Hilden. Die Verletztenmisere bei der SSVg Velbert ist extrem. Das Spiel gegen Hilden schauten die Verletzten und Gesperrten gemeinsam. Ein Bericht aus Spielersicht.

Es war schon irgendwie ein skurriles Bild, welches sich beim 1:1 der SSVg Velbert gegen den VfB Hilden neben dem Platz bot. Wie an einer Schnur aufgezogen standen sie da, die Verletzten oder gesperrten Spieler der Velberter: Tristan Duschke und Manuel Schiebener fielen mit ihren Krücken nach Kreuzbandrissen am meisten auf, doch auch Noah Abdel Hamid, dem ein Zehenbruch zu Schaffen machte, der nach Notbremse gesperrte Max Machtemes sowie Cellou Diallo, der sein Knie nach Innenbandriss ebenfalls durch eine Schiene schützte, waren vor Ort und schauten sich die Partie gegen Hilden gemeinsam an.

SSVg Velberts Tristan Duschke kann frühestens im März operiert werden

Die gute Laune lassen sich alle Fehlenden trotzdem nicht nehmen. Schon vor Anpfiff führt vor allem Duschke zahlreiche Gespräche. Wie es ihm denn nun gehe beantwortete der Abwehrmann mehrmals mit den gleichen Worten. Nur der Gesichtsausdruck, der verändert sich immer mal wieder, jenachdem, ob sein Gegenüber ihm seine eigene Leidensgeschichte aus früherer Zeit erzählte oder nur Mitleid zeigte. „Ich habe damals danach aufgehört“, so ein Fan gegenüber Duschke, der erwidert: „Du kennst mich ja, ans Aufhören denke ich nicht“.

Oberliga Niederrhein: SpVg Schonnebeck - SSVg Velbert 02
Notbremse von Velberts Max Machtemes im Spiel gegen die SpVg Schonnebeck: Der Mittelfeldmann bekam zwei Spiele Sperre aufgebrummt - und musste daher gegen Hilden zuschauen. © FUNKE Foto Services | Stefan Rittershaus

Aktuell aber seien die Entzündungswerte im verletzten Knie einfach noch zu hoch für eine Operation. Es würde zwar besser werden, die Schwellung sei fast weg, der chirurgische Eingriff könne aber nicht vor Anfang März erfolgen – frühestens. Die Saison? Abgeschrieben. Möglicherweise sogar das gesamte Fußballjahr 2025.

Ein Spielbericht aus Spielersicht: Ein Blick geht auch immer zum Spiel der SpVg Schonnebeck

Kurz vor Anpfiff des Spiels gegen Hilden ziehen die Velberter Fußballer dann doch lieber auf die gegenüberliegende Seite, wo die Sonne die Temperaturen noch erträglich macht. Diallo stößt zur Gruppe um Duschke, Machtemes und Abdel Hamid hinzu und scherzt in Richtung Machtemes: „Max, hast du deine 500 Euro Strafe für die Rote Karte gegen Schonnebeck schon bezahlt?“ Der Mittelfeldmann antwortet mit einem unverständlichen Murmeln, ehe Duschke ihm zur Seite springt: „Das Foul hat uns da gerettet“, sagt er, „das war wichtig.“

Auf dem Feld passiert gegen Hilden zunächst einmal nichts. Die Velberter schauen ruhig und gelassen zu, wie ihre Kollegen sich schlagen. Da bleibt auch Zeit, einmal zu checken, wie es auf den anderen Oberliga-Fußballplätzen so steht: „Der Tönnies hat schon getroffen“, ärgert sich Machtemes nach einem Blick auf das Spiel der SpVg Schonnebeck beim TVD Velbert. „Aber es steht erst 1:0. Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt er.

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„Haben wir heute überhaupt einen zweiten Torwart?“, fragt Diallo kurz danach und fasst die aktuelle Verletztenmisere in einer Frage gut zusammen. Denn das Tor der SSVg hütet mit Luis Plath diesmal der dritte Keeper. Der eigentliche Ersatztorwart Cem Ural ist privat verhindert, Stammkeeper Marcel Lenz angeschlagen –- aber: „der Lenzer sitzt auf der Bank“, beruhigt Abdel Hamid seinen Teamkollegen, ehe ein Velberter Abwehrspieler seinen Gegner plump wegstößt: „Schau mal Tristan, der hat mich nachgemacht“, sagt er lachend in Richtung von Duschke und wirft hinterher? „Sieht das bei mir auch immer so offensichtlich aus?“ – Duschke bejaht.

