Velbert. Union Velberts Brosig spricht über die Situation an polnisch-ukrainischer Grenze nach Russlands Kriegserklärung. Klub holt zwei Nationalspieler.

Ein Glück, dass sie vorbereitet waren. Schon vor der offiziellen Kriegserklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin an die Ukraine am 24. Februar richteten Thomas Brosig, Kapitän des Tischtennis-Drittligisten SV Union Velbert, und seine Familie die Blicke gen Osten, verfolgten die Lage vor Ort im Minutentakt – um dann ganz schnell zu reagieren und möglicherweise Leben zu retten.

„Mein jüngerer Bruder ist mit einer Ukrainerin verheiratet. Ihre Eltern lebten in Kiew. Mit Beginn des Krieges sind sie noch in der Nacht in Richtung des Dorfes Medyka an der polnisch-ukrainischen Grenze aufgebrochen“, erinnert sich Brosig.

SV Union Velberts Thomas Brosig: Aus einem Tag wurden fünf an der polnisch-ukrainischen Grenze

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Voller Emotionen setzten sich er und seine Schwägerin – Brosigs Bruder blieb beim eineinhalb Jahre alten Sohn zuhause – dann am 25. Februar ins Auto, um die 13 Stunden bis an die Grenze zu fahren. „Es war wichtig, dass sie vorbereitet waren, ihre Papiere schon zurechtgelegt und die wichtigsten Sachen bereits gepackt hatten. Wir haben dann alle eineinhalb Stunden mit ihnen telefoniert und gefragt, wie weit sie sind. Wir haben versucht, sie über das Smartphone zu orten. Nach Grenzübertritt wurde der Mutter erst einmal ihr Handy gesperrt, weil über 600 Euro Roaming-Gebühren angefallen sind“, sagt Brosig.

Eigentlich sei es der Plan gewesen, an einem Tag zur Grenze zu fahren, die Eltern seiner Schwägerin in Empfang zu nehmen und direkt zurückzufahren. Doch aus einem Tag wurden fünf.

70 Kilometer Stau, emotionale Situationen

„Wir mussten einige Nächte im Auto schlafen, weil es an der Grenze so langsam voranging. Es gab 70 Kilometer lang Stau und mit jedem Tag kamen mehr Leute, mehr Presse, mehr Hilfsunternehmen“, so Brosig. Mit dem Wissen, dass alles gut gegangen und die Familie sicher in Deutschland angekommen ist, begann das Verarbeiten der sich in dieser Zeit überschlagenden Gefühle.

Brosig: „Jetzt kann ich darüber reden. Aber in der Zeit habe ich immer nur drei, vier Stunden geschlafen. Es ging mir sehr nahe, man sieht dauernd nur Kinder mit Müttern über die Grenze kommen und weiß, dass die Männer dortbleiben müssen. So viel geweint habe ich noch nie.“

Union Velbert holt zwei ukrainische Jugend-Nationalspieler nach Deutschland

Brosigs Blick geht aber nicht nur zur eigenen Familie. Er hilft gemeinsam mit dem SV Union in dieser Krise, wo er nur kann. Über die Freundschaft vom Ex-Velberter Tischtennis-Ass Ovidiu Ionescu zum Kassenwart Michael Hinz und Ionescus Kontakte konnte Union einen 15-jährigen ukrainischen Tischtennis-Jugend-Nationalspieler nach Velbert holen und im Klub anmelden. Untergekommen ist er gemeinsam mit seinem zwölfjährigen Bruder erst einmal bei Brosig.

Auch ein 19-jähriger ukrainischer Nationalspieler soll nach Deutschland geholt werden, in der neuen Saison beim SV Werder Bremen trainieren und in Velbert spielen. Brosig: „Aber er ist eben 19 und kann durch die Generalmobilmachung aktuell nicht raus...“

Der SV Union Velbertsammelte in den vergangenen Wochen Spenden für einen gemeinnützigen Verein in der Stadt Velbert, der ukrainische Geflüchtete unterstützt. Bei einer Sammlung im Clubhaus sind 363 Euro zusammengekommen. Der Vorstand des Klubs hat entschieden, diesen Betrag auf 750 Euro aufzurunden. Gemeinsam mit dem bereits im Vorfeld durch den Vorstand gespendete Betrag von 500 Euro werden die insgesamt 1250 Euro nun übergeben.

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