Velbert. Die Aktiven vom 1. TSZ Velbert stehen voll hinter dem Entschluss ihrer Trainerin, waren von Beginn an eingeweiht in die Rückzugspläne.
Es war ein gewaltiges Beben, welches Trainerin Astrid Kallrath und die Lateinformation des 1. TSZ Velbert nach der Deutschen Meisterschaft in Bremerhaven mit ihrem sofortigen Ausstieg aus der Bundesliga und dem Verzicht auf den Start bei der WM in Bremen in Tanzsport-Deutschland ausgelöst haben.
Weil es offenbar noch am gleichen Abend viele Stimmen gab, die der Argumentation der Velberter Trainerin nicht folgen wollten, die vor allem den Entzug der Ausrichterrolle für die (später ganz gestrichene) DM 2020 als Grund für den schwerwiegenden Entschluss nannte, sahen sich dann auch die Velberter Tänzerinnen und Tänzer selbst gezwungen, in einem Facebook-Post die Gründe der langjährigen Trainerin zu bestätigen. „Wir wussten von Anfang an Bescheid über diesen Beschluss“, heißt es dort. Und weiter: „Wir bekamen das Angebot von unserer Trainerin, das letzte Kapitel ihrer Trainergeschichte mitzuschreiben und den Weg gemeinsam zu beschreiten.“
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TSG Bremerhaven darf nun neben Bremen die WM tanzen
Die 16 Aktiven betonten, dass die Entscheidung über den Zeitpunkt des Endes ihrer Laufbahn in Velbert ganz allein bei ihnen lag. Man wollte „die unvergleichliche Bühne der Deutschen Meisterschaft“ nutzen, um letztmals die gemeinsame Leidenschaft auszuleben. Man habe während der Durchgänge „einige Tränen vergossen - aber keine einzige wegen einer Wertung, mit der wir nicht einverstanden gewesen wären.“ Zugleich wünschten die Velberter dem Deutschen Meister GGC Bremen und der TSG Bremerhaven - mit dem Ex-Velberter Marius Morck, dem Astrid Kallrath und ihre Aktiven als erstem die gute Nachricht zukommen ließen - viel Erfolg für die WM im Dezember.
„Wir wollten nun mal einen würdigen gemeinsamen Abschluss finden“, so Tänzer Jan-Constantin Backes. Von Anfang an sei die Formation in das Vorhaben Kallraths eingeweiht gewesen. „Es gab die Option, die WM und die folgende Bundesliga-Saison noch zu tanzen. Doch wir haben uns dann zusammengesetzt und eben diesen Zeitpunkt für die Bekanntgabe des Rückzugs gewählt“, so der 34-Jährige. „So hatten wir noch mal die Chance, bei etwas Besonderem dabei zu sein, was uns allen so viel bedeutet. Und eines ist sicher: Das Ganze fiel uns am Samstag sicher nicht leicht. Das war eine sehr emotionale Geschichte für das Team.“
Astrid Kallrath schrieb lange E-Mail an die Verbandsspitze
Die langjährige Erfolgstrainerin Astrid Kallrath unterstreicht indes nachdrücklich, dass es diesen Rückzug auch mit dem Sieg bei der Deutschen Meisterschaft gegeben hätte. „Das war alles doch völlig unabhängig von irgendwelchen Resultaten.“ Sie war einfach unglaublich enttäuscht nach den Vorkommnissen vor Jahresfrist, als die nationale Verbandsspitze den Velbertern die DM-Ausrichtung mit einem lapidaren Schreiben entzogen hatte.
„Ich habe jetzt auch dem Verbandspräsidium eine lange E-Mail geschrieben und das Ganze noch einmal aufgegriffen. Damals sind nachweislich Lügen verbreitet worden. Das hat mich am meisten geärgert, und das hat mir auch einen Großteil meiner Begeisterung für diesen tollen Sport genommen. So geht man einfach mit Menschen nicht um“, sagt die 53-Jährige verbittert, die jetzt bereits wieder zahlreiche Anfragen vorliegen hat, als Gasttrainerin einzusteigen. Vorerst will sie zunächst einmal Abstand gewinnen - „als Cheftrainerin irgendwo wird man mich sowieso nicht mehr sehen.“ Im Übrigen habe Kallrath bis heute kein Wort der Resonanz auf ihren Entschluss vom Samstagabend seitens des DTV gehört.
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Vorsitzender erinnert an fragwürdige Titelentscheidung 2018
Dass es das 1. TSZ Velbert auch weiterhin geben wird, bestätigte Vorsitzender Dieter Dickel. „Wir haben ja noch eine weitere Formation in der Landesliga, die wir voll unterstützen.“ Er habe von Kallraths Vorhaben frühzeitig erfahren und stehe voll hinter ihrer Entscheidung. „Aber es ist schon so, dass man sich das eine oder andere Mal bei Wettbewerben benachteiligt fühlte“, gibt Dickel offen zu. Der Entzug der Ausrichtung der DM im Vorjahr habe das Fass aus seiner Sicht zum Überlaufen gebracht. „Schon damals bei der DM 2018 in Braunschweig waren 5000 Zuschauer der Meinung, wir hätten den Titel verdient gehabt“, so der Clubchef. Man musste sich überlegen, wie man die Entscheider beim Deutschen Tanzsport-Verband mal wachrüttelt. „Vor unserer Mannschaft habe ich größten Respekt. Ein Jahr lang hat sie Unglaubliches geleistet, um so abtreten zu können.“