Der 3. Torwart bekommt viel Lob von seinen Mitspielern

Sportlich passiert weiterhin wenig, die Mannschaften neutralisieren sich. „Würdest du ein 0:0 nehmen, heute?“, fragt Duschke Machtemes, der sich unentschlossen zeigt: es käme auf den Spielverlauf an. Und der ändert sich kurz darauf fast zum Positiven für die Gäste aus Velbert. Nach einer Ecke kommt Andri Buzolli am langen Pfosten zum Kopfball. Der Ball geht vorbei – aus der Perspektive von Duschke und Co. ist dies zunächst aber kaum zu erkennen. Machtemes entschlüpft ein: „Ohaa“, ehe er sich einmal um die eigene Achse dreht. „Mist, ich dachte der war drin. Was habe ich für schlechte Augen.“

Doch nicht nur die Velberter haben ihre Chancen, nach und nach kommt auch der VfB Hilden besser ins Spiel und drückt auf die Führung. Als Benjamin Helmcke sich einmal gerade noch in einen Hildener Abschluss wirft, jubelt Cellou Diallo: „Ja Benni! Sehr wichtig!“ Doch die nachfolgende Ecke sorgt für Chaos. Nur mit gemeinsamen Kräften rettet die SSVg das 0:0. „Das machen die aber auch seit Jahren überragend hier“, lobt Abdel Hamid die Hausherren.

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Es geht mit einem 0:0 in die Pause – auch, weil Luis Plath im Tor der SSVg einen guten Auftritt zeigt: „Darüber haben wir uns noch gar nicht unterhalten, dass unser 3. Torwart spielt.“ „Und der macht das gut“, sagt Duschke. „Ja, total“, bestätigt Machtemes.

VfB Hilden trifft, doch die SSVg Velbert kommt schnell zurück

Zu Beginn der zweiten Hälfte ist die SSVg giftiger und bissiger. Gleich zwei Mal wird Timo Böhm im letzten Moment noch am Abschluss gehindert. Die guten Nachrichten sind dann aber schnell wieder dahin, als Timo Mehlich mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden liegt.

„Nicht noch einer“, stöhnt Manuel Schiebener, der mittlerweile zur Gruppe gestoßen ist, auf seine Krücken gestützt. Es dauert einen Moment, bis Mehlich aufstehen kann. Rund geht er jedoch nicht: Er muss ausgewechselt werden. „Das gibt es doch nicht“, ärgert sich Schiebener, gerade, als Lukas Larsen neu ins Spiel kommt – der zuvor ebenfalls viele Monate ausgefallen war und erst frisch ins Training eingestiegen ist. „Eigentlich müsste er auch anders aufgebaut werden. Aber wir brauchen ihn nun mal jetzt“, so Schiebener.

Musste verletzt ausgewechselt werden: SSVg Velberts Timo Mehlich.
Musste verletzt ausgewechselt werden: SSVg Velberts Timo Mehlich. © FUNKE Foto Services | Stefan Rittershaus

Auf die Führung der Hildener, die Machtemes, Duschke und Co. ohne große Emotionen hinnehmen, findet die Mannschaft auf dem Feld nur wenige Minuten später die passende Antwort. Wieder einmal ist Andri Buzolli zur Stelle. Sein zehntes Saisontor, zu dem sich auch noch elf Assists gesellen. „Sagt mal ganz ehrlich“, leitet Machtemes im Gespräch mit Schiebener und Abdel Hamid ein: „Wie gut ist der? Jeder würde in der Situation schießen, aber er dribbelt vorher noch einen aus“, feixt er und erntet Bestätigung.

Fan erkennt den eigenen Spieler der SSVg Velbert nicht

Das 1:1 wäre ein leistungsgerechtes Ergebnis, mit dem wohl auch alle leben könnten – außer ein Fan, der sich nun von außen an die Gruppe heranschleicht, scheinbar ohne zu wissen, mit wem er da Kontakt aufnimmt. Zumindest deutet darauf alles hin, als er sich über die Schiedsrichterleistung beschwert und Schiebener ins Gesicht sagt: „Das ist wie letzte Woche. Da wurde der Schiebener auch in die Zange genommen und getreten. Rot war das, hast du das gesehen?“, mault er – und Schiebener antwortet in sich hereinlächelnd: „Ich habe es gespürt.“

Oberliga Niederrhein: SSVg Velbert 02 - SpVg Schonnebeck
Manuel Schiebener riss sich gegen Schonnebeck das Kreuzband. Zudem ist das Schienbeinköpfchen gebrochen. Auch er kann frühestens im März operiert werden, aktuell ist die Schwellung noch zu groß. © FUNKE Foto Services | Stefan Rittershaus

Doch zurück zum Spiel: „Wenn wir das hier noch gewinnen, fresse ich einen Besen“, sagt Machtemes als die Minuten nach und nach herunterlaufen. Schiebener ist anderer Meinung, glaubt noch an den Sieg. Aber: „Ich würde gar nicht mehr hinten rausspielen. Ich würde mir jetzt den Hilger schnappen und lange Bälle spielen“, sagt er und Abdel Hamid nickt: „Das würde ich die ganze Zeit schon machen.“

Zum Dreier reicht es am Ende aber nicht mehr. Das 1:1 ist irgendwie auch okay. Zumindest bleibt der große Frust aus, ehe sich alle wieder auf den Weg nach Hause machen. Auf Krücken oder humpelnd – aber immerhin bleibt Machtemes so der Besen als Abendessen erspart.

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