Annen. Als Max Günzel ein Jobangebot in Berlin bekam, schaute er sich einfach mal um, schrieb eine Facebook-Nachricht - und landete bei Hertha BSC

VfB Annen, TuS Stockum, TuS Heven, SV Herbede - und Hertha BSC. Nein, diese Riege von Mannschaften ist kein kühner Traum eines übermütigen Wittener Amateurfußballers, es ist die reale Geschichte von Maximilian Günzel.

Heute spielt der Verteidiger beim VfB Annen, feierte vor kurzem den Aufstieg in die Bezirksliga. Es ist bei weitem nicht seine erste Station im Wittener Fußball. Beim SV Herbede spielte er erst in der Westfalen- und später in der Bezirksliga, beim TuS Stockum in der Landesliga und beim TuS Heven in der Westfalenliga. Um seine beiden größten Abenteuer zu erleben, musste der Wittener Junge jedoch das heimische Nest verlassen.

In Aachen fand sich Maximilian Günzel plötzlich in der Oberliga wieder

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Der erste Schritt raus in die Welt führte Günzel nach Aachen. „Dort habe ich meinen Master in Maschinenbau mit der Vertiefung Energietechnik studiert“, sagt der 28-Jährige.

Weil er aber nicht nur studieren wollte, sondern weil der Fußball auch Körper und Seele gut tut, beim Zurechtfinden in einer neuen Stadt hilft, suchte sich Günzel einen Klub in der ehemaligen Kaiserstadt und fand den mit dem SV Eilendorf. „Die haben in der Mittelrheinliga gespielt, was die Oberliga Mittelrhein ist. Dabei wusste ich das erst gar nicht. Ich habe nur nach einem sympathischen Verein gesucht“, so Günzel.

Er nahm die sportliche Herausforderung an, spielte immerhin zwölf Mal, musste am Ende aber den Abstieg hinnehmen. Für Günzel war es dennoch eine „sehr schöne Zeit, aber dann hat es mich wieder in die Heimat verschlagen. Ich habe den Master in Bochum fertig studiert und bin nach Herbede gegangen“, sagt er.

In Herbede blieb er ebenfalls nur ein Jahr, ehe ihn noch einmal der Ehrgeiz packte und er es bei Concordia Wiemelhausen in der Westfalenliga probierte. „Da hatte ich aber einen Leistenbruch und war lange raus“, so Günzel, der zur gleichen Zeit ein Jobangebot bekam - in Berlin.

Eine Facebook-Nachricht ebnete den Weg zu Hertha BSC

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Eine Chance, die er sich nicht entgehen lassen konnte. Weil der Defensivspezialist bei seinen ehemaligen Mannschaftskameraden von seinem bevorstehenden Umzug in die deutsche Hauptstadt erzählte, „kamen die Sprüche. ‘Ha, Ho, He, Hertha BSC. Ich könne da ja Bundesliga spielen“, erinnert sich Günzel lachend.

Natürlich war es eher ein Aufziehen unter Freunden, doch bei Günzel säte es einen Gedanken im Kopf. „Als ich früher beim SV Herbede gespielt habe, hatte ich einen Mannschaftskameraden, der nach Bremen gegangen ist und dann für die vierte Mannschaft von Werder Bremen gespielt hat. Das fand ich geil“, so Günzel.

Also schaute er sich an, ob so etwas auch in Berlin, bei Hertha BSC möglich sei. „Ich habe gesehen, dass die dritte Mannschaft Bezirksliga spielt, das passte. Dann habe ich den Trainer bei Facebook gefunden und ihn angeschrieben. Wir haben uns auf einen Kaffee getroffen, ich habe zwei Trainingseinheiten mitgemacht und dann wollte er mich holen. Da hatte ich auch Glück, weil er mir erzählt hat, er bekommt täglich viele solcher Nachrichten.“

Rasenplätze auf Bundesliganiveau und das Fragen nach dem Trikot

Die Fans behandelten Maximilian Günzel (vorne, hinter dem Kind) und seine Teamkollegen von der dritten Mannschaft wie Profis.
Die Fans behandelten Maximilian Günzel (vorne, hinter dem Kind) und seine Teamkollegen von der dritten Mannschaft wie Profis. © Günzel

Das Fußballerleben beim Bundesligaklub war ein ganz anderes, nicht zu vergleichen mit einem normalen Amateurverein. Das Produkt Hochglanzfußball, das die erste Mannschaft ausstrahlt, spürte der Wittener bis hin zur Drittvertretung: „Es ist der Hammer. Ich bin mit der Bahn zum Training gefahren, bin am Olympiastadion ausgestiegen. Dann geht man durch eine Pforte, durch die man auch nur kommt, wenn man Spieler ist. Das ist schon ein geiles Gefühl. Die Rasenplätze haben Bundesliganiveau, die Kunstrasenplätze sind beheizt, das Flutlicht, alles 1a“, sagt Günzel.

Bei den Spielen der Bezirksliga-Kicker kamen einige Fans, Banner hingen aus, bei einem Spiel habe Pal Dardai mal zugeguckt, auch Michael Preetz sei vorbeigelaufen, so Günzel, dem eine Situation besonders in Erinnerung geblieben ist: „Das witzigste war, dass nach einem Testspiel wirklich Kinder gefragt haben, ob sie mein Trikot haben dürfen, das ist ja das gleiche, wie bei den Profis. Das ist schon wirklich cool.“

Berlin war eine spezielle Erfahrung

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Aber wo viel Licht ist, da ist auch Schatten. „Es gab nicht so das typische Vereinsleben wie hier mit einem Klubhaus und einem Bierchen. Das ist anders, es ist alles sehr getaktet auf die Jugend, auf Leistung und Präzision“, so Günzel.

Deshalb und weil sein Trainee-Vertrag als Ingenieur nach einem Jahr auslief, zog es dem heimattreuen Günzel wieder ins Ruhrgebiet: „Ich muss auch sagen, Berlin ist nicht meine Stadt. Ich könnte da nicht alt werden, es ist mir alles etwas zu groß und hektisch, zu freaky, auch wenn es cool ist mit den ganzen Kulturen. Die fast vier Millionen Einwohner merkt man schon.“

Mit dem VfB Annen will Günzel eine gute Rolle spielen

Maximilian Günzel (links) ist mit dem VfB Annen in die Bezirksliga aufgestiegen.
Maximilian Günzel (links) ist mit dem VfB Annen in die Bezirksliga aufgestiegen. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Nun ist Günzel zurück, hat seine neue sportliche Aufgabe beim VfB Annen gefunden - und einen Job als Aushilfslehrer angenommen. „Ich wollte nie Lehrer werden und nun werde ich aller Wahrscheinlichkeit nach ein Quereinsteiger“, so Günzel, der aktuell Mathe und Physik unterrichtet, am liebsten aber auch Sport auf seinen persönlichen Stundenplan schreiben würde.

Flexibilität hat er also schon einmal bewiesen. Mit dem VfB Annen möchte Günzel in der kommenden Saison in der Bezirksliga angreifen. „Ich fühle mich hier super wohl und bin froh, dass ich nach Berlin nach Annen gewechselt bin. Es macht viel Spaß und man merkt, dass man etwas bewegen kann. Jeder läuft für jeden, ich glaube schon, dass wir eine gute Rolle in der Bezirksliga spielen können. Wir müssen uns nicht verstecken.“ Das tut Günzel sowieso nicht. Weder auf dem Arbeitsmarkt, noch auf dem Fußballplatz.

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