten in der C-Jugend-Bezirksliga zeigte. Prompt ging es dann auch gleich auf der Karriereleiter ein paar Stufen weiter nach oben, denn die B-Junioren-Jahre verbrachte Kevin Wirges beim VfL Bochum. „Aber ich hatte nie die Ambitionen, Fußballprofi zu werden. Und bei den A-Junioren wäre ich beim VfL wohl nur dritter Mann gewesen, daher bin ich dann zur DJK TuS Hordel gewechselt“, berichtet der 35-Jährige.

Beim damaligen Verbandsligisten SV Herbede löste Kevin Wirges seinen Vorgänger Heiko Felgentreu (li.) als Nummer eins ab.
Beim damaligen Verbandsligisten SV Herbede löste Kevin Wirges seinen Vorgänger Heiko Felgentreu (li.) als Nummer eins ab. © WAZ | Dietmar Mauer

Dabei hätte Wirges auch ans Internat von Bundesligist Borussia Mönchengladbach gehen können, „doch irgendwie fehlte mir dazu das Zutrauen, dieser letzte Schritt.“ Ohnehin ging sein Denken längst in eine andere Richtung, der Wittener gab einer soliden beruflichen Ausbildung den Vorrang, heute arbeitet er als Industriemechaniker. Nach der Jugendzeit legte Kevin Wirges dann sogar eine sechsmonatige fußballerische Pause ein. Als er mit 19 wieder einstieg, tat er dies beim Hammerthaler SV (wohin sein Vater Wilfried inzwischen gewechselt war) - „aber erst als Feldspieler. Als sich dann unser Torwart Christopher Zimmer verletzte, bin ich wieder ins Tor“, blickt Wirges zurück.

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Eine Meisterfeier war ihm bei den Senioren nie vergönnt

Drei Jahre blieb er beim HSV, hechtete sonntags auf dem Ascheplatz durch die Strafräume. Und bekam reihenweise Anfragen benachbarter Clubs. Der TuS Stockum wollte ihn, auch TuRa Rüdinghausen. Immer wieder versuchte auch der hartnäckige Trainer des Westfalenligisten SV Herbede, Helge Martin, den talentierten Schlussmann zu einem Vereinswechsel zu überreden - und hatte nach zwei Jahren schließlich Erfolg. „Auch, weil mein Vater mir damals riet, das zu machen“, so Wirges, der beim SVH bald den Stammplatz von Heiko Felgentreu übernahm, als sich dieser am Knie verletzte. „Leider bin ich mit den Herbedern nie aufgestiegen“, sagt er mit ein wenig Wehmut. Kaum zu glauben angesichts einer solch langen Laufbahn, aber: „Irgendwie war mir in der Seniorenzeit nie eine Meisterfeier vergönnt - auch später nicht. Ich bin wohl quasi der Unaufsteigbare.“

Im Sommer 2013 ging es für ihn hinüber zum Oberligisten TuS Heven 09, der in der Folge dreimal hintereinander abstieg. Eine harte Zeit, die für Wirges endete, als er sich zur Saison 2016/17 dem FC Wetter anschloss. „Wirklich Spaß gemacht hat es mir dort aber nicht“, wie er heute eingesteht und demzufolge schon in der Winterpause zurückkehrte zum Hevener Haldenweg. „Beim TuS im Verein habe ich mich immer wohlgefühlt“, sagt der Wittener, dem man dort auch den Freiraum gestattete, nicht mehr zwingend jede Trainingseinheit wahrnehmen zu müssen. Sein Ehrgeiz ist dennoch ungebrochen: „Nachdem ich so oft abgestiegen bin, will ich mit dem TuS Heven jetzt auch mal nach oben“, so Wirges.

Auch die beiden Söhne sind schon am Ball

In dieser Saison hätte es klappen können - mehr als besagte sieben Spiele („mit einer wirklich tollen Mannschaft“) waren den Blau-Weißen aber nicht vergönnt. „Ich denke, dass es im Juni wieder losgehen wird mit dem Fußball. Mir fehlt einfach das ganze Drumherum am Sportplatz“, sagt der frühere Oberliga-Keeper, dem Angebote u. a. vom TuS Ennepetal, von der TSG Sprockhövel oder dem ASC 09 Dortmund vorlagen und dem meist auch die gesamte Familie am Spielfeldrand die Daumen drückt.

Seine größte Stärke hat Kevin Wirges (re., hier als Schlussmann des TuS Heven 09 im Oberliga-Duell mit der Hammer SpVg in der Saison 2013/14), im direkten „Eins-gegen-eins“ mit dem gegnerischen Angreifer.
Seine größte Stärke hat Kevin Wirges (re., hier als Schlussmann des TuS Heven 09 im Oberliga-Duell mit der Hammer SpVg in der Saison 2013/14), im direkten „Eins-gegen-eins“ mit dem gegnerischen Angreifer. © Fischer / WAZ FotoPool | Fischer

Inzwischen kicken auch seine beiden Söhne, Till (5) und Ben (2) - bei den Minis des Hammerthaler SV. Trainiert werden sie dort natürlich von ihrem Opa Wilfried Wirges, denn der hat einst schon aus dem kleinen Kevin einen prima Fußballer gemacht. Wobei: Zumindest Sohnemann Till hat bislang noch keine Ambitionen, auch Torhüter zu werden. „Sein Idol ist Marco Reus vom BVB“, verrät sein Vater, der auch Fan der Schwarz-Gelben aus Dortmund ist. Und wenn die Jungs doch irgendwann eher zum Handball greifen, wie ihre Mutter Miriam, die lange erfolgreich für den TuS Bommern spielte? „Das wäre mir auch egal“, sagt Kevin Wirges. „Hauptsache, sie machen Sport und haben Spaß daran.“