Witten. Der Para-Sprinter der DJK BW Annen startet seit wenigen Monaten mit Ex-Olympionike Alexander Kosenkow. Gemeinsam wollen und zu den Paralympics.

Dass er schnell laufen kann, viel schneller als andere, das wusste Marcel Böttger schon immer. „In der Schule haben sie gesagt, ich soll unbedingt Leichtathletik machen“, erzählt der 26-Jährige. „Ich habe auch in meiner Freizeit Fußball gespielt, Handball ausprobiert. Aber ich hatte einfach keine Lust.“ Erst mit Mitte 20, als eine Wattenscheider Trainerin ihn immer wieder fragte, sagte er zu, einmal zum Training zu kommen – dabei blieb es aber nicht.

Seit einem Jahr trainiert er regelmäßig im Wittener Wullenstadion, startet für den TV Wattenscheid 01 und Blau-Weiß Annen — und träumt von den paralympischen Spielen in Tokio 2020. Seine steile Entwicklungskurve lässt das Ziel realistisch erscheinen.

Sehkraft von drei Prozent

Böttger kann auf dem rechten Auge nichts sehen, auf dem linken Auge hat er eine Sehkraft von drei Prozent. „Am Anfang musste ich mir angewöhnen, danach zu gucken, dass er auch wirklich freie Bahn hat, wenn er seine schnellen Läufe macht“, sagt Patrick Berg, Trainer und Leichtathletik-Geschäftsführer von der DJK BW Annen. „Aber es war überhaupt keine Frage, Marcel nicht bei uns trainieren zu lassen.“ Böttger, der als Physiotherapeut arbeitet, sagt: „Blau-Weiß Annen unterstützt mich sehr viel.“ Er zahlt es mit guten Leistungen zurück – zuletzt lief er eine 100-Meter-Zeit von 11,41 Sekunden.

„Am Anfang hat mir etwas der Antrieb gefehlt, ich war auch faul. Das ist frustrierend, wenn die Zeiten stagnieren“, blickt Marcel Böttger zurück. „Aber seitdem ich mit Alex trainiere, geht es voran.“ „Alex“, das ist Alexander Kosenkow, 42 Jahre, mehrere Deutsche Meistertitel über 100 und 200 Meter, vier EM-Medaillen mit der deutschen Staffel, Olympia-Fünfter von Peking 2008. Er ist Marcel Böttger „Guide“.

„Viel Vertrauen“

Kosenkow und Böttger stehen in engem Kontakt, was das Training angeht, auch wenn sie höchstens einmal pro Woche gemeinsam trainieren können, weil Kosenkow in Vechta lebt. Dass er bei Wettkämpfen mit Kosenkow startet, hilft ihm sehr. Auf der Bahn sind die beiden durch ein Bändchen verbunden und laufen parallel nebeneinander. „So habe ich viel mehr Vertrauen“, erklärt Böttger. „Ich muss nicht auf die Bahn gucken. Früher habe ich immer oben geguckt, unten geguckt, so geht komplett die Spannung verloren.“

Mit Kosenkow an seiner Seite kann er sich auf seine Körperhaltung konzentrieren, auf die Armtechnik. Das sieht man an den Zeiten. Aber Kosenkow ist auch abseits der Bahn wichtig für Böttger.

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Nicht nur, dass er sich immer vom Training berichten lässt. „Es ist natürlich auch ein Reiz, mit einem zu laufen, der so viel erreicht hat und genau weiß, worauf es ankommt“, sagt Böttger.“ Und wenn Kosenkow von Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen erzählt, dann fängt auch Böttger an zu träumen — und es spornt ihn an. In Richtung von 11,20 Sekunden muss er wohl kommen, um im September in Dubai bei der Para-WM starten zu dürfen. Noch größer ist das Ziel, bei den Paralympics in Tokio dabei zu sein.

Fünfmal pro Woche Training

Fünfmal pro Woche trainiert Böttger, „sonst gibt es Ärger von Alex“, meint er lachend. Eine Zeit unter 11 Sekunden ist das mittelfristige Ziel. Marcel Böttger stand noch im Mai bei 11,85, jetzt ist er bei 11,41. Er rennt, so schnell es geht Richtung Tokio